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„Warum hasst du mich?“ – „Weil du einfach hässlich bist.“

Ein Dialog aus „Willkommen im Tollhaus“, gesprochen auf einer Mädchentoilette einer amerikanischen Junior-High-School, zeigt deutlich die Richtung, in die Todd Solondz’ Comebackfilm geht. Unverblümt zeigt er den Alltag eines pubertierenden Mädchens, das von der Natur nicht gerade mit äußerer Schönheit gesegnet wurde und ein beliebtes Angriffsziel für Verspottungen der Mitschüler ist.

Weil man einen Film von Solondz vor sich hat, kann man zudem sicher sein, dass der ungeschönte Stil bis zuletzt durchgezogen wird. Immer wieder wird Hoffnung geschürt, dass Dawn doch noch glücklich wird, aber jedes Mal wird man enttäuscht. Ihr Schwarm Steve serviert sie ab, ihr potenzieller Freund Brandon verschwindet von zuhause, ihre Schwester Missy taucht ohne ihre Hilfe wieder auf und sie bleibt auch nach einer Dankesrede das Gespött ihrer Mitschüler. Bekommt sie einmal Applaus, ist das nur ein Traum - der Albtraum ist ihr Leben und das bleibt über den Abspann hinaus so.

Solondz schafft es, den Zuschauer auf Dawns Seite zu ziehen, indem sie nur als Opfer ihrer Umgebung zeigt. Am krassesten fällt seine vernichtende Kritik an der amerikanischen Durchschnittsfamilie in einem typischen Vorort auf: Die Wieners sind die größten Spießer, die man sich nur vorstellen kann und vor allem die Mutter mutiert zur totalen Hassfigur, wenn sie die süße, kleine Missy in ihrem Ballettkostüm vertätschelt und Dawn befiehlt: „Sag deiner Schwester, dass es dir leid tut und dass du sie lieb hast.“ Solche Widerwärtigkeiten der Gesellschaft entblößt Solondz hier zuhauf, nicht ohne gleichzeitig humorvoll zu sein, denn der für ihn typische, gallige Witz ist allgegenwärtig.

Wer zum Schluss immer noch hofft, die Protagonisten würden die Gerechtigkeit erfahren, die ihnen zusteht, kann warten, bis er schwarz wird. „Willkommen im Tollhaus“ zeigt nicht die Wandlung vom hässlichen Entlein zur Königin des Abschlussballs, sondern die bittere Realität. Dass man darüber stellenweise sogar noch Schmunzeln kann, verdeutlicht Tolondz eindrucksvolle Fähigkeit, die Abgründe der heutigen Gesellschaft derart beißend zu karikieren, dass die außergewöhnlichsten Resultate dabei entstehen.

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