„Sieben“ hat so manchen Filmemacher inspiriert, mit „Tattoo“ haben sich auch Deutsche am Killer-Thriller im Endzeitdüsterlook versucht und das gar nicht mal so übel. Die Startsequenz ist sogar höllisch gut gelungen, wenn eine nackte, blutende Schöne scheinbar traumatisiert auf einer nächtlichen Straße herumläuft, um dann von einem Bus weggeputzt zu werden.
Nicht sehr logisch, aber effektvoll inszeniert und so läuft dann der überwiegende Teil des Films ab, der mal wieder den routinierten einsamen Wolf (Christian Redl) und den unerfahrenen Anfänger (August Diehl) zusammenführt.
Der Fall, in dem es um den Handel mit aus dem Körper geschnittenen Tattoos geht, ist nur soweit entwickelt, wie es unbedingt nötig sein muß und präsentiert zu wenig Verdächtige, um irgendwie wirklich überraschen zu können. Einen Täterclou (nämlich jemandem mit einem völlig neuen Motiv) wie im berühmten Vorläufer hat man nicht bei der Hand, stattdessen präsentiert man einen, den man eh schon die ganze Zeit in Verdacht hatte.
Ansonsten wird die Genrestatik der Figur zwar gut ausgeleuchtet (und mit graphisch dargestellten Blutmengen garniert), aber Emotionalität kommt leider Gottes in keinem Fall auf. Redl spielt den Grauwolf mit soviel heiserem Pathos, daß seine Weisheitenabsonderung auch in einer Genreparodie passend wären. Mit seinem tragischen Familienbackground (Frau überfahren, Tochter abgehauen) wäre zwar etwas zu machen gewesen, aber das Buch konzentriert sich mehr auf die erzwungene Tragik der folgenden Ereignisse.
Diehl dagegen, die eigentliche Identifikationsfigur (bei „Sieben“ genau umgekehrt) für den Zuschauer, taucht zwar tief ein in Szene und Look und sieht auch emotional involviert aus, aber dabei bleibts auch. Sein Techtelmechtel mit Nadeshda Brennecke ist so unterkühlt, wie ihre Figur der tätowierten Schönen ein lebloses Kunstprodukt der Begierde bleibt.
Wenn Diehl am Ende im Alleingang eine Tattoo-Sammlung vernichtet, weil er und Redl vom Täter übertölpelt wurden, dann wirkt das jedoch nicht wie der Rachefeldzug eines gereiften Beamten, der im Feuer geschmiedet wurde, sondern mehr wie ein wütendes Kind, daß in ungerechtem Zorn ein paar Spielzeuge an die Wand wirft.
„Tattoo“ ist ganz Look und visuelle Spielerei, ein düsteres Stück Fast Food von jemandem, der das Genre zufriedenstellend studiert, aber längst nicht verinnerlicht hat.
Wir kopieren doch noch in Deutschland, aber wir sind auf dem richtigen Weg. (5/10)