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Der Kampf gegen das Böse ist für Milliardär Bruce Wayne (Christian Bale) nach seinem Sieg über Ra's Al Ghul noch lange nicht vorbei. Nacht für Nacht durchstreift er die Millionen-Metropole Gotham City nach Verbrechern, Mördern und Gesetzlosen und führt als Batman ein Doppelleben am Limit. Doch sein unerbittlicher Kampf gegen das organisierte Verbrechen scheint sich auszuzahlen, denn die Oberhäupter der führenden Mafia-Familien werden der Polizei zu Dutzenden ausgeliefert. Mitverantwortlich dafür ist auch der gefeierte Staatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhart), der dem Verbrechen ebenfalls den Kampf angesagt hat und für Gotham den lang ersehnten Helden mit Gesicht verkörpert, der Bruce Wayne als Batman nie sein konnte.

Da taucht plötzlich ein neuer Verbrecher in der Stadt auf, der von allen nur der Joker (Heath Ledger) genannt wird. Der wie ein Clown geschminkte Psychopath führt zuerst eine Reihe von perfekt kalkulierten Bankräuben durch, bevor er sich direkt an die führenden Mafiabosse Gothams wendet. Diese stehen mit ihrem Hals bereits in der Schlinge und sehen in dem ebenso brillianten wie anarchistischen Irren die einzige Möglichkeit, sowohl Batman, als auch die Polizei loszuwerden. Es dauert nicht lange, bis der Joker Gotham mit bizarren Morden und Anschlägen ins Chaos stürzt, die Stadt steht mehr denn je am Abgrund. Als Harvey und somit auch Bruce' frühere Geliebte Rachel (Maggie Gyllenhaal), die mittlerweile mit dem Anwalt liiert ist, ins Visier des Geisteskranken geraten, ist Batman gezwungen zu handeln. Doch der Joker scheint dem dunklen Ritter stets einen Schritt voraus zu sein...


"The Dark Knight" ist weit mehr als nur ein Film, er ist ein Phänomen. Kein anderer Blockbuster hat es geschafft, schon im Voraus eine derartige Hysterie auszulösen, wie das sechste Leinwand-Abenteuer des beliebten Comic-Helden Batman. Das Ganze nahm seinen Lauf, als "Batman Begins" im Jahr 2005 eine neue Ära der Fledermaus einläutete und mit einem Schlag "Batman Forever" und "Batman & Robin", die peinlichen Fehltritte von Joel Schumacher, vergessen ließ. Mit Christopher Nolan, der mit "Memento" erstmals auf sich aufmerksam zu machen wusste, fand sich ein Ausnahmetalent, das die Grundessenz der dunklen Batman-Comics in die Filme zurückbrachte und all den bunten Glamour entfernte, der Schumacher's Ausrutschern bis heute noch negativ anhaften. Gerne wird Nolan als Retter des Franchise betrachtet, doch was er drei Jahre nach "Batman Begins" mit dem direkten Sequel "The Dark Knight" auslösen würde, damit hätte wohl niemand gerechnet.

Durch eine perfekte Marketing-Kampagne gelang es den Verantwortlichen, die Vorfreude der Fans auf diesen Film ins Unermessliche zu steigern. Ein großartiger Trailer, der später sogar den Golden Trailer-Award abräumte, war dafür ebenso mitverantwortlich wie die sehr spärliche Herausgabe neuer Details, die viele Anhänger immer gespannter auf neue Einblicke in den Film warten ließ. So kam es, dass "The Dark Knight" nicht nur zum sehnlichst erwartetsten Sommer-Blockbuster 2008 wurde, sondern direkt nach seinem Erscheinen alle Rekorde brechen konnte. Alleine am ersten Wochenende spielte das neue Abenteuer des dunklen Ritters 155,4 Millionen Dollar an den amerikanischen Kinokassen ein,  mehr als jeder andere Film zuvor. Weltweit brachte es "The Dark Knight" bislang auf 805 Millionen Dollar und das nur 5 Wochen nach seinem Start - ein unglaubliches Ergebnis.

Eine tragische Begünstigung erhielt dieser Erfolg sicherlich durch den frühen Tod Heath Ledgers, der im Januar an einer Medikamenten-Überdosis starb. Ledger spielt im Film den mörderischen Joker, eine Rolle, die Jack Nicholson im ersten Batman-Film von Tim Burton aus dem Jahr 1989 eine Rekord-Gage einbrachte. Nach der Bekanntgebung Nolans, die Rolle des Jokers mit Ledger besetzt zu haben, hagelte es von vielen Fronten Protest, doch dieser verstummte spätestens nach dem ersten Trailer - mittlerweile ist Nolan der, der zuletzt lachen darf. Das Publikum ist hin und weg von der brillianten Darstellung Ledgers, es geht sogar das Gerücht, dass der verstorbene Mime posthum mit einem Oscar geehrt werden soll. Verdient hätte er es sicherlich, hat er sich für die Vorbereitung auf die Rolle doch tagelang in ein Hotelzimmer eingesperrt und Tagebücher mit den Gedanken des Jokers vollgeschrieben, wenn man den Gerüchten glauben mag. Doch egal, was nun Teil einer modernen Legendenbildung um einen viel zu jung gestorbenen Schauspieler ist und was davon stimmen mag - Ledgers Darstellung ist einzigartig, unvergleichlich.

