Review

Zeuge: "Mister, some men beat up your friends and took them away in a truck!"
Polizist: "What? What did they look like?"
Zeuge: "They were strange, their hair was dyed funny colors. They took off in a truck and on motorcycles."
Polizist: "It was those gangsters, those goddamned punks!"


Ja, "those goddamned punks" (die Worte des angepißten Polizisten, nicht meine) terrorisieren schon seit geraumer Zeit die hiesige Umgebung irgendwo in Mexiko. "Sex, drugs & violence, that's their religion", heißt es an einer Stelle, und diese (Un)Tugenden werden bis zum Exzeß ausgelebt. Passenderweise plärrt der Sänger der Punkband Three Souls in My Mind im inflationär eingesetzten Titelsong gefühlte Dutzende Male was von "Sexo, drogas, violencia, & lots of rock 'n' roll" und gibt damit die Richtung bzw. das Motto dieses sagenhaft schlockigen Krachers vor. Gleich zu Beginn - nach den Credits, die man stilgerecht an eine Mauer gesprüht hat! - beobachten wir vier Nonnen, welche mitten am Tag eine Bank betreten. Kaum am Schalter angelangt, zücken sie auch schon ihre Pumpguns und bitten höflich um Kohle. Ihrer Forderung verleihen sie Nachdruck, indem sie den Wächter mal eben wegpusten. Nein, echte Nonnen sind das natürlich nicht, sondern Mitglieder einer zu allem entschlossenen Punkgang, angeführt von der blonden Fiera (Princesa Lea). Ihre geile Haarmähne, die knappen Klamotten, die mit langen, blutrot lackierten Nägeln bestückten Finger und die üppigen Kurven lassen ihre maskulinen Gesichtszüge fast vergessen. Eine Superbitch, keine Frage. Dieses Weib nimmt sich, was es will, wann es will.

Mit Untaten wie dem Banküberfall (für die erbeuteten Pesos wird zum Beispiel das Waffenarsenal aufgestockt) bereitet die wilde Gang ihren großen Coup vor. Tarzán (El Fantasma), der inhaftierte Anführer der ruchlosen Bande, soll aus dem Knast befreit werden. Während die Gefängnisbetreiber flotte Sexpartys feiern, sitzen deren Frauen zu Hause zusammen und labern sich die Ohren voll. Nicht lange, denn Fiera und ihre Anhänger crashen das nette Kaffeekränzchen. Mit den Damen in ihrer Gewalt befiehlt Fiera den Betreibern via Telefon, Tarzán und dessen Kumpels gefälligst freizulassen. Dummerweise fassen die Typen den Anruf als Scherz auf, was ihre Frauen sofort ausbaden dürfen. Die Punker haben ihre Bedürfnisse eh schon viel zu lange unterdrückt, also wird vergewaltigt, was das Zeug hält. Und zum Beweis, daß man es ernst meint, hackt man einer Dame die Pfote ab und schickt sie den Aufsehern ins Büro, was deren ausgelassene Stimmung in Nullkommanichts dämpft. Somit feiern Tarzán und Fiera ein fröhliches Wiedersehen und rattern mit ihrer Gang plündernd, vergewaltigend und mordend durchs Land. Die Polizisten Marco und Javier, zwei schmierlappige, schnauzbärtige Dumpfbacken, sollen dem bunten Treiben Einhalt gebieten.

Marco, messerscharf analysierend: "Extremely dangerous women."
Javier, schmierig lachend: "But hot!"


Hohoho, was für ein irrwitziges Spektakel! Die Mexikaner scheinen zu wissen, wie man Punksploitation so aufbereitet, daß garantiert kein Auge trocken bleibt. Alleine das Styling der Punks und deren verschiedene Outfits sind extravagante Leckerbissen, an denen man sich nicht sattsehen kann. Saugeile Frisuren in allen Farben, knappe, mit unzähligen Nieten besetzte Lederklamotten, wohin man auch blickt. Nimmt man noch die so coolen wie schrägen Gefährte und das menschenverachtende Durch-die-Gegend-marodieren-ohne-Rücksicht-auf-Verluste dazu, und schon wähnt man sich beinahe in einem exquisiten Italo-Endzeit-Trash-Kracher à la I nuovi barbari (Metropolis 2000, 1983). George Millers Mad Max (1979) ist ebenfalls nur eine Steinwurfweite entfernt. Dieser mordlüsternen und gewaltgeilen Gang dabei zuzusehen, wie sie tut, was sie tut (also tanzen, feiern, wichsen, vögeln, morden, foltern, vergewaltigen und auf ihren heißen Öfen durch die Gegend brettern), ist für Freunde exotischer Exploitationstreifen in etwa so, als würden Ostern und Weihnachten zusammen auf einen Faschingsdienstag fallen. Das ist wie eine trashig-skurrile Zirkusvorstellung, die alle Register des Schmuddelkrams zieht, ohne sich im Mindesten dafür zu schämen.

Obwohl nicht besonders blutig weiß Intrépidos punks mit einigen herben Gewaltspitzen zu begeistern. Ja, ich schreibe bewußt begeistern, denn da man diesen abgefahrenen Irrsinn keine Sekunde lang ernst nehmen kann, darf man sich am Gebotenen gerne ergötzen, ohne sich dabei schuldig fühlen zu müssen. Hervorzuheben wäre diesbezüglich ein Unglücklicher, der mit Benzin übergossen und in Brand gesetzt wird (netter Feuerstunt!), aber auch einen Typen, der von einer Planierraupe überrollt wird, sieht man nicht alle Tage. Überhaupt ist jeder Vorwand recht und billig, um nackte und/oder gewaltstrotzende Tatsachen zu präsentieren. Überbewertete Dinge wie Sinn, Verstand oder (Realitäts-)Anspruch sucht man vergebens; hier feiert die Anarchie fröhlichen Urstand, und man muß sich regelrecht zusammenreißen, um nicht in das Gejohle und Gegröle der Punks einzustimmen. Hätte dieses mörderisch-unterhaltsame, debil-krude Schmierentheaterfeuerwerk einen besseren Vertrieb gehabt, würde man es heutzutage wohl als Kult abfeiern. So aber fristet Intrépidos punks sein Dasein in einer der abgelegensten Obskuritäten-Müllhalden der Filmgeschichte und offenbart seinen schillernden Charme nur denjenigen Wagemutigen, die sich trauen, tief genug zu wühlen. Mit La venganza de los punks kredenzte man uns 1987 sogar ein Sequel. Aber das ist eine andere Geschichte, und die soll ein andermal erzählt werden.

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