Wann ist ein Film wirklich schlecht? Wenn ich das Gefühl habe meine Zeit zu vergeuden. Wenn ich mich langweile. Wenn ich mich frage, warum ich mir diesen Typ da angucken muss, wie er im Lokal rumhängt, was trinkt, ein Lied mitsingt, mit sich selbst spricht, dann die Straße entlang geht oder im Auto fährt. Wenn ein Ridley Scott das macht, dann ist das grafisch ansehnlich und spannend, weil man weiß, gleich passiert wieder was. Wenn ein Roland Emmerich das macht, dann hat man das Gefühl, direkt dabei zu sein, mittendrin, ein Teil eines gewaltigen Kunstwerks zu sein.
Wenn ein Wim Wenders das macht, dann weiß man, dass man am Ende des Films so schlau ist wie vorher, sich fragt, warum diese Szenen je geschrieben oder gar gedreht wurden. Belanglosigkeiten ohne Ziel, Philosophieren auf einer Meta-Meta-Ebene. Mit Ausnahme von Himmel über Berlin. Der war richtig geil. Oder Paris, Texas - boah, ist das lange her! Was war ich damals verknallt in Nastassja Kinski! Und was habe ich geflennt am Ende! Und was ist mit Wim Wenders heute?
Nach ein paar verschwurbelten Worten wieder: ein Schiff fährt auf einem Fluss vorbei, ein Mann püschert hinter einem Baum, ein Kameraschwenk über einen Friedhof. Da soll wohl das Leben gezeigt werden, und wie die Zeit vergeht, und das alles endlich ist, aber was ist daran neu? Es kommen keine Gefühle auf, es ist kein Kunstwerk, dass uns staunen lässt, es entsteht keine Klarheit oder Erkenntnis.
Aber filmtechnisch, da kann man doch sicher noch was lernen? Neue Ideen, Gestaltung, Blickwinkel, Traumszenen, Schnitte? Nee, nix. Wackelige Handkamera, Bilder von Palermo nicht besser als eine Sammlung von Urlaubs-Schnappschüssen. Campino wirkt wie ein Fremdkörper, die Sätze gesprochen wie vorgelesen, sowohl in der "Internationalen" Version, als auch in der von ihm selbst synchronisierten Fassung. Bedeutungslose Sätze, Leere, Abstraktion, Selbstbespiegelung. Wenn es das ist, was Wenders ausdrücken wollte, er hat es voll getroffen.
Über die Themen Fotografie und Tod läßt sich bestimmt einiges sagen, nur ein Film ist entweder nicht das Medium dafür oder Wim Wenders kann es nicht auf den Punkt bringen. Liebend gerne würde ich mit einem Urgestein wie Dennis Hopper über seine Erfahrungen sprechen. Auch mit Campino oder meinetwegen Wenders, aber Leute, dieser Film hat keine Aussage! Fellini war zwar depressiv wie Ingmar Bergman, hatte aber nicht nur eine philosophische, sondern vor allem eine politische und aufklärerische Sicht auf solche Themen. Visconti blieb eh immer mit beiden Beinen auf dem Boden der Tatsachen, wenn er über den Tod erzählte. Auch der von Wenders angehimmelte Antonioni deckt schonungslos die Wahrheit über unser erbärmliches und meist endliches Leben auf. Von alledem ist Wim Wenders weiter entfernt als vor 30 Jahren.