Review

„Farmhouse“, seines Zeichens ein angenehm clever gestrickter und über weite Strecken geradezu teuflisch unterhaltsamer Horror-Thriller, der auf inspirierte Weise mehrere Genres miteinander verbindet sowie überdies mit einer ganzen Reihe dramatischer und psychologischer Komponenten angereichert daherkommt, markierte 2008 die zweite Kollaboration zwischen Drehbuchautor Daniel P. Coughlin und Regisseur George Bessudo, welche zuvor gemeinsam den relativ missratenen Streifen „Lake Dead“ (einer der „8 Films to die for“ 2007) realisiert hatten. Vorliegend ist ihnen allerdings das kleine Kunststück gelungen, aus verschiedenen altbekannten Versatzstücken ein weitestgehend stimmiges Werk zu kreieren, welches (dennoch) verhältnismäßig „frisch“ anmutet und alles in allem (u.a. daraus resultierend) die Mehrheit des nicht nur rein nach Guts&Gore oder einem möglichst stumpfen Zeitvertreib gierenden Publikums vernünftig zufrieden stellen sollte…

Dem tragischen Tod ihres Sohnes im Säuglingsalter folgend, welcher zuvor behindert auf die Welt gekommen war, wollen Scarlet (Jamie Anne Allman) und Chad (William Lee Scott) ihr altes Leben komplett hinter sich lassen, weshalb sie all ihre Möbel verkauft oder verschenkt haben und nun von San Diego aus nach Seattle hin aufbrechen, um dort einen vollständigen Neubeginn anzugehen. Nach über acht Stunden Fahrt geschieht es jedoch, dass Chad für einen kurzen Moment hinterm Steuer einnickt, im Zuge dessen ihr Wagen von der Straße abkommt, sie einen Telefon-Verteilerkasten rammen und schließlich in einem Graben zum Stillstand gelangen. Glücklicherweise nicht wirklich schwer verletzt, sondern körperlich nur etwas angeschlagen, müssen sie im Anschluss allerdings feststellen, dass sie sich in einer ziemlich spärlich besiedelten Region Kaliforniens befinden – mit nicht viel mehr als Weinanbauflächen in der bergigen Landschaft um sie herum, rund 30 Meilen von der am dichtesten gelegenen Stadt entfernt…

Kurz vor Einbruch der Dunkelheit entdecken sie jedoch (zu ihrer Erleichterung) ein Landhaus auf einem der schönen Weingüter in ihrer Nähe, dessen Besitzer – der Winzer Samael (Steven Weber) und seine reizende Frau Lilith (Kelly Hu) – ihnen sogleich auch gastfreundschaftliche Hilfe anbieten, u.a. in Form einer warmen Mahlzeit, eines Testens der vortrefflichen Qualität ihres alkoholischen Naturprodukts sowie einer Schlafgelegenheit für die Nacht, da der Tag für eine Fahrt zur nächsten Werkstatt bereits zu fortgeschritten ist. Einige Stunden später werden Scarlet und ihr Mann allerdings ebenso jäh wie unsanft aus ihrer einigermaßen gefundenen Ruhe herausgerissen, als sie sich (nach dem Erwachen aus einer ihnen zugefügten Bewusstlosigkeit) auf einmal gefesselt in einem Raum des Obergeschosses wiederfinden, wo Lilith und Samael ihnen einen ersten Blick hinter ihre (ihnen bislang präsentierte) „Fassade“ gewähren: Eine Sachlage, die nahtlos in eine Kombination aus Angst, Schmerz und Folter übergeht sowie fortan bis in die frühen Morgenstunden andauert – und trotzdem erst den Anfang ihres eigentlichen Martyriums kennzeichnet…

