Tattoo - ein deutscher Thriller
Viel habe ich im Vorfeld über diesen Film gehört: Brutal, Düster, Gewalttätig, etc. Ich entschloss mich, ihn aus der Videothek auszuleihen, nicht zuletzt, weil er aus Deutschland kommt, was meiner Meinung nach immer für einen düsteren, gut gespielten, authentischen Thriller steht (siehe z.B. "Das Experiment", oder "Die Sieger").
Ich muss sagen, dass der Film mich sehr überrascht hat. Er ist auf der einen Seite zutiefst deutsch, aber dann auch wieder nicht.
Im Prinzip geht es um einen angeblichen Serienkiller, der seine Opfer häutet und ihre kunstvollen Tattoos sammelt. Dabei kommt recht schnell heraus, dass dahinter ein illegaler Ring steckt, der mit eben solchen Häuten handelt (von bedeutenden Tattoo-Künstlern gestaltet). Die Protagonisten sind ein alter erfahrener Polizist, Kinks, und ein gerade von der Polizeischule gekommener Bursche namens Schrader. Da dieser beim Drogenkosum erwischt wird, nimmt ihn Kinks unter seine Fittiche und er bekommt den tristen, abscheulichen Alltag eines Morddezernat-Polizisten zu spüren. Sie tauchen beide in den Fall ein und scheinen ihn recht flott gelöst zu haben - ein vorbestrafter Täter ist gefunden und auch einige Leichen. Doch später findet Schrader weitere Hintergründe heraus, während Kinks mit seiner tragischen Vergangenheit in Zusammenhang mit dem Fall konfrontiert wird. Das Ende, es sei nicht verraten, wird schließlich offen gehalten.
Insgesamt merkt man dem Film deutlich an, dass er sich nicht sonderlich viel Mühe macht, eine originelle Geschichte zu erzählen. Bewusst bedient er sich vieler Genre-Zitate, von Se7en bis Das Schweigen der Lämmer, usw. Da gibt es den "Alten Hasen", gebrochen durch den Verlust seiner Familie, da ist das scheinbare, weibliche Opfer, das geschickt alle ausspielt. Es gibt einen geheimnisvollen Mann im Hintergrund und die typischen Reibereien in der Polizeistation.
Alles das ist bewusst makaber und düster überzeichnet, die obligatorischen Szenen, wie die Darstellungen der Opfer sind äußerst blutig. Außerdem gibt es noch eine gute Prise schwarzen Humor und die bekannten Gerichtsmedizin-Szenen mit den fummelnden Ärzten.
Die Schauspieler geben solide Leistungen ab, und der ganze Film wirkt in seinem sehr kühlen, distanzierten Stil wie eine Mischung aus einem Tatort und einem Hollywoodthriller, wobei wenig Wert auf die Darstellung der Täterpersönlichkeiten gelegt wird.
Und ich glaube, obwohl Tattoo eigentlich wenig originell erscheint, macht das die schöne Mischung aus. Die äußerst künstlichen und stilisierten Elemente des Thrillers werden teilweise mit der typisch deutschen kalten Authentizität und den menschlichen Beziehungen versehen, sodass insgesamt gute Unterhaltung dabei herauskommt. Ich würde nicht sagen, dass der Film äußerst brutal und gewalttätig dabei herüberkommt. Das ist ohnehin der falsche Ausdruck. Es ist eher das sehr morbide, makabre Gefühl, das beim Ansehen entsteht, wie eben in einem guten Krimi-Thriller. Der Film steht voll in seinem Genre, überzeichnet es jedoch recht stark in einigen Bereichen. Oft ist er in seiner skrupellosen Umgehensweise mit den Handlungsträgern und Nebenpersonen auch sehr zynisch, man könnte meinen, er versuche manchmal die Stilmittel seines Genres zu enttarnen um sie dem Zuschauer in einer rohen Form zu präsentieren, damit dieser sich damit vielleicht mehr auseinandersetzt. Wer weiß?
Auffällig ist trotzdem der kleine Bruch mit den Hollywood-Pendants. Die Umgebung, die erschaffene Welt bleibt vom ganzen Geschehen unberührt. Der Streifen spielt nicht in den versifftesten Gebieten, wo alles dreckig ist und die Welt als ein einziger Misthaufen dargestellt wird. Die Außenwelt ist wie der Film selbst: Kalt, distanziert, unberührt, real. Ein gutes Beispiel dafür, dass Spannung auch ohne gammelige Nachtstraßen voller Penner, Huren, Regen, Müll und extremen Waffeneinsatz erzeugt werden kann, in der normalen Umgebung die jeder kennt. Wie in einem Tatort, bloß intensiver, dunkler, kälter.
Ein guter, ruhiger deutscher Kriminalfilm mit viel Zynismus und reichlich Filmzitaten, der bis zum Ende hin sehr ernsthaft ist.8/10.