Claudio Fragasso dürfte den meisten vor allem unter seinem Pseudonym Clyde Anderson bekannt sein, hinter dem er sich beispielsweise versteckte, als er den schlicht unfassbaren TROLL 2 drehte, bei dem völliges Unvermögen seitens der Filmemacher und die höchste erreichbare Stufe der Unterhaltsamkeit ein hirnerweichendes Bündnis eingehen. Bevor er wie viele seiner Kollegen im Zuge des allmählichen Verfalls des italienischen Horrorkinos in den späten 80ern damit begann, seine Filme in den USA zu drehen, verdingte er sich jahrelang als rechte Hand und Co-Regisseur von Bruno Mattei. Wenn man bei jemandem wie Mattei in die Lehre geht, können natürlich nur Filme wie TROLL 2 oder beispielsweise AFTER DEATH entstehen - oder eben NON APRITE QUELLA PORTA 3, bei dem der Schwachsinn bereits beim Titel beginnt. Unter NON APRITE QUELLA PORTA wurde nämlich seinerseits TEXAS CHAINSAW MASSACRE in Italien veröffentlicht, und es ist eigentlich überflüssig zu erwähnen, dass der vorliegende Film mit diesem nicht das Geringste zu tun hat. Blödsinniger Etikettenschwindel ist jedoch noch das Harmloseste, was man dem Film vorwerfen muss.
Zur Story: In irgendeinem amerikanischen Bundesstaat treibt ein Serienmörder sein Unwesen, der es ausschließlich auf Frauen abgesehen hat, die er sowohl vergewaltigt als auch bestialisch ermordet. Dieser Night Killer (so der nichtssagende Alternativtitel des Films) versteckt sein Gesicht hinter einer Monstermaske, die entfernte Ähnlichkeit mit dem Antlitz Freddy Krugers aufweist, sowie seine rechte Hand unter einer Klaue (auch hier eine mehr als offensichtliche Referenz an NIGHTMARE ON ELM STREET). Nachdem der Unhold bereits mehrere junge Frauen auf dem Gewissen hat, vergeht er sich an einer gewissen Melanie Beck, der Hauptperson des Films, die als einziges seiner Opfer den Übergriff überlebt, und danach schwer traumatisiert an Gedächtnisverlust leidet, sich nicht mal an ihren eigenen Namen erinnern kann, weder ihre kleine Tochter noch ihre Freunde erkennt. Als sie sich das Leben nehmen will, trifft sie einen Mann namens Axel, der sie davon abhält und in seine Wohnung bringt, wo sich eine grenzüberschreitende sadomasochistische Beziehung zwischen beiden entwickelt, in der Melanie der deutlich schwächere Part zukommt. Zunehmend verliert sie den Bezug zur Realität, wird von Axel erniedrigt und gedemütigt. Die Polizei, die nach Melanie fahndet, vermutet, dass sie sich in der Gewalt des Killers befindet, der sein Werk an ihr vollenden möchte, und eine atemberaubende Hetzjagd beginnt…
Oder sollte zumindest entstehen, wenn der Film irgendwelche Eigenschaften hätte, die normalerweise einen Thriller auszeichnen. In der vorliegenden Form ist das Ganze eine außerordentlich konfuse Angelegenheit, bei der ein roter Faden nicht zu erkennen ist, eine scheinbar wahllose Aneinanderreihung von Szenen, von denen die wenigsten Sinn für mich ergaben. Während der Beginn noch relativ flott und zusammenhängend inszeniert wurde (zunächst ermordet der Night Killer zwei Frauen, dann terrorisiert er in einer langen Szene Melanie Beck), zerfasert der Film spätestens ab dem Moment, wo Melanie das Krankenhaus verlässt. Einerseits versucht man, das Verhältnis von ihr zu Axel in Form eines schockierenden Psychodramas zu erzählen, andererseits werden immer wieder Szenen eingestreut, die die Zuschauer an den irren Mörder mit seiner Gummimaske erinnern sollen, und ihn lediglich dabei zeigen wie er Prostituierte aufgabelt, um sie bei sich zu Hause abzuschlachten, oder unter anderem eine Frau in einem Meeresforschungsmuseum (warum auch immer) überfällt. Erst am Ende laufen beide Handlungen wieder zueinander, wenn Melanie dem Killer ein zweites Mal begegnet, und alles in einer der unglaublichsten Auflösungen der Identität des Mörders und der Bedeutung der gesamten Handlung gipfelt, die ich jemals hören durfte. Wer schon bei einem herkömmlichen Giallo-Finale nur den Kopf über so viel Unlogik schütteln kann, der sollte sich NON APRITE QUELLA PORTA 3 nicht bis zum Ende (oder am besten gar nicht) anschauen: die „Erklärung“, die hier abgegeben wird, ist fernab von allem, was man sich vorstellen kann.