„Farmhouse“ ist einer dieser Filme, die innerhalb ihrer Entfaltung eine gewisse Evolution (sowohl stilistischer als auch inhaltlicher Natur) durchlaufen und dabei aus genau dieser kontinuierlich voranschreitenden Entwicklung, inklusive diverser Schlenker und Überraschungen entlang des Weges, ein nicht unerhebliches Maß ihrer Stärke sowie ihres umfassenden Reizes generieren. Eröffnet wird in Gestalt eines Neugier-erweckenden Prologs, angesiedelt in Scarlet´s Kindheit während der Trauerfeier für ihren verschiedenen Vater, bevor der Zeitsprung in die Story-Gegenwart vollzogen wird sowie uns (den Zuschauern) die beiden Haupt-Protagonisten der nun anbrechenden Geschichte „vorgestellt“ werden – und das unmittelbar nach dem Passieren eines zentralen Scheidepunkts in ihrem vereinten Leben. Aus ihren Blicken, Gesten und Formulierungen lässt sich leicht erkennen, dass ihre Ehe in Scherben liegt – und das aufgrund so einiger gravierender Faktoren, die noch über den Tod ihres Sohnes hinausgehen, wie sich infolge dessen (schrittweise) herausstellt. Was kann für Eltern schrecklicher als der Verlust ihres Kindes sein? Diese Frage findet im anschließenden Verlauf ihre Beantwortung: Zuerst im Rahmen von Andeutungen, dann in ausgesprochenen Worten – und letzten Endes sogar auch verbildlicht in den finalen Sekunden vor Anbrechen des Abspanns, welche einem unweigerlich im Gedächtnis haften bleiben…

An der ganzen Art, wie Scarlet mit Chad umgeht, also anhand ihrer Reaktionen sowie ihres generellen Verhaltens ihm gegenüber, merkt man annähernd augenblicklich, dass sie ihm für etwas Entscheidendes die Schuld gibt – um was genau es sich dabei handelt, offenbart der Film erst nach und nach, hält somit die Spannung auf dieser Ebene bzw. in dieser speziellen Hinsicht lange dienlich aufrecht. Eingangs bin ich mit der Darbietung William Lee Scotts („Identity“/„the Butterfly Effect“) nicht so richtig „warm“ geworden, u.a. weil er in einzelnen Momenten ein wenig hölzern wirkt und außerdem ein irgendwie gewöhnungsbedürftiges Gebärdenspiel an den Tag legt, doch stellt man mit der Zeit immer stärker fest, dass sein Part nunmal der einer tendenziell „schwachen“ (fast schon jämmerlichen) Person ist, weshalb sein Auftritt Schrägstrich Gebaren unterm Strich doch relativ anständig passt – wohingegen Jamie Anne Allman (TV´s „the Shield“/„Prairie Fever“) durchweg eine rundum überzeugende Performance abliefert…

Dem inzwischen altbekannten Genre-Archetypus entsprechend, „strandet“ das Pärchen durch den Unfall inmitten einer abgelegenen Region – und das natürlich ohne Empfang für ihre Mobiltelefone, was in einer solchen Gegend allerdings keineswegs per se als „unrealistisch“ einzustufen ist. Zu ihrem „Glück“ befindet sich jedoch ein gepflegtes wie durchaus einladendes Weingut nahebei – und dass der dortige Festnetz-Telefonanschluss nun ebenfalls nicht funktioniert, wird (absolut logisch) mit Chad´s Rammen des Verteilerkastens am Straßenrand erklärt. Lilith und Samael sind zwar geringfügig eigenwillig, nichtsdestotrotz aber kultiviert, freundlich und entgegenkommend. Selbstverständlich ist sich das Publikum bereits an dieser Stelle (vornehmlich aus seiner „cineastischen Vorerfahrung“ heraus) völlig im Klaren darüber, dass die Zwei irgendein dunkles Geheimnis zu verbergen haben – und das nicht nur, weil er den taubstummen Hilfsarbeiter Alal (der solide agierende Newcomer Nick Heyman in einer Schlüsselrolle) nicht unbedingt gebührlich behandelt, sie sich Chad recht verführerisch annähert, merkwürdig viele Bilder unterschiedlicher „Gäste“ die Wände zieren, sie den Übernachtenden nur getrennte Betten anbieten oder eine Reihe seltsamer Geräusche und Lichtscheine ihren Ursprung in der gegenüberliegenden Scheune haben…

