Die Gebrüder Wachowski sind Anime-Fans, wie sich schon an der „Matrix“-Trilogie ablesen ließ. Nun setzten sie die japanische Anime-Serie „Speed Racer“ für die Kinoleinwand um.
Rein optisch ist „Speed Racer“ dann neben „Hulk“ und „Sin City“ wohl der Realfilm, der am nächsten an die Ästhetik eines Comics herankommt. Schon zu sehen in den ersten Szenen, in denen Held Speed Racer als kleiner Junge im Unterricht von Rennen träumt und „Speed Racer“ dies so visualisiert, dass er in einem mit Bleistiftstrichen gezeichneten Rennwagen durch eine ähnlich gezeichnete Landschaft brettert. So wird es dann auch weiter gehen: Schnelle Bildwechsel, ausgefallene Überblendungen und Einschiebungen im Minutentakt usw.
Auch bei der Namensgebung ist „Speed Racer“ ganz klar Anime: Der Held heißt tatsächlich Speed Racer, seine Eltern kennt man nur als Mom (Susan Sarandon) und Pops Racer (John Goodman), weitere Figürchen hören auf Namen wie Racer X, Inspector Detector oder Snake Oiler. Zum jungen Mann heran gereift fährt Speed (Emile Hirsch) jedenfalls Rennen für den familieneigenen Stall, der jedoch vor Jahren den Unfalltod seines älteren Bruders hinnehmen musste.
Tatsächlich hat Speed Erfolg, doch bald lernt er die Schattenseiten des Ruhmes kennen: Teams versuchen ihn zu kaufen und für sich zu gewinnen – andernfalls droht man damit ihn zu sabotieren und unlautere Mittel zu benutzen...
„Speed Racer“ ist wirklich das filmische Äquivalent zu einem Anime – mit all dessen Stärken und Schwächen. Erstere liegen wie bereits erwähnt vor allem im visuellen Bereich, denn so konsequent wie „Speed Racer“ die bonbonbunte, absurde Comicoptik durchzieht, das ist schon mutig. Bei den Figuren geht es weiter und nicht nur bei deren Namen: Fieslinge erkennt man direkt an schrägen Frisuren und schlechten Zähnen, die Sympathieträger sind stets auf knuffig getrimmt.
Die ersten Problem tun sich dann aber im Scriptbereich auf, denn was bei den Folgen einer Vorabendserie funktioniert, das muss nicht bei 135 Minuten Spielfilm funktionieren. Der dünne Mainplot von „Speed Racer“ taugt sogar überraschend gut, weit weniger hingegen die Versuche von Subplots: Wie es bei Familie Racer so läuft und wie sich Speed gerade mit Freundin Trixie (Christina Ricci) verträgt, das ist dem Zuschauer wirklich schnuppe. Nur der Handlungsstrang um den toten Bruder kann da noch punkten.
Problem Nr. 2 liegt im Humor begründet, der zwischen der absurden japanischen Komik und Kinderklamauk liegt – schließlich soll „Speed Racer“ nach Aussagen der Wachowskis ja ein Familienfilm sein. Also turnt Speeds jüngerer Bruder stets in Begleitung eines menschelnden Schimpansen herum, futtert Süßigkeiten und macht jede Menge Blödsinn – als Identifikationsfigur für die Kleinen wohl lustig genug, für den erwachsenen Zuschauer leider meist ein Graus.
Der Freund handgemachter Action muss „Speed Racer“ mit Vorsicht genießen, eine bodenständige Klopperei gibt es gar (leider auch eine zweite, auf comichafte getrimmte). Die meisten Action machen die nur aus überladenem CGI bestehenden Rennszenen aus – und diese funktionieren überraschend gut. Zwischendurch fühlt man sich ob des Spektakels etwas übersättigt, doch insgesamt sind die Comic-Actionszenen so umgesetzt, wie man es sich bei einer derartigen Vorlage wünschen kann.
Angesichts der vollen Visual-Breitseite gehen die Darsteller alle etwas unter: Emile Hirsch ist halt der Milchbubi, Christina Ricci erkennt man mit ihren Anime-mäßigen, auf groß geschminkten Augen kaum und auch Edel-Support wie Susan Sarandon, John Goodman oder Hiroyuki Sanada kann da kaum Akzente setzen. Da „Speed Racer“ in Postdam-Babelsberg gedreht wurde, darf der cineastische Lokalpatriot über ein erhöhtes Aufkommen deutscher Darsteller jubeln. Tatsächlich hat aber nur Benno Fürmann als Inspector Detector eine größere Rolle, Ralph Herforth, Jana Pallaske und Cosma Shiva Hagen nimmt man am Rande wahr und die Auftritte von Moritz Bleibtreu dauern insgesamt vielleicht 20 Sekunden.
Unterm Strich bleiben gemischte Gefühle, denn „Speed Racer“ ist im Grunde das, was er sein möchte: Anime auf der großen Leinwand und in real. Leider hat der Stoff den Wechsel zu diesem Medium nicht unbeschadet überstanden, die Kinderkomik und die Plotschwächen stoßen übel auf. Das ist schade, denn rein visuell ist „Speed Racer“ wirklich extravagant und hat zudem den Mut seinen Stil konsequent durchzuziehen.