Sicherlich ging ein großer Teil des Vorab-Hypes neben der perfekt kalkulierten Marketing-Kampagne auf die Kosten Ledgers und seiner letzten, furiosen Rolle, doch ein Meisterwerk wird nicht durch die Präsenz eines einzigen Schauspielers ausgemacht. Es mag noch ganz andere Gründe haben, dass "The Dark Knight" gleich nach seinem Erscheinen an die Spitze der Top 250 der populären, amerikanischen "Internet Movie Database" kletterte und dass sich sämtliche Kritiker mit Superlativen nur so überschlugen. Letztendlich stellt sich nun wirklich die Frage, wie gut ein Film sein muss, um einem derartigen Hype und zigtausenden Lobgesängen gerecht zu werden? Ist "The Dark Knight" wirklich das umjubelte Meisterwerk?

Ja, daran gibt es keinen Zweifel. Christopher Nolan inszenierte nicht einfach einen neuen, beliebige Comic-Adaption, er holte eine Comicfigur in die Realität und spinnte sie in ein bedrückendes, menschliches Drama. "The Dark Knight" setzt die begonnene Fahrtrichtung von "Batman Begins" fort und ist reifer als alle anderen Comic-Helden, ein Vergleich mit "Spiderman", "Hulk" und co. wirkt beinahe schon lächerlich. Es ist eine schmerzhafte Welt, in die Nolan seine Protagonisten da setzt, eine Welt, in der Verlust über Moral steht, in der jeder Mann seine Prinzipien verlieren kann. Da hätten wir Batman als Bruce Wayne, der jede Nacht sein Leben aufs Spiel setzt, um die Bewohner von Gotham City vom Abschaum der Gesellschaft zu schützen, die es ihm mit Misstrauen und Angst verdankt. Weiterhin ist da noch Harvey Dent, ein weißer Ritter in der Mission für das Gute, mit dem Herz am rechten Fleck. Einer, der sich gegen die Korruption und das Verbrechen in Gotham stellt und dafür einen teuren Preis zahlen muss.

Auf der Gegenseite steht der Joker, er ist die absolute Form des Bösen, die Reinkarnation des Chaos und der Vernichtung. Er kennt keine Moral, keine gesellschaftlichen Werte, er interessiert sich nicht für Geld oder materielle Dinge. Der Joker liebt die Angst, die Anarchie, er möchte eine Gesellschaft im Wahnsinn untergehen lassen. Joker ist das Produkt Batmans, eines selbsternannten Rächers, der die Straßen in Selbstjustiz vom Verbrechen reinigt. Er ist Batmans Nemesis, sein Erzfeind, der all seine bisherigen Feinde in den Schatten stellt. Ein manipulatives Monster, über dessen Hintergründe der Zuschauer im Dunkeln gelassen wird. Er taucht wie aus dem Nichts auf, um Chaos und Zerstörung in Gotham zu säen. Sein Gesicht, verkrustete, weiße Farbe, der Mund eine grinsende Narbe, die Augen schwarz umrandet, nur ein Sinnbild seines Handelns.

"The Dark Knight" stellt eine handvoll Figuren ins Zentrum des Geschehens. Es handelt sich hierbei um den ersten Batman-Film, der den Namen des dunklen Ritters nicht im Titel trägt und dem angepasst steht Batman auch im Film selbst nicht im Vordergrund. Der Charakter des düsteren Helden wurde in "Batman Begins" ausführlich porträtiert, in "The Dark Knight" hingegen wird er zu einer Kern-Figur von mehreren. Die Beziehung von Rachel und Harvey spielt eine ebenso elementare Rolle wie das Vorgehen Batman's gegen den Joker. Keine Figur wird außer Acht gelassen, sei es Commissioner James Gordon, Lucius Fox oder gar Bruce' Butler und Freund Alfred. Jede Nebenfigur hat ihre unersetzliche Daseinsberechtigung und trägt die Handlung auf ihre Art voran.

Mit etwa 150 Minuten ist "The Dark Knight" durchaus lang geworden, was aber letztendlich nur ein weiterer Beweis für Nolan's Geschick ist, Filme dramaturgisch einwandfrei zu erzählen. Das Werk ist frei von Längen, die Atmosphäre verdichtet sich von Filmminute zu Filmminute mehr, die Spannung scheint beinahe greifbar zu sein. Das Drehbuch ist perfekt durchdacht und geht weitaus tiefer als jede andere Comicverfilmung zuvor, so dass "The Dark Knight" letztendlich absolut kein Film für Kinder oder junge Fans des dunklen Ritters darstellt. Auch, wenn sich das Werk in Sachen graphischer Gewalt zurückhält, so ist das Treiben des Jokers in mancher Hinsicht durchaus brutal, auch wenn die Kamera das Gezeigt nicht immer im Detail einfängt. Die FSK tat sich schwer damit, "The Dark Knight" einzustufen, gab ihm aber, als erstem Batman-Film bislang, die Freigabe ab 16 Jahren.

