Meine Güte, welch Irrsinn! Die Katze in Fulcis Hirn hat mich neugierig gemacht, wie sich denn zumindest einer der geplünderten Filme in Gänze schaut, jene ausgeschlachteten Werke, bei denen mein Daumen die fast forward - Taste zum Glühen brachte. Zugegeben: ich hatte weit mehr Spaß an dieser späten Direct to Video - Produktion des einstigen Genregottes, der hier langsam am eigenen Thron wackelt, als ich erhoffte. Aber bei allem schwarzen Humor, bei allen interessanten Ideen bleibt auch bei diesem Film der fade Nachgeschmack. Man merkt doch, dass der absteigende Ast, auf dem der Maestro Ende der 80er saß, reichlich morsch wurde. Das hier ist eher Videothekenware im schlechteren Sinne, wenn auch unterhaltsam.
Lester Parson (von Brett Halsey gespielt und vom eigenen Synchronsprecher zu Filmbeginn in "Person" umgetauft) ist ein älterer Herr, der mit seiner Katze und einer fröhlichen Horde Schweine in einem schmucken Häuschen nahe der Pferderennbahn lebt, auf der er sein Hab und Gut zu verspielen pflegt. Um die aus seiner Spielsucht resultierenden Schulden begleichen zu können hat der schizophrene Gelegenheitskannibale sich ein besonderes Finanzierungsmodell ausgedacht: wusste der österreischische Kabarettist und Liedermacher Georg Kreißler in einem seiner Lieder zu berichten, dass schöne Frauen (bzw. deren Beseitigung) sehr viel Geld kosten hat Fulci für sich die Formel umgekehrt und mit den inszenierten Toden hübscher Damen jede Menge Kohle gemacht. Lester wählt hier den direkteren Ansatz, die reichen Damen, die er sich anlacht, erst auszunehmen und dann fachgerecht zu beseitigen. Meist enden die auserwählten Damen im Schweinetrog oder dem Napf seines Hauskaters.
Aber in letzter Zeit wird der Hobbypsychopath und Pferdeenthusiast etwas schludriger, was die Spurenbeseitigung angeht, sodass Medien und Polizei im mer mal wieder auf ihn aufmerksam werden und Lester dazu zwingen, sich etwas tiefer zu ducken und sein Äußeres zu verändern. Zu allem Überfluss lässt ihn seine gespaltene Persönlichkeit, mit der er in bester Trick or treat - Manier per Tonband kommuniziert, öfters mal im Stich und als krönender Abschluss findet er seine Meisterin in der von Zora Kerova gespielten Virginia Field, die seinem Treiben ein Ende macht.
Wie ich bereits bei der Hirnkatze sagte: Uff! Der Film schaut sich hervorragend an einem Stück weg, bietet makabere Lacher en masse und diesmal bewusst ins Skript geschrieben und dennoch habe ich mit dem gallopierenden Wahnsinn des Lester Parson so meine Problemchen. Vom Kinoregisseur Fulci ist hier nichts mehr übrig, der Maestro filmt mit der technischen Belanglosigkeit einer um Splattereffekte bereicherten Seifenoper. Schade!
Die oben erwähnten Lacher sind oftmals fragwürdig, weil sie häufig auf körperliche Eigenheiten der von Lester eroberten Damen einzahlen: bärtige Damen, eine sadomasochistische Opernsängerin, die selbst im Schlaf und beim Liebesspiel alles mit ihrem Sopran niederschreit, Zora Kerova mit offenkundig überschminkter Herpeslippe... Muss man mehr dazu sagen? Als quasi letzte Demütigung vor dem jeweiligen Ableben darf Lester seine Mädels in selbstgedrehten kleinen Softpornos nochmal für die heimische Videosammlung verewigen, was zu kuriosen Momenten führt. Der Hauptgrund für Fulci - Fans, diesen FIlm zu schauenj - die gezeigte Gewalt - ist ebenso absurd wie ihre Opfer: die bärtige Dame kann einem Giftanschlag des sichtlich genervten Lester durch versehentliches Vertauschen der Gläser entgehen und beim zweiten Versuch besagtes Gift noch rechtzeitig ins Waschbecken erbrechen, bevor ihr neuer Schwarm sie mit einem Holzknüppel mürbe prügelt und sie dann in "absurder" Weise den Backofentod aus dem gleichnamigen Joe D'amato - Schocker sterben darf, während die offscreen verstorbene Frau, die zu Filmbeginn in Lesters Keller weilt, von diesem verwurstet wird. Ein Zeuge in Gestalt eines Obdachlosen, der aussieht, als wäre er der letzte heimkehrende Gast auf einer tagelang andauernden Reunion-Party der Manson Family, gerät dank Lesters Zutun endgültig unter die Räder dessen Autos, was der arme Kerl schwer verletzt überlebt. WIe gesagt, unser Protagonist wird langsam etwas schluderig in der Leichenbeseitigung.
Und so kommt die Polizei seiner Identifizierung schrittweise näher, was darin gipfelt, dass sich brett Halsey zweier Typveränderungen unterziehen muss, um nicht gefasst zu werden, wobei die erste ihm durchaus steht, die zweite ihn aber wieder zum Schmierlappen par excellence werden lässt. Zudem scheiternm zwei Leichenbeseitigungen an pythonesk wirkenden Problemen: einmal, weil die Beine des Opfers in ihrer eintretenden Leichenstarre nicht daran denken, im Kofferraum zu bleiben, ein weiteres Mal, als ein Frauenkörper sich mangels Körperspannung weigert, gerade im Beifahrersitz zu verweilen.
Zugegeben, den letzten zwanzig Minuten des Filmes habe ich wenig Aufmerksamkeit geschenkt, aber bis zu Lesters Nervenzusammenbruch in der Filmmitte habe ich mich verblüffend gut unterhalten gefühlt. Kleine Randnotiz: in genau dieser Szene, die wie der Filmbeginn von der aus dem Radio plärrenden Berichterstattung über ein Pferderennen begleitet wird, hat sich die deutsche Synchronisation scheinbar einige Scherze erlaubt, da einer der Jockeys den Namen des Popmusikers Rod Stewart trägt, ein weiterer den des Schauspielers Vittorio Alfieri, dessen verstellte Stimme durchaus Ähnlichkeit zu der des Sprechers hat. EIn bewusster Gag? Im O - Ton hörte ich den Namen zumindest nicht, aber ich fand auch nichts über die Synchronarbeiten zum FIlm.
Dass ich das mal erlebe, dass ein Fulci - Horrorfilm beabsichtigt humorvoll präsentiert wird und dies auch noch halbwegs funktioniert hätte ich nie gedacht! Ob der eher schlicht - öden Präsentation würde ich allerdings nicht zum Kauf raten, zumindest nicht zum Neukauf. Für einen Griff in die Grabbelkiste ist der Film aber durchaus genießbar.