Unterhaltsamer „Sieben“-Verschnitt aus deutschen Landen, wenn auch schwächer als das Vorbild.
Direkt zu Beginn legt „Tattoo“ ordentlich vor: Eine junge Frau, der ein großes Stück hat am Rücken fehlt, rennt nackt durchs nächtliche Berlin. Auf einer Kreuzung wird sie angefahren und es kommt bei dem Unfall zu einer Explosion: alles halbwegs actionreich, man etabliert den düsteren Grundton des Films und zeigt schon in Ansätzen, worum es geht: Ein Killer, der seinen Opfer Tätowierungen vom Leib schnippelt.
Braucht man nur noch das Polizistenduo und das erinnert schon stark an „Sieben“: Der altgediente zynische Hauptkommissar Minks (Christian Redl) und der junge Kollege Marc Schrader (August Diehl). Schrader wollte eigentlich EDV-Dienst schieben, aber als er Minks bei einer Razzia in einer Disco mit Drogen in die Arme läuft, erpresst ihn dieser zur Mordkommission zu kommen.
Der Grund dafür ist simpel: Schrader kennt sich in der Jungendszene gut aus und hat Verbindungen. Gerade diese werden dringend benötigt, um weitere Spuren im Fall des Tattoo-Killers zu sammeln. Ein im Magen des Opfers gefundener Finger bringt Anhaltspunkte, aber hinter der Sache steckt mehr…
„Sieben“ stand ganz deutlich Pate für „Tattoo“, was man sowohl inhaltlich, vor allem aber stilistisch merkt. Düstere Optik, kaum Farben und Dauerregen dominieren den visuellen Eindruck des Films. Inhaltlich sind es hingegen eher Kleinigkeiten wie das ähnlich Polizistenduo oder ein Äquivalent zu berühmten Paketszene aus „Sieben“. Doch „Tattoo“ bringt auch eigene Ideen ein, wie z.B. das ungewohnte Hautsammlermilieu, weshalb er doch weitaus mehr als ein reiner Abklatsch ist.
Die Geschichte ist durchaus spannend, auch wenn man den Film in der Mitte etwas kürzer hätte fassen können. Denn man weiß, dass der Fall nicht schon so schnell geklärt sein kann und das der erste Verdacht falsch sein muss (schon allein wenn man auf die Laufzeit achtet); da könnte das Drehbuch schneller Zweifel bei seinen Ermittlern säen. Doch Längen gibt es nur wenige und gegen Ende kann der Film mit diversen recht überraschenden Twists punkten. Nur zum Schluss bleiben leider einige Fragen offen und man muss sich hier selbst einige zusammenreimen; da wäre ein weniger offenes Ende besser gewesen.
Überraschend böse ist der Ton des Films, vor allem in der zweiten Hälfte. Die Polizisten müssen herbe Schicksalsschläge einstecken, nicht alle Fieslinge werden bestraft, der finale Wutausbruch Schraders trägt so gut wie gar nicht zur Lösung des Falles bei usw. Auch der Schluss passt zu diesem Ton, denn man bekommt alles andere als ein Happy End. Leider konzentriert man sich zum Schluss auf die fiese Stimmung und lässt, wie gesagt, zu viele Fragen offen.
August Diehl und Christian Redl sind ordentliche Hauptdarsteller und harmonieren auch als ungleiches Team. Leider kann der Rest der Schauspieler nicht mit ihnen mithalten und auch wenn die Leistungen durchaus ganz gut sind, so sind sie doch eher Routine als hohe Schauspielkunst.
So bleibt ein unterhaltsamer Thriller aus deutschen Landen, der es aber nicht zum Genrehighlight schafft, da die „Sieben“-Anleihen doch stark auffallen und am Ende etwas zu viele Fragen offen bleiben.