Nach zwei kulturell verunsicherten Auftragsarbeiten als Ausführende Assistenz von Wong Jing, dessen Gusto er mit Conman in Tokyo [ 2000 ] und Naked Weapon [ 2002 ] in erwarteten Gefälle und ohne eigene innere Beteiligung bediente, versetzte sich Filmemacher Tony Ching Siu-tung wieder in die bevorzugte Lage des Choreographen; erst nach sechs Jahren Pause betätigte er sich wieder autark in der Entwicklungsrichtung, die er bisher in Hingabe und Selbstverleugnung für andere Regisseure nach deren Anweisung formuliert hat. Ching hatte in der letzten Zeit weitaus genug zu tun, als einer der gewandtesten und folglich gefragtesten Action Directoren der Ära mit althergebrachter Kenntnis von Swordsplay und Wirework inszenierte er mit seinem poetischen / remythisierendem Stilideal in Aneignungsstrategie die pompös majestätischen Schlachtengemälde bei sowohl der expressionistischen historical drama Trilogie von Zhang Yimou [ Hero, House of Flying Daggers, The Curse of the Golden Flower ] als auch Peter Chans The Warlords.
Chan ist als Mitgründer von United Filmmakers Organization auch als Produzent bei dem vor etwas mehr als einem Jahr angekündigten An Empress and The Warriors zuständig, der in taktischer Erwägung genau diesen Wu xia pian Trend verfolgend ausnutzen möchte. Mit an Bord, um das angezogene Budget von 16 Millionen USD und die dreimonatige Drehzeit zu stemmen befinden sich zusätzlich noch Beijing Polybona Film Publishing Co., Ltd. und Big Pictures Ltd. [Der ursprüngliche Arbeits- und konkret übersetzte Originaltitel The Kingdom and The Beauty wurde zwischenzeitlich geändert, um keine Analogie zu Li Han Hsiangs gleichnamiger '59er Huangmei diao Oper von den Shaw Brothers heraufzubeschwören.]
Den Anschein einer epochalen Massentauglichkeit verbreitend wurden gemäß der Publikumsvorstellung entsprechend martialische Aufnahmen mit den obligat herrschaftlichen Armee-Prozessionen in weitflächigen Landschaften sowie den drei Hauptdarstellern in hochgerüsteter Kampfmontur als Marketinganreiz verbreitet; das finale Endprodukt ist allerdings kein subventionierter Heldenmythos, geht auch nicht komplett andere, aber je nach Auffassung abgestufte oder aufgefächerte Wege. Denn zwar gibt es auch hier die lebensmüden Frontalangriffe und die heimtückischen Attentate, werden dekorative Aggressionen, Ränke und Schikane geschmiedet und sich eifrig mit Armbrust, Pfeil und Bogen, Schwert, Speer und Streitwagen duelliert, ist dies aber nur blutig verzierendes Requisit.
Der Film ist nämlich ein [Volks]Märchen in Legendenbildung, mitsamt einer unglücklichen, da dreiteiligen Liebesbeziehung der besonderen Art, deren hier porträtierte Amour fou Behandlung eine wenig glanzvolle Resorption und Rezeption bei Zuschauern und Kritikern und als gefährliche Ernüchterung bedauerlicherweise den ersten herberen finanziellen Misserfolg diesen Jahres zur Folge hatte [Einspiel im Ursprungsland etwa 7 Millionen USD.]:
Es war einmal. Irgendwann vor unserer Zeit.
In dem Land der Zehn Königreiche befinden sich König Yan [ Liu Weihua ] und König Zhao Wu [ Zhang Shan ] sowie seinem Sohn Prince Zhao [ Yan Jie ] miteinander im erbitterten Krieg. Als Yan bei einer Schlacht schwer verwundet wird, ernennt er den aufgenommenen bastard orphan General Muyong Xuehu [ Donnie Yen ] zum Nachfolger und Oberbefehlshaber der Armee, sehr zum Unwillen seines Neffen Lord Hu Ba [ Guo Xiao-Dong ], der sich als rechtmäßiger Thronfolger sieht und den geschwächten Yan bei erster Gelegenheit umbringt. Außerdem legt er bei der offiziellen Verkündung durch Minister Teng Bochang [ Kau Jan-Hoi ] zusammen mit Diao Erbao [ Chen Zhi Hui ] Einspruch gegen die testamentale Entscheidung ein, so dass Yans Tochter Yan Feier [ Kelly Chen ] sich genötigt sieht, trotz noch mangelnder Ausbildung und fehlender Erfahrung die Befehlsgewalt zu übernehmen. Als sie kurz darauf von Assassinen attackiert und durch Giftpfeile eines von Hu beauftragten ancient tribal priest [ Chou Zhong He ] schwer verletzt wird, rettet ihr der einsiedlerische, der ausgestorbenen Kaste der New Moon Warriors angehörende Duan Lanquan [ Leon Lai ] das Leben.
