Eine merkwürdige Karriere hat Regisseur Lucio Fulci absolviert, von reinen Komödien, über Western, bis hin zu den Streifen, die ihm Kultstatus einbrachten, vom Zombie am Glockenseil, „Geisterstadt der Zombies“ und „Haus an der Friedhofsmauer“.
Danach ging es mit seinen Streifen größtenteils bergab, wobei dieser noch mit einer eher ungewöhnlichen Mischung auffällt. Weniger inhaltlich, aber aufgrund des Genremixes, der von Komödie über Krimi zu Mystery reicht.
Formal ist dies ein Film über den Serienkiller Lester Parson, einen Mann mittleren Alters, der sich per Kontaktanzeigen mit reichen Witwen in Verbindung setzt und diese killt, beraubt, aber auch teilweise verspeist.
Nach jedem Mord rückt ihm die Polizei ein Stückchen näher und seine Fehler am Tatort häufen sich…
Der Einstieg gestaltet sich bereits ein wenig dröge, da der Killer mit der Brille und dem Vollbart und Hang zu Pferderennen nur dadurch auffällt, dass er mit seiner aufgenommenen Tonbandstimme Zwiegespräche führt. Der Mann wirkt ansonsten zu unspektakulär, lediglich seine partielle Tollpatschigkeit kann Interesse auf sich ziehen.
Als das Geschehen jedoch zu den diversen Tathergängen übergeht, kann ein leichtes Schmunzeln aufgrund bitterbösen Humors nicht länger verkniffen werden.
Fulcis Frauenfeindlichkeit kommt in jedem Winkel durch, vor allem, wenn man sich die potentiellen Opfer ansieht, bei denen der Killer mit der eigenen Hemmschwelle zu ringen hat.
Da hat eine einen Flaum von Koteletten an der Wange, eine andere trällert ununterbrochen Arien und setzt dies trotz diverser Ohrfeigen fort und eine andere hat so etwas wie einen Pilz über der Oberlippe, was natürlich ebenfalls ein komplettes Erscheinungsbild kippen lässt.
Entsprechend rüde geht Lester mit seinen Opfern zu Werke, zerteilt sie mit der Motorsäge, schlägt, bis sich Haut vom Wangenknochen löst und wenn die Leiche einfach nicht in den Kofferraum passt, werden kurzerhand die Füße abgetrennt.
„Immer Ärger mit Harry“ lässt diverse Male grüßen, spätestens, als Lester von der Polizei angehalten wird und die Leiche neben ihm ständig einzusacken droht.
Darüber hinaus fehlt dem Treiben auf Dauer der Biss, zumal es fast komplett an stimmungsvollen Szenen mangelt, auch wenn die Kamera einmal mehr die typischen Zooms und Schwenks bereithält. Zu viele Nebenhandlungsstränge wie ein Pokerspiel mit dem Wettveranstalter oder die Sache mit seinem zweiten Ich lassen die Sache oft auf der Stelle treten und verdrängen jegliche Form von Mitfiebern.
Hinzu gesellen sich irrationale Verhaltensweisen des Killers, der in vielen Situationen einen geradezu grotesken Weg wählt, um vor der Polizei unerkannt zu bleiben und die Spuren zu verwischen (Stichwort: Betonbaugrube).
Erschwerend kommt hinzu, dass die Dramaturgie auf halber Strecke liegen bleibt. Man weiß schlicht, dass Lester irgendwann einen entscheidenden Fehler begehen wird oder zu viele Fakten zusammen kommen werden, die ihm am Ende zur Strecke bringen müssten.
So kommt auch während des letzten Drittels nur leidlich Spannung auf, der Humor weicht ein wenig einer finalen Konfrontation, doch der erhoffte Plot Twist in Bezug auf diverse Zwiegespräche mit ihm selbst bleibt aus.
„When Alice Broke the Mirror“ ist nicht gänzlich langweilig, bietet jedoch zu geringe Anreize, um ihn artverwandten Ergüssen vorzuziehen.
Manchmal durchaus witzig, zuweilen auch mit derben Gewaltszenen ausgestattet, verbringt man die überwiegende Zeit mit einem Killer, der am Ende genauso durchschnittlich und unspektakulär ist, wie das Gesamtergebnis selbst.
Wohl eher etwas für Fulci-Komplettisten.
Knapp
5 von 10