(Spoiler inside)
Da soll nochmal einer sagen, die Deutschen könnten keine guten Thriller abliefern. "Das Experiment" war keine Eintagsfliege, wie Robert Schwentkes "Tattoo" eindrucksvoll unter Beweis stellt. Das farblose, verregnete Szenario ist natürlich David Finchers "Sieben" entliehen, dennoch vermag der Handlungsort Berlin mit seinen trostlosen Blockbauten und Underground-Locations genug Eigendynamik zu entwickeln, um nicht als reines Plagiat abgestempelt zu werden. Neben den höchst atmosphärischen Bildkompositionen kann "Tattoo" auch in Sachen Spannung voll überzeugen: Bis zum verblüffenden Schluss (Kenner erraten möglicherweise die Lösung schon früher) wird der Zuschauer an den heimischen Sessel gefesselt. Das Zusammenspiel zwischen Bild, Ton und Story funktioniert passagenweise schlicht perfekt!
Längen sucht man dankenswerterweise vergebens. Dies verdankt der Film neben seiner tadellosen Technik auch diversen Schockmomenten, zumeist in Form übel zugerichteter Leichen oder zumindest Teilen selbiger. Nichts für schwache Nerven, soviel sei verraten!
In darstellerischer Hinsicht gibts ebenfalls keinen Anlass zur Kritik. Vor allem Jungschauspieler August Diehl macht seine Sache richtig gut. Ungewöhnlich und gerade deswegen im positiven Sinne noch zu erwähnen: Der unerwartete Tod eines ebenso gross aufspielenden Hauptdarstellers (Christian Redl). Ein Moment, der unter die Haut geht - wie so manch andere Szene dieses klasse Filmes!
Was wäre wohl gewesen, wenn "Tattoo" vor "Sieben" erschienen wäre? Wahrscheinlich wäre Robert Schwentkes Spannungsbombe heute mit der Popularität des Fincher-Meisterwerkes gesegnet.
So bleibt "Tattoo" freilich ein wenig in dessen Schatten zurück, nichtsdestotrotz handelt es sich aber um einen absolut empfehlenswerten, zuweilen ziemlich rohen Hochspannungs-Thriller, der sich auch international keineswegs verstecken braucht!