Narnia - ein kleines Land während des Mittelalters. Es wird von einer Führungselite regiert, die in einem großen Schloss auf einem Berggipfel wohnt, zu dem man, von dem nahelegenen Ort aus, nur über eine schmale, lange Brücke gelangt. Wenige Menschen leben in diesem dünn besiedelten Landstrich, aber in den Wäldern und Auen hausen viele Zwerge und weitere Fabelwesen. Diese "Narnianen" leiden unter der menschlichen Diktatur und leben heimlich im Untergrund.
Innerhalb der Regierenden kommt es zu Veränderungen, als ein kleiner Junge geboren wird, der Sohn von Herzog Miraz (Sergio Castellitto). Da Miraz aber nur der Bruder des verstorbenen Königs ist, ist dessen Sohn Prinz Kaspian (Ben Barnes) der wahre Erbfolger und zukünftige König. Deshalb befiehlt Miraz seinem General Glozelle (Pierfrancesco Favino), diesen zu töten. Doch Kaspian kann, noch rechtzeitig gewarnt von seinem weisen Lehrer (Vincent Grass), aus dem Schloss fliehen und erhält von diesem noch ein geheimnisvolles Horn, in das er im Notfall blasen soll. Als er, verfolgt von den Soldaten, im Wald vom Pferd stürzt, gerät er in diese Notlage und bläst hinein.
Vier minderjährige Geschwister befinden sich gerade in der Londoner U-Bahn, während der Zeit des Zweiten Weltkriegs. Doch als die Bahn einfährt, verwandelt sich der Bahnhof in einen wunderschönen Strand und sie befinden sich wieder mitten im Land Narnia, wo sie schon einmal waren. Doch es hat sich hier viel verändert und sie müssen feststellen, dass Jahrhunderte vergangen sein müssen. Glücklicherweise hat ihre gut versteckte Kleidung und Ausrüstung die Zeit überdauert, sie kleiden sich um und gehen in das Landesinnere, um zu erfahren, warum sie wieder nach Narnia gerufen wurden.
Schon kurz darauf retten sie dem Zwerg Trumpkin (Peter Dinklage) das Leben und lernen so Prinz Kaspian kennen, der bei den Zwergen und anderen Freunden Unterschlupf gefunden hat. Sie erfahren von der bösartigen Intrige seines Onkels, der sich inzwischen selbst krönen liess, und wollen ihm helfen, seine Feinde und die der Fabelwesen zu besiegen, damit wieder Frieden im Land herrscht...
Genauso oder ähnlich gibt es viele Märchen und Fantasy-Geschichten für minderjährige Zuschauer, die einige nicht zu unterschätzende Vorteile bieten. Identifikation mit gleichaltrigen Helden, überschaubarer Raum mit einem Schloss, Dorf, Wald, Meer und Fluss, mittelalterliche Strukturen noch ohne moderne Technik und Waffen und eine unüberschaubare Anzahl an unterschiedlichsten Fabelwesen.
Gut und Böse sind leicht auseinander zu halten - die Bösen sind dunkelhaarig und haben eine südländische Physiognomie, die in der deutschen Synchronisation noch durch einen spanisch klingenden Akzent unterstützt wird, die Guten sind alle anderen. Ausnahme ist Prinz Kaspian, der aber jung und hübsch ist, und von einem englischen Mimen gespielt wird. Dazu gibt es noch einen Retter im Hintergrund, der hier als Löwe personifiziert ist und gottgleich agieren kann, was sich darin zeigt, dass er nur dann eingreift, wenn aus seinen Taten für die Anderen weise Lehren gezogen werden können ("Niemals geschieht etwas auf die selbe Art"). Gesehen werden kann er nur von der jüngsten der vier Geschwister, Lucy (Georgie Henley), die über besondere transzendentale Fähigkeiten verfügt.
Allerdings sind die anderen Drei auch nicht schlecht - Peter (William Moseley) ist ein hervorragender Ritter und selbstverständlich der Anführer, sein jüngerer Bruder Edmund (Skandar Keynes) steht ihm geschickt bei und die große Schwester Susan (Anna Popplewell) verfehlt nie ein Ziel mit Pfeil und Bogen und darf auch als zartes "Love-Interest" für Prinz Kaspian dienen. Die Problematik dieser Geschichte, die die Buchvorlage nur als groben Rahmen einbezieht, liegt nicht in den einfachen Strukturen und wenig logischen Abläufen, sondern in der bombastischen und von CGI-Effekten überhäuften Inszenierung. Die vielen Schlachten mit teilweise blutigen Details haben dem Film ein "PG"-Rating eingebracht und in Deutschland eine Altersfreigabe ab 12.
Dadurch entsteht ein uneinheitliches Bild - auf der einen Seite eine märchenhafte Geschichte mit Kinderstars und teilweise witzigen Side-Kicks (wie die schwertkämpfende Maus), auf der anderen Seite eine krude Story mit Machtränken, Schlachten und hinterhältigen Attentaten. Das fordert dazu heraus, die Story auf ihre Nachvollziehbarkeit hin zu überprüfen und ihr nicht einfach den Fantasy-Charakter zu lassen. Schon die Wandlung der vier Kinder zu Helden, die diese Fähigkeiten scheinbar auch in den Londoner Alltag mitnehmen können (Peter prügelt sich, weil er sich in der Gegenwart nicht für vollgenommen fühlt - nicht erstaunlich für einen Heeresführer und Super-Ritter), besitzt keinerlei Glaubwürdigkeit und kann auch von den vier Darstellern nicht bewältigt werden. Ihre "Actionleistungen" in Narnia wirken immer irgendwie gespielt, was den Vorteil hat, dass sie als Identifikationsfiguren für Kinder erhalten bleiben.
Völlig überzogen wirken die politischen Verstrickungen am Königsschloss. So stellt sich die Frage, warum der böse Matiz erst dann Kaspian umbringen will, als sein Sohn geboren wurde, wenn er sich nach Kaspians Flucht sowieso selber krönt. ? - Schnell wird auch deutlich, dass er den Tod seines Bruders verursacht hat, weshalb seine abwartende Haltung danach völlig absurd ist. Auch die Rolle seines Generals oder des Lord Sopespian (Damián Alcázar) wirken an den Haaren herbeigezogen. Dem General wird immer ein gewisser soldatischer Edelmut zugewiesen, ohne das hinterfragt wird, warum er dann nicht Prinz Kaspian unterstützt hat, der schliesslich der rechtmässige Thronfolger ist. Umgekehrt wird aus Lord Sopespian, dem einzigen kompetenten Kritiker des Despoten, plötzlich selbst ein hinterhältiger Machtmensch.
Ganz offensichtlich erkennt man darin die äußere Staffage, die nur dazu dienen soll, das zweieinhalbstündige Schlachtengetümmel mit möglichst vielen Show-Effekten an den Kinobesucher zu bringen. Dabei werden die märchenhaften Elemente zunehmend überdeckt und es bedarf schon eines kindlichen Gemütes, um den gesamten verkorksten Blödsinn auszublenden. Positiv ist in diesem Zusammenhang festzustellen, dass die Rolle des Löwen (und damit der religiöse Aspekt) hier deutlich weniger zu Tage tritt als im ersten "Narnia"-Film, aber das lässt nicht übersehen, dass auch mit dem zweiten Teil ein Fantasy-Märchen wieder einer großen Produktion geopfert wurde, deren eigentliche Aufgabe nur darin liegt, möglichst viel Kohle zu machen (3,5/10).