Bis zu dem Moment, in welchem Lilith und Samael schließlich ihr „wahres Gesicht“ zeigen, vergehen 37 (ansprechend stimmige sowie ersprießlich fürs Legen des Story-Fundaments genutzte) Minuten, die für so manch einen „nur nach grob gestrickter Horror-Kost lechzenden Konsumenten“ vermutlich aber eine zu ausgedehnte Zeit markieren dürften – egal, denn für die ist der Streifen ohnehin nie gedacht gewesen, zumindest (definitiv) nicht in erster Linie. Was dann allerdings anbricht, ist ein unverkennbar vom zuletzt ja sehr beliebten „Torture Porn“-Trend geprägter Akt, in dem zum Beispiel eine Apparatur Verwendung findet, an der eine bedauernswerte Person (festgeschnallt) kopfüber in ein mit Wasser gefülltes Gefäß hinabgelassen wird, ebenso wie eine handelsübliche Käsereibe, mit der Lilith in einer Szene zwei Kniee „bearbeitet“ – und das ziemlich ausgiebig, was eine verdammt ungemütlich mit anzusehende Folter-Prozedur ergibt. Später vervollständigen u.a. noch ein herausgeschnittenes Auge und eine aufgeschlitzte Kehle die Liste der gebotenen Grausamkeiten – doch wurden diese Elemente vorliegend keinesfalls plakativ, sinnentleert oder übermäßig aufdringlich eingesetzt, sondern stärken und unterstreichen (stattdessen) bestimmte Aspekte der Handlung auf eine weitestgehend inspirierte Weise…

Sichtliche Spielfreude aufbietend, verkörpern Kelly Hu („X-Men 2“/„Undoing“) und Steven Weber (TV´s „Wings“/„Stephen King´s The Shining“) die brutal-sadistischen Peiniger von Scarlet und Chad vortrefflich: Beide sind sie glaubwürdig und dominieren ihre jeweilige Screen-Time – wobei er seinem Part einen gewissen schwarz-humorigen Touch injizierte, während sie ihren mit einer reizvoll-verführerischen Note versah. Erst weit im letzten Drittel wird die Wahrheit über ihre Hintergründe und inneren Antriebe preisgegeben – in ihrer Gänze gar erst kurz vorm Schluss, parallel mit dem Offenbaren der ersten Hälfte eines gravierenden (überaus düsteren) Twists, welcher eine komplett neue Sachlage zutage fördert, an der sich die Geister mit absoluter Sicherheit heftig scheiden werden. Mag die konkrete Umsetzung der betreffenden Gegebenheiten tatsächlich in die Kategorie „Geschmacksache“ fallen, gefiel mir dagegen sowohl die grundlegende Idee dahinter als auch ihre Einbindung in den Kontext restlos – schlichtweg weil sie gleichermaßen überraschend wie originell daherkommt und (unterm Strich) geradezu ausgezeichnet funktioniert. Speziell bei einer rückwirkenden Betrachtung ergeben die vielen (überwiegend diskret eingebundenen) Anspielungen und Gleichnisse allesamt einen nachvollziehbaren Sinn, schließen sich die vermeintlichen Plot-Löcher und vollendet sich das Gesamtbild – genau so, wie es (eigentlich immer) sein sollte…

Eine weitere (massive) Stärke von „Farmhouse“ stellt die hervorragende Verwendung etlicher Flashbacks dar, welche regelmäßig (alle paar Minuten) in den Verlauf integriert wurden und schrittweise Chad´s und Scarlet´s Backstory aufzeigen – und das in chronologischer Form bis kurz vor dem Punkt in ihrem Leben, an dem der Film einsetzt. Stück für Stück erfährt der Zuschauer vom vollen Umfang ihrer Sorgen und Probleme – wie dass Chad eine hohe Summe Wettschulden bei einigen zwielichtigen Gestalten abzuzahlen hatte, die ihrerseits irgendwann einen „Eintreiber“ einschalteten, welcher selbst nicht davor zurückschreckte, der schwangeren Scarlett aufzulauern und diese vehement einzuschüchtern, um der Forderung seines Auftraggebers Nachdruck zu verleihen. Als sie im Zuge einer dieser „Begegnungen“ (wegen ihm) gar unglücklich stolpert, hat dies eine „Schädigung“ des Kindes zur Folge, welches später dann behindert geboren wird. Bis hin zum Tode ihres Sohnes wird das Paar fortan mit diversen zehrenden Belastungen und harten Entscheidungen konfrontiert – worauf am Ende jenes „Abschnitts“ der angestrebte Versuch eines Neubeginns ansteht, mit dem das Werk ja (vom Prolog mal abgesehen) eröffnet. Trotz der ständigen Wechsel zwischen der Gegenwart und Vergangenheit bleibt der „Flow“ immerzu glatt und straff: Die einzelnen Übergänge muten keineswegs holprig an, sondern wurden gut durchdacht und passend arrangiert, während die Rückblenden an sich sehr interessant sind, sie die zwei Protagonisten mit einer deutlich ausgeprägteren „Tiefe“ versehen und parallel dazu als zusätzliche Suspense-Quelle fungieren (z.B.: Stehen Lilith und Samael etwa irgendwie mit den Leuten in Verbindung, mit denen sich Chad damals eingelassen hatte?). Je weiter die Story voranschreitet, desto besser bzw. klarer lassen sich die einzelnen „inhaltlichen Puzzlestücke“ einander zuordnen…

