Der Eisverkäufer verlässt den Saal, das Licht geht aus, die Spannung steigt und dann... ist es endlich soweit und der Vorspann mit dem Lucasfilm Logo erscheint auf der Leinwand, begleitet von leichtem Jubel, klatschenden Zuschauern und dem Gefühl, nach über 19 Jahren Indy-loser Zeit endlich wieder den peitschen schwingenden Mann mit dem obligatorischen Hut zu sehen. Die Vorfreude war dementsprechend groß und, um es vorweg zu nehmen, ich wurde nicht enttäuscht von dem, was Produzent George Lucas und Regisseur Stephen Spielberg erstellt