Und wenn sie nicht gestorben sind...
Regisseur Ching zeichnet mithilfe der Philosophie der Ästhetik das rauschhaft entrückte Bild einer nicht nur zeitlich, sondern auch affektiv weit entfernten Welt voll Dramatik, Lyrismus, Romantik der Sehnsüchte und Tragik der Unerfüllbarkeit. Ein abstrakt stilisiertes Ambiente von Isolation und Allverbundenheit, auswärts der Vernunft und auswärts überkommener Moralvorstellungen. Er moduliert in der Theorie der undeutlichen Erkenntnis und der Empfindungen ein durchgängig künstliches Objekt, dessen beiden wichtigsten Standorte zwei sichtlich artifizielle und ebenso vollständig konträre Bühnenplattformen sind; das Verhältnis des Diesseitigen zu dem Jenseitigen. Hier die düstere Halle der Schwerter, in der waffenstarrende Kämpfer einer militärisch und moralisch geschwächten Supermacht ihren Kriegsrat abhalten. Dort die unendlich begrünte Weite des Waldes, ein aufreizender Englischer Landschaftspark, die Illusion eines Reiches allgemeiner Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, in dessen elysischer Mitte als Symbol hoher Formkraft ein riesiges offenes Baumhaus thront.
In einem verwirrenden Perspektivismus deudet das unausgegoren [rühr]selige und so nicht praxisreife Drehbuch von James Yuen, Cheung Tan und Chung Tin Nam in seinen Dialogen sogar eine tiefere Auseinandersetzung mit der Thematik des stetigen Kriegstreibens und seiner ideologischen Deutung als alltägliches, schon selbstverständlich gewordenes Instrument der Problemlösung politischer Kommunikation an. Nur um dann schnell wieder auf eine naiv gutgläubige Form der Sympathielenkung und der Weltenflucht in die träumerische Fabel vom Schlaraffenland zurückzukehren. Der Widerspruch eines irrationalen Gewaltkonzepts, dass den lang ersehnten Frieden erst durch permanenten Waffengang erreichen möchte und einen schon auf dem Schlachtfeld zum Sterben geborenen Soldaten skizziert steht einer eskapistischen, erbarmungslos unkritischen Romantischen Komödie gegenüber, in der wie in der verklärten Puppenspielform mit großen Augen und ebensolchen Gesten die erste Liebe und sein Beflügeln in den – wortwörtlich – Siebenten Himmel zelebriert wird. Eine mit Moral, Pathos und Ethos verkaufte Kriegslüge in gezielter Massenlenkung gegenüber einer keuschen Humanistischen Utopie, in der die Natur-Menschen am Reinsten im Herzen sind, die jenseits der Zivilisation nur für sich Alleine von dem leben, was sie selber mit eigenen Händen erschaffen. Ein entweder licht- oder nebeldurchflutetes Hohes Lied der Wahrheit und der Schönheit, in der man aber mit schlechtem Schauspiel bereits bei der oberflächlichen Empfindung stehenbleibt, ohne sich zu bemühen, den Grund derselben zu entdecken. Mitfühlfernsehen. Mit schon kindlicher Sturrheit, ebenso törichter Treuherzigkeit und damit leider reicher Anlage zur Parodie dargeboten.
Als unfreiwillige Konsequenz des grandiosen Scheiterns von Beliebigkeit statt Präzision funktioniert der seltsam amüsante, kauzig phantastische Film mit verquerem Niedlichkeitsfaktor nunmehr nur im dramatischen Nichtverstehen einer Situation, einer völlig andersartigen emotionalen Reaktion, wie in der Ironie des Schicksals. Als hätte Ching beim Dreh oder in der Nachproduktion beim Schnitt auf bewusster, vorbewusster und unterbewusster Ebene bemerkt, was dem Publikum nicht gefällt, daraus genau seine Regeln für ironische Situationskontraste gemacht und dem Werk einem neuen kreativen Akt unterzogen.
Das ist vergnüglich bis peinlich erheiternd und viel besser als etwaiges durchschnittliches Nichts, aber trotzdem schade für die vertane, hoffentlich nur vertagte Chance, die hervortretende visuelle Komponente und vor allem auch ärgerlich für Donnie Yen, der zwar lange seine optische Individualität bewahren, aber dem seltsamen inhaltlichen Hebel dennoch nicht genug entgegensetzen kann. Dafür sind die durchaus rustikalen Auseinandersetzungen gerade zwischendurch zu wenig, zu nichtig und seine Rolle eh nur das schmückende Beiwerk.