Review

"Oh, na toll. Wenn ein Film schon JCVD heißt, wird das ja 'ne ganze schöne Selbstbeweihräucherung sein."

So von einem Freund vor Sichtung des neuesten van Damme Streifens vernommen. Unterstrichen von Kommentaren wie "Der kann doch eh nicht Schauspielern", "Seine Filme mochte ich noch nie" und dem schwer nachvollziehbaren "Na gut, Street Fighter war schon gut". Tja schön diese wohlformulierte Kritik an einem der Transformers-Generation wohl nur noch kaum bekannten Schauspieler mit der finalen, nach Sichtung des Films, vergleichen zu dürfen.

Ich war auf ein Drama vorbereitet. Ja, das sollte man sich im Vorfeld vergegenwärtigen. JCVD hat humoristische Momente, hat auch ein paar Actioneinlagen, doch allem voran handelt es sich um ein Indiedrama. Einen Schauspielerfilm. Ja, ihr habt euch nicht verlesen. Ein Schauspielerfilm - mit Jean Claude van Damme. Und der zeigt auf einmal dass er mehr als nur einen Gesichtsausdruck beherrscht. Wer hätte das von diesem ausgebrannten Wrack der 90er erwartet? Während Seagal, Lundgreen und wie sie alle heißen es nie aus dem Sumpf billiger Actioner geschafft haben, konnte es ausgerechnet der Belgier aus der dritten Reihe der 0815-Baller-Riege schaffen sich mit einem brutalen, selbstzerstörerischen Schlag aus den Fesseln des Genres zu befreien. JCVD breitet vor uns sein Leben aus - wieviel davon Fiktion und wieviel wahr ist wage ich nicht zu mutmaßen, aber vieles klingt zu realistisch, zu direkt um nicht zumindest eben einen Hauch Wahrheit zu enthalten.

Klar ist sich auch van Damme nicht zu schade, sich auch auf ironische Art zu demontieren - doch im Gegenteil zu dem hochgradig komischen und übertriebenen "My name is Bruce", in dem Bruce Campbell sein Tanz-der-Teufel-B-Movie-Image köstlich karikiert, bleibt einem bei JCVD oft das Lachen im Halse stecken. Seine Filme werden beim Sorgerechtsstreit um seine Tochter gegen ihn genutzt, seine Tochter sagt sie liebe ihn, möchte aber nicht mehr dass die Kinder in der Schule über ihren Vater lachen. Sein Manager versetzt ihn. Er verliert seine Rolle an Seagal, der sich dafür von seinem Pferdeschwanz trennen will. Und dann wird er schließlich auch noch bei einem Postüberfall als Sündenbock mißbraucht.

Während man in der ersten Hälfte noch dazu geneigt ist ausgiebig über Klischees, Filmzitate und den guten Jean zu lachen, wandelt sich dies zunehmend in ein Gefühl des Mitleids. Wenn JC vor Gericht seine Filme verteidigt und schließlich gegen Ende in einem grandios inszenierten und gespielten Monolog den wohl grausamsten Seelenstriptease der jüngeren Filmgeschichte vollführt - nun da bleibt einem dann doch ein dicker Kloß im Hals stecken.

Die restlichen Schauspieler können da im Vergleich natürlich nur verlieren (welch ungewohnter Satz in einem Review zu einem van Damme-Film). Auch kann die gekonnte Inszenierung nicht das geringe Budget verschleiern und der eigentliche Plot gibt nicht wirklich viel her, bietet Stereotype und einen voraussehbaren Verlauf. Doch ist das wichtig? Nicht in diesem Fall.

Ob JCVD einen Neubeginn für van Dammes schauspielerische Karriere darstellt? Ich weiß es nicht, wünsche es ihm aber von ganzem Herzen. Er ist für uns, für das Publikum, durch die Hölle gegangen, hat sein wahres Ich gezeigt, jenseits von Vanity-Fair-Promi-Glamour, hat gezeigt wie das Leben eines B-Promis wirklich ist. Und eventuell werde ich bei der nächsten "Ich bin ein Star holt mich hier raus"-Staffel gnädiger auf die, sich ein letztes Mal aufbäumenden, Pappnasen blicken. Denn trotz all des Gekeifes, der Selbstdarstellung sind es - und das hat uns van Damme mit diesem Film gezeigt - immer noch Menschen.

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