Review

"Time and Tide" von Tsui Hark war der Grabgesang. Das letzte Aufbäumen. Ähnlich wie Nevermind für den Grunge. Auch wenn ich es jahrelang nicht wahr haben wollte, immer wieder den ein oder anderen Film "versucht" habe, aber irgendwann mußte ich es einsehen: Der Hongkong-Film ist tot. Ein kurzer Blick auf die vermeintlichen Blockbuster der letzten Jahre genügt. Sei es der großangekündigte „Wu-Ji“, der vermeintlich tabubrechende „Dog Bite Dog“ oder der optisch feine, aber gleichzeitig doch unbefriedigende „Re-cycle“ (nur um die zu nennen, die auch eine nennenswerte Deutschlandpremiere feierten). Alle diese Filme beweisen lediglich die Hilflosigkeit der HK-Filmindustrie. Dicker werdende Budgets die verbraten werden wollen (siehe „Warlords“), massive Hollywoodeinflüsse, unverhältnismäßig gehypte Regisseure und Japan als mittlerweile übermächtige Trendwerkstadt......Identitätskrise pur und „An Empress and the Warriors" ändert leider auch eher wenig an dieser Situation.

Grundsätzlich sei eine Sache vorrausgeschickt: Der Film ist nicht unbedingt das, was einem Trailer, Wallpaper und sonstiges Webematerial suggerieren wollen. Er ist weder ein Ernst zu nehmendes Schlachtengemälde, noch in irgendeiner Weise ein epischer Historienfilm. (bei gerade mal 95 min. Laufzeit wäre das ohnehin ein Kunststück). Im Prinzip kann man das Werk auf eine kleine, nette Liebesgeschichte im antiken China, unterbrochen von einigen wenigen, wirklich ansehnlichen Actioneinlagen und umrahmt von ein bis zwei mittelgroßen Scharmützeln runter reduzieren und würde mit dieser Aussage nur relativ wenig existentiell Wichtiges vernachlässigen. Außer vielleicht den absolut blödsinnigen Schlußkampf. Diese Reduktion ist aber beileibe kein Nachteil...im Gegenteil: Die kleineren Actioneinlagen sind brilliant, die wenigen Schlachtszenen die man kredenzt bekommt sind hingegen oberflächlich in ihrer Aussage und holprig bis schludrig in ihrer Ausführung, untermalt von heroischer Dudelmusik und unterbrochen von prätentiösen "ich muß mich mal schnell Fremdschämen" Dialogen. Die marschierenden Soldaten erinnern ein kleines bißchen zu sehr an kämpfende Uruk-Hai (wie generell alles an "Herr der Ringe" erinnert), der CGI-Regen ist augenschmerzend und der permanente Zeitlupeneinsatz ist ab der ersten Sekunde sehr, sehr ermüdend. Wenigstens sterben (hongkongtypisch) die lieben Pferdchen äußerst spektakulär….beängstigend spektakulär. Daß der Film ganz nebenbei auch vergißt zu erwähnen wann, warum und wo genau er eigentlich spielt dürfte speziell beim westlichen Konsumenten das Interesse auf unteres Mittelmaß drücken. Aber kurz umrissen spielt die Geschichte wohl im ausgehenden Mittelalter, wo eine "Empress“ nach dem Tod ihres Vaters die Königswürde erlangt, mit ihrem treuen, verbündeten "Warrior“ gegen einen abtrünnigen Fürsten antritt, dabei versprengt und vom nächsten "Warrior“ im romantischen Märchenwald aufgesammelt wird, um schließlich vor der großen Entscheidung zu stehen: Für das Reich und das Volk oder für die Liebe?

Zwiespältiges erwartet einen auch bei der Besetzung. Donny Yen ist spätestens seit diesem Film das asiatische Pendon zu Ben Affleck: notorisch fehlbesetzt. Kelly Chen darf die Standartschönheit spielen, wobei sie, im Vergleich zu den undefinierbaren Hollywoodblondinen, wenigstens etwas Ausstrahlung hat. Wobei etwas mehr als NULL eben doch immer noch ziemlich wenig ist und Leon Lai…naja…der spielt halt Leon Lai…farbloser Pseudogutmensch mit (zugegeben) relativ undankbarer Rolle. Sein Charakter soll eigentlich einer unfassbar geilen, mythischen Superfighter-Sippe angehören, doch leider zeigt er relativ wenig davon, da er einerseits, kriegsmüde wie er ist, den Weg des Friedens und der Verbundenheit mit der Natur eingeschlagen hat, andererseits vom Drehbuchautor anscheinend irgendwann vergessen wurde.

Eine Reduktion zum Schluß: "An Empress and the Warriors“ ist ein Film mit chaotischem und verwirrendem Anfang, nach(!!!) Einsetzen der Liebesgeschichte ein durchaus schön designtes und mitreißendes Mittelalter-Fantasy Filmchen, daß in einen dämlichen, abrupten und unbefriedigenden Schluß mündet. Ich unterstelle mal Geld und/oder Zeitprobleme. Andererseits gibt es immer noch die Möglichkeit, das in Asien mal wieder ein 30 Min. längeres Werk existiert, von dem ich nichts weiß, bzw. eigentlich auch keine Lust verspüre es zu suchen. In dieser Fassung ist der Film hübsch, aber eben auch belanglos und uninspiriert.

Mal schauen, was die in ähnlichen Settings spielenden "Three Kingdoms“ und John Woo’s "Red Cliff" so zu bieten haben…

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