So groß war der Hype um einen Film in letzter Zeit selten, da mochten sich „Harry Potter“ und Co. noch so sehr anstrengen – „The Dark Knight“ war bereits in aller Munde, ehe jemand den ersten Meter fertigen Film gesehen hatte.
Immer noch geht Millionär Bruce Wayne (Christian Bale) alias Batman als Vigilante auf Verbrecherjagd, ist inzwischen gar zu einem Symbol für Gotham City geworden, auch wenn die Polizei ihn offiziell jagt. Den Status Batmans nimmt „The Dark Knight“ durchaus amüsant auf die Schippe, wenn Batman zu Beginn des Films einen Deal vereitelt (Kurzauftritt Scarecrow) und sich dabei neben den Gangstern noch mit Nachahmern rumschlagen muss. Mit großer Kraft kommt große Verantwortung, nur hat „The Dark Knight“ es gar nicht nötig, dies in den Dialog einbauen zu müssen.
Derweil ist Batman, ebenso wie Lieutenant James Gordon (Gary Oldman) und Staatsanwalt Harvey Dent (Aaron Eckhart) hinter der Mafia her, deren Oberhaupt Salvatore Maroni (Eric Roberts) ist. Der parallel dazu auftauchende Anarcho-Räuber Joker (Heath Ledger) scheint da ein kleineres Problem zu sein. Es sind viele Gegenspieler in diesem Sequel, wodurch „The Dark Knight“ ein wenig an Burtons „Batman Returns“ erinnert. Gegner Nr. 1, die Mafia erhält einen schweren Schlag, als Batman ihren Finanzberater einbuchtet.
Genau in der Situation bietet der Joker an Batman für die Mafia zu töten – ebenso wie alle anderen Gegenspieler. Es kommt zu einem Privatkrieg, in dem Batman beinahe hilflos ist, angesichts der Unberechenbarkeit des Jokers...
„The Dark Knight“ mag den dunklen Rächer im Titel haben und ein Batman-Film sein, tatsächlich gehört er aber dem Joker – ob dies eine Produktionsentscheidung nach Ledgers Tod war, sei einfach dahingestellt. Insofern kommt Bruce Wayne etwas zu kurz, ein paar Dialoge mit Butler Alfred (Michael Caine) und Bastler Lucius Fox (Morgan Freeman) sowie eine kurze Thematisierung seiner Beziehung zu Rachel Dawes (Maggie Gyllenhall) besprechen sein Innenleben. Selbst die mögliche Eifersucht auf Harvey, mit dem Rachel in einer Beziehung ist, wird kaum thematisiert. Stattdessen geht es um das Verhältnis Batmans zu seiner Nemesis, obwohl man über den Joker wenig erfährt, rudimentäre Fakten woher er stammt z.B.
Ansonsten aber bleibt der Joker eher ein Programm denn ein von Motiven getriebener Schurke, quasi die Verkörperung der Anarchie, weshalb Batman ihm so machtlos gegenübersteht. Der Joker ist es auch, der Parallelen zwischen sich und Batman zieht, sie beide als Freaks bezeichnet, wobei der Batman der gesellschaftlich geduldete Freak ist. Gleichzeitig will er Batman gar nicht töten oder endgültig besiegen, sondern vielmehr einen Spielpartner haben. Darüber hinaus reißt „The Dark Knight“ noch weitere Diskurse an, z.B. um Schuld und Sühne (u.a. muss Batman verschiedene moralisch schwere Entscheidungen treffen) oder wie weit der Held für sein Ziel gehen darf, ob er die Einwohner Gothams instrumentalisieren und bespitzeln darf.
Keine Frage, mit solchen Diskursen hebt Christopher Nolan die Comicverfilmung auf ein Level, dass man von dem Genre zuvor kaum kannte. Dabei ist es der Subtexte gelegentlich fast ein wenig zuviel, ab und zu gerät die eigentliche Handlung dadurch etwas arg ins Hintertreffen, aber das macht nicht viel. Denn „The Dark Knight“ ist atemloses Kino in seiner besten Form; der kaum ruhende Joker hält mit seinen Aktionen Batman (und das Publikum) stets auf Trab, hinzu kommen noch die anderen Schurken, deren Schicksal aber eng mit dem des Jokers verknüpft ist. Die bereits im Trailer angekündigte Geburt von Two-Face bringt sogar einen zweiten unberechenbaren Schurken in den Film: Der Joker will Anarchie, Two-Face überlässt wichtige Fragen einfach dem Münzwurf.
Insofern ist „The Dark Knight“ einfach ein Thrillride, dessen Actionszenen sich extrem gut in die Handlung einfügen und im Vergleich zu anderen Filmen des Genres nicht wie exponierte Schauwerte wirken. Das Gebotene ist auf hohem Niveau, bietet schick choreographierte Nahkämpfe, flotten Einsatz der Bat-Gimmicks und eine fantastische Autojagd in der Mitte des Films. Handwerklich auf höchsten Niveau, selbst wenn Batmans Gimmicks teilweise etwas zu übertrieben sind (z.B. die Fingerabdruck-Suchmethode).
Trotz seiner Menge an Ideen, die selbst für 150 Minuten Laufzeit viel Stoff bieten, wirkt „The Dark Knight“ nie überfrachtet oder überfordert. Nolan hält die Fäden souverän in der Hand und verpasst dem Film eine makaber-humoristische Note, wie sie des Jokers würdig ist – meist auch bei seinen Auftritten (Stichwort Bleistift). Jedoch behält „The Dark Knight“ seinen Ernst bis zum konsequenten Ende, das alles andere als rosig ist – es müssen auch tragende Nebenfiguren dran glauben und zum Schluss muss Batman der Held werden, den Gotham verdient, mit schwererem Stand als zuvor.
Christian Bale verkörpert Batman gewohnt souverän, aber nicht nur inhaltlich auch darstellerisch gehört der Film dem Joker: Heath Ledger spielt die Batman-Nemesis absolut phantastisch, verkörpert die menschgewordene Anarchie mit dem kranken Sinn für Humor auf grandiose Weise. Da braucht es einen hervorragenden Support-Cast, damit die Darsteller nicht untergehen und Christopher Nolan hat ihn gefunden: Michael Caine, Gary Oldman, Morgan Freeman und Aaron Eckhart sind grandios, auch Maggie Gyllenhall, die das schwächste Darsteller-Glied des Vorgängers, Katie Holmes, ersetzt. Selbst Eric Roberts und Michael Jai White haben zwar nur kleine Parts, scheinen aber genau perfekt dafür gecastet zu sein.
„The Dark Knight“ ist eine wirklich grandiose Comicverfilmung, die nicht nur eine brillante Bildsprache und extrem gute Schauspielleistungen bietet, sondern auch mit einem ganzen Haufen interessanter Denkanstöße daherkommt. Dass Nolan es mit seiner Philosophie gelegentlich etwas zu weit treibt, stört da fast gar nicht.