Natürlich darf in einem Sommer-Blockbuster auch die Action nicht zu kurz kommen und für jene Szenen hat sich Christopher Nolan etwas ganz besonderes ausgedacht. Spezielle Szenen wurden im bislang kaum verbreiteten IMAX-Verfahren aufgenommen, welche auf dafür ausgerichteten, riesigen Leinwänden in perfekter Bildqualität ein beeindruckendes Erlebnis bilden. Doch auch allgemein hat die Action gegenüber "Batman Begins" zugenommen, es gibt mehr Explosionen, übersichtlichere Kämpfe und als Krönung eine spektakuläre Verfolgungsjagd. Auch, wenn diese Szenen nicht das Kernstück von "The Dark Knight" bilden, so sind sie doch eine Bereicherung, sowie ein furioses Highlight. Sie ergänzen die sonstige Inszenierung, die sich durchaus auch auf längere Dialog- und Handlungspassagen fokussiert, anstatt sie im Alleingang zu tragen.

Die Schauspieler wurden wieder einmal bis in die kleinste Nebenrolle perfekt gecastet, es gab schon lange keinen derart exzellent besetzten Film wie diesen mehr. Christian Bale ist onehin einer der hervorstechendsten Darsteller unserer Zeit und verkörpert Batman in all seinen Facetten wieder einmal fabelhaft. Er versteht es sowohl die dunkle Seite des Helden, als auch den jugendlichen Charakter des Playboys perfekt zu verkörpern. Weiterhin baut "The Dark Knight" wieder auf Topstars wie Michael Caine, Gary Oldman und Morgan Freeman, die erneut ihre bekannten Parts einnehmen und aus dem neuen Bat-Franchise einfach nicht mehr wegzudenken sind. Eine kleine Erneuerung fand bei Rachel statt, die nun nicht mehr von Katie Holmes, sondern von Maggie Gyllenhaal verkörpert wird, welche ihrer Vorgängerin in nichts nachsteht. Auch Aaron Eckhart war genau die richtige Wahl für die Rolle des Anwalts Harvey Dent und bringt die tragische Figur weitaus glanzvoller rüber als einst Tommy Lee Jones in "Batman Forever". Derjenige, der letztendlich aber alle anderen an die Wand spielt, ist natürlich Heath Ledger. Seine Darstellung des Jokers hat das Zeug zum Kult und ist in dieser Form einfach unvergleichlich. Das ständige, schmatzende Dauergrinsen, der Wahnsinn in seiner Stimme (der O-Ton ist der deutschen Synchro absolut vorzuziehen!!), sein hyperaktives Spiel, all das ergibt einen Gesamteindruck, von dem ein regelrechter Sog ausgeht und dem man sich als Zuschauer einfach nicht erwehren kann. Ledger geht absolut und in jeder Hinsicht in dieser Figur auf und wird zu 100% zum Joker, es ist beinahe unmöglich, den Schauspieler hinter diesem Charakter zu erkennen.


"The Dark Knight" ist ein Stück moderne Filmgeschichte, das schon jetzt sämtliche Rekorde gebrochen hat. Ein Meisterwerk durch und durch, das sich ohne Konkurrenz an die Spitze der derzeitigen Comicverfilmungen setzt. Was wir hier haben, ist nicht etwa die banale Geschichte eines Mannes, der im Fledermauskostüm auf Verbrecherjagd geht, sondern ein menschliches Drama, eine Metapher mehr noch. Eine Metapher über Schuld und Sühne, Pflicht und Verantwortung, gut und schlecht in einer Welt, die im Chaos zu versinken droht und in der die moralischen Werte einer normalen Gesellschaft keine Gültigkeit mehr haben. "The Dark Knight" wühlt auf, fesselt, ist das beste Beispiel für das dramaturgisch perfekte Erzählen einer Geschichte, das hier auch nach 150 Minuten zu keiner Sekunde langweilt. Es versteht sich von selbst, dass hiermit der bislang beste Batman-Film geschaffen wurde, doch davon abgesehen vereint dieses Werk alle Eigenheiten eines schlicht perfekten Films. Soundtrack, Schauspieler, Inszenierung, alles scheint zu stimmen. "The Dark Knight" kann nur schwer nach der ersten Betrachtung erfasst werden, es ist ein Film, der noch weiter wächst, je mehr man sich im Nachhinein damit beschäftigt. Mission Accomplished, Mr. Nolan.

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