Mit „Rob Roy“ packt Michael Caton-Jones Racheaction in den Kilt, aber ein Epos wie der thematisch ähnliche „Braveheart“ ist ihm nicht ganz gelungen.
Robert Roy McGregor (Liam Neeson) ist Clanführer in Schottland, doch wirkliche Macht hat er nicht. Die englischen Adligen haben das Land unter sich aufgeteilt und leben in Dekadenz, während die ursprünglichen schottischen Einwohner ihr Dasein in Armut fristen. Damit ist „Rob Roy“ schon mal zeitlich später gelagert und daher keine direkte Konkurrenz für „Braveheart“, der sich noch mit dem Unabhängigkeitskampf der Schotten beschäftigte, doch so ganz kann man den Mel Gibson bei Sichtung von „Rob Roy“ aus seinem Kopf verdrängen (obwohl beide relativ unabhängig und zur gleichen Zeit entstanden).
Doch Rob will für sich und seinen kleinen Clan bessere Zeiten einläuten, gewinnbringender Viehverkauf soll die Methode sein. Dafür muss er sich jedoch Geld von seinem Landherrn, dem Marquis John Graham (John Hurt) einholen. Hier wird „Rob Roy“ leider etwas sehr klischeehaft, denn die Adeligen sind fast ausnahmslos Lackaffen, dekadent und arrogant – im Gegensatz zum ehrlichen, hart arbeitenden McGregorclan. Klar, viele Historienfilme ergreifen Partei, doch „Rob Roy“ könnte sich ruhig etwas bei der schwarz-weiß-Malerei zurücknehmen.
Archibald Cunningham (Tim Roth) und Killearn (Brian Cox), zwei Gefolgsleute Grahams, überreden Robs Boten und Freund Alan MacDonald (Eric Stoltz) erst das Geld in Münzen anstelle von einem Wertbrief anzunehmen, ermorden ihn später und lassen es so aussehen, als sei er damit geflohen. Von da an steht der störrische Rob auf der Schuldliste Grahams, doch daraus entwickelt sich bald ein offener Konflikt, da Rob nicht an den Verrat seines Boten glaubt...
Was dann folgt ist eine recht gelungene Rachegeschichte, aber das epische Gänsehautfeeling eines „Gladiator“ oder „Braveheart“ kann „Rob Roy“ nicht erzeugen. Dafür geht es einfach um zu wenig, zu lokal ist der Konflikt. Zudem kann Michael-Caton Jones die Emotionen des Zuschauers nicht so hoch pushen wie die genannten Filme, die den Zuschauer fast ebenso nach Vergeltung dürsten ließen wie ihre Hauptfiguren. So bleibt „Rob Roy“ gerade auf emotionaler Ebene etwas dröge, selbst als man Rob alles nimmt, will der Film nicht so recht heißblütig werden. Dabei sind die sonstigen Vorraussetzungen für ein Epos gegeben: Tolle Ausstattung, ein authentisch wirkendes Setting und schicke Landschaftsaufnahmen der Highlands.
Zudem fehlen „Rob Roy“ die imposanten Schlachtszenen. Die meisten Kämpfe werden hier nur zwischen wenigen ausgetragene, sind meist kurz und es gibt recht wenige davon. Die Choreographie der Kampfhandlungen mit Schwert und Muskete hingegen ist relativ überzeugend geraten, gerade der Endkampf macht Laune. Ebenfalls mehr im Zeichen des modernen Rachefilms als im Zeichen des klassischen Epos ist der recht offene Humor, wenn sich die Adeligen Spitzfindigkeiten an den Kopf werfen oder Rob ein ums andere Mal seine Bauernschläue beweist.
Doch als kurzweiliger Historienfilm ohne größeren Anspruch funktioniert „Rob Roy“ nichtsdestotrotzdem: Ohne größere Hänger gehen die rund 2 Stunden Laufzeit herunter und recht spannend ist das Ganze zudem auch, da man kaum davon ausgehen kann, dass Rob den gesamten Hofstaat dahinschnetzelt um zu seinem Recht zu kommen, sondern andere Wege suchen muss. Auch die Subplots um Robs Familie sind gut eingearbeitet, lenken nicht vom Hauptplot ab, sondern erweitern die Geschichte mit mehr stimmigen Details.
Auch schauspielerisch kann man nicht klagen, gerade Liam Neeson ist eine wirklich gute Besetzung für den Titelhelden. Ebenso gut Jessica Lange als Robs Ehefrau und Tim Roth als herrlich schmieriger, extrem gefühlskalter Fiesling. John Hurt und Brian Cox sind auch OK, scheinen sich aber in ihren Kostümen weniger wohl zu fühlen und können daher nicht so recht mit den anderen mithalten.
Somit ist „Rob Roy“ rein von der Geschichte her recht kurzweilig und stimmig, aber es fehlen einfach die Zutaten um etwas besonderes daraus zu machen: Die Action ist etwas dünn gesät und epische Gänsehautfeeling will auch nicht aufkommen. So bleibt ein recht unterhaltsamer kleiner Film, aber keiner der großen Historienfilme.