Obgleich mit eingeschränkten finanziellen Ressourcen realisiert, verfügt dieses von Regisseur Bessudo gediegen in Szene gesetzte B-Movie u.a. über ein ansprechendes Produktions-Design, eine gelungene Kameraarbeit des Cinematographers Tim Hudson („the Winged Man“) sowie über einen tollen Score Mark Petries („Valley of Angels“), welcher die düsteren Bilder und transportierten Gefühlslagen vorzüglich (ergänzend) untermalt, ohne dabei je einen vordergründigen Eindruck heraufzubeschwören. Zwar gibt es einige Dinge (vorrangig im finalen Akt), die man anders oder auch besser hätte machen können – doch speziell in Anbetracht der Rahmenbedingungen bin ich der Meinung, dass man gerade in jener Hinsicht insgesamt relativ viel aus verhältnismäßig wenig zu generieren vermochte, weshalb ich kleinere Schwachstellen keineswegs irgendwie unnötig gewichtig auf die betreffende Waagschale legen möchte. Schön unheilschwanger von der Atmosphäre her sowie auf einem ebenso findigen wie abwechslungsreichen Konzept basierend, hat mich das Gebotene jedenfalls über seine volle Laufzeit hinweg anständig unterhalten können. Das Skript der Drehbuchautoren Jason Hice („Hotel California“) und Daniel P. Coughlin („Leave“) verlässt sich in erster Linie nicht bloß auf das Grauen und die Gewalt, sondern nimmt sich stattdessen eine Menge Zeit für seine Figuren und deren Beweggründe, kommt überraschend mehrschichtig daher und wartet mit verschiedenen Ansätzen auf, zu denen sich das Publikum seine individuellen Gedanken machen kann – und selbst wenn man schon vor dem Ende die umfassende Wahrheit bzw. zweite Hälfte des „Twists“ vorauszusehen vermag, entlässt einen die ungemein kraftvolle Schluss-Sequenz, welche eben diesen Sachverhalt noch einmal aufzeigt, mit ganz bestimmten Emotionen versehen in den Abspann…

Fazit: In unterschiedlichen Belangen und Bereichen hat mich „Farmhouse“, von seinem kurzweilig-gefälligen Entertainment-Faktor bis hin zu seinem als „Geschmacksache“ zu wertenden Ausklang, an die 2008er Veröffentlichung „Babysitter Wanted“ erinnert: Auf clevere wie inspirierte Weise verknüpfen beide Filme diverse bekannte Versatzstücke und Archetypen des Genres miteinander zu einer überaus reizvollen Einheit, welche sich positiv aus der umfangreichen Masse artverwandter Projekte abhebt. Ergiebig gespielt, achtbar ausklügelt, stimmig umgesetzt sowie die beste Einbindung multipler Flashbacks in einen Verlaufsfluss seit langem aufweisend, kann (und möchte) ich diesem sich unüberstürzt entfaltenden sowie glücklicherweise nicht primär auf das Aufzeigen von Brutalitäten abzielenden dramatischen Horror-Thriller (unabhängig kleinerer Makel) abschließend nun also eine rundum solide Empfehlung aussprechen…

„7 von 10“

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