Das meiste, was zuvor passiert, übrigens auch. Im Grunde liefert der Film genau das, was man von einem italienischen B- oder eher C-Movie erwartet, irgendwie schafft er es aber nur selten, seine Schlechtheit in wirklich unterhaltsame unfreiwillige Komik zu verwandeln: zum Großteil langweilt und verärgert er. Störend empfand ich vor allem die billige TV-Optik, die den Film einfach nicht besonders ansprechend aussehen lässt. NON APRITE QUELLA PORTA 3 ist ein leerer Film, in dem nicht viel fürs Auge geboten wird. Oft saugt die Kamera sich bei Dialogen einfach in den Gesichtern der sprechenden Personen fest, um sie eintönig mehrere Minuten beim Reden zu filmen. Die Schauspieler sind allesamt ziemlich unbeholfen und die inflationär eingesetzte Musik hätte ich eher in einem 80er Tanzfilm oder einem Mafiafilm erwartet. Auch die Splattereffekte sind von der eher sparsamen Sorte.
Was den Film wenigstens ein bisschen rettet, sind die Schwachsinnigkeiten, die teilweise surreale Züge annehmen. Einen Höhepunkt stellt die erste Begegnung zwischen Melanie und Axel dar. Diese fährt, nachdem sie sich selbst aus dem Krankenhaus entließ, durch die Gegend, als Axel sie aus seinem Auto heraus mit obszönen Sprüchen attackiert. Schließlich folgt er ihr bis zu einem Hotel, wo er die Damentoilette nach ihr absucht. Melanie jedoch überrascht ihn mit einer Pistole und zwingt ihn, sich bis auf die Unterhose auszuziehen und, als Strafe für sein Verhalten, das Klo hinabzuspülen. Danach fährt sie weiter zu einem Strand, wo sie sich mehrere Hände voll Schlaftabletten einwirft, um ihrem Leben ein Ende zu setzen. Der wutentbrannte Axel spürt sie auch dort auf, fällt über sie her und lässt sie so viel Meereswasser trinken bis sie sich erbricht und alle Tabletten wieder ausspeit. Ich frage mich ehrlich, wer sich so etwas ausdenkt.
Ein Ausbund der Lächerlichkeit ist der Killer selbst mit seiner gräulichen Maske und der Krallenhand, bei der deutlich zu erkennen ist, dass die Klauen aus Gummi bestehen und hin und her wippen, wenn er sie schwingt. Auch der Umstand, dass andauernd davon geredet wird, dass der Killer seine Opfer vergewaltige bevor er sie umbringe, in den Mordszenen, die der Film zeigt, jedoch alles, was er mit ihnen anstellt, darin besteht, ihnen mit bloßer Hand (!) die Herzen aus den Brustkörben zu reißen, spricht nicht unbedingt dafür, dass man sich beim Erstellen des Drehbuchs besonders viel nachgedacht hat.
Fragasso lässt nichts unversucht, um seinen Film zu disqualifizieren. So zerren Freunde von Melanie, die deren Tochter während ihres Krankenhausaufenthalts in ihre Obhut nehmen, das Kind vor Pressekameras, die vor dem Hospital auf sie warten, und geben intimste Informationen an die Journalisten weiter, als sei es das Normalste der Welt. Melanie wird von ihrem alkoholisierten Ex-Mann angerufen, mit dem sie in Streit gerät, und hat danach nichts Besseres zu tun als erstmal ihre Bluse zu öffnen und ihre Brüste vor einem Spiegel zu liebkosen. Ein Polizist begibt sich aufgrund eines Hinweises, dass der Killer sich dort befinden könne, in ein Motel, schickt jedoch vorher seine Kollegen zur Zentrale zurück, spielt sich vor dem Motelbesitzer auf, dass er allein mit dem Kerl fertig werden könne, und wird natürlich sofort hinterrücks niedergeschlagen, als er das besagte Zimmer betritt. Und ein greiser Arzt darf psychoanalytische Weisheiten zum Besten geben, bei denen Freud Bauchkrämpfe bekommen hätte.
NON APRITE QUELLA PORTA 3 ist schlecht und zwar nicht unterhaltsam schlecht, sondern einfach nur schlecht. Ein Film, den ich niemandem empfehlen kann.