Dieser Film ebnete Takashi Miike wohl endgültig den Weg in internationale Bekanntheitsgrade und erfuhr oft große Empörung in Bezug auf die von ihm dargestellte Gewalt. Wie üblich bei Miikes Werken wurden das lobenswerteste gänzlich übersehen, zum Beispiel der absurde Humor, die wundervolle, entfesselte Kameraarbeit, ganz vorzüglich agierende Schauspieler, oder die augenzwinkernde Umsetzung der zugegebenermaßen platten Story.
Basierend auf einem Manga von Kitanos und Miikes Stammkameramann Hideo Yamamoto (veredelt auch in "Ichi“ stilistisch eindrucksvoll die Inszenierung.) eröffnet sich dem Zuschauer eine knallbunte Welt voller Sadismus, Masochismus und seltsam drastischem, manchmal albernem Witz.
Der Titelgebende Ichi (Nao Osami) ist in ein verhaltensgestörter junger Mann, der sich weigert, Menschen zu töten. Sein Auftraggeber und Vaterersatz Jijii (Regisseur Shinya Tsukamoto bzw. der Mann, den wir lieben, weil er uns "Tetsuo“ und "Tokyo Fist“ bescherte) stellt Ichi allerdings unter Hypnose und redet ihm ein, er sei als Schüler Zeuge einer Vergewaltigung gewesen und von seinen einstigen Mitschülern böse malträtiert worden. Um Ichi zum rasenden Psychoschlächter werden zu lassen, genügt es, zu Erwähnen, seine Mordopfer in Spe hätten Ähnlichkeit zu den Peinigern aus seiner Vergangenheit. Grund für Jijiis unmenschliches Verhalten ist ein einige Zeit zurückliegender Ausschluss aus der Anjo-Gang, an welcher er sich mithilfe des willenlosen Ichi nun Mitglied für Mitglied rächen will.
Besagte Mitglieder haben zur Zeit andere Probleme, denn ihr Boss ist ohne jede Spur verschwunden – für den masochistischen Sadisten Kakihara (Großartig und wie immer supersympathisch: Tadanobu Asano) eine gute Gelegenheit, die Führung der Gang zu übernehmen. Mit mehreren Gefolgsleuten (u. a. Regisseur Sabu), macht er sich auf die Suche nach Anjo, was sich mit der Zeit jedoch nur als Vorwand für die Folterung sämtlicher potentieller Feinde (u. a. Susumu Terajima) herausstellt.
Als nach und nach mehr Leute dem Superhelden-Kostüm tragenden und mit Rasierklingen-Schuhen bestückten Ichi zum Opfer fallen (Ichi kann aufgrund des Schulzeit-Traumas nur durch das Erleben, oder Verüben extremer Gewalttaten sexuelle Befriedigung erlangen, weshalb seine Affären doch meist sehr schnell mit der verstümmelten Leiche der jeweiligen Partnerin ihr Ende finden...), beginnt Kakihara, sich für den "100 % pure Sadist“ zu interessieren, vermag doch nur Ichi, Kakiharas abscheuliche Fantasien zu erfüllen. In einem blutrünstigen Finale kommt es zum erlösendem Stelldichein der Psychopathen.
Zwischen die eben geschilderten, selten dämlichen Handlungsabläufe, schieben sich mit penetranter Häufigkeit surrealistisch-ekelhafte und sexistische Momente – stets mit schwarzem Humor serviert. Diese Szenen dienen oft nur dem Selbstzweck und selten einem Voranschreiten der Handlung. Schöne, beruhigende Augenblicke, wie man sie in anderen Filmen Miikes durchaus finden kann, sind hier äußerst selten und wenn es doch einmal dazu kommt, dann werden sie durch irgendeinen fiesen Einfall wieder zerschmettert.
Sicherlich ist "Ichi“ kein Meisterwerk wie "Audition“, aber er ist auch nicht so schlecht wie des Öfteren behauptet wird. Ein visuelles Erlebnis mit unterhaltsamen, wenn auch geschmacksabhängigen Momenten bietet er allemal – auch wenn stellenweise so etwas Miike-untypisches wie Langweile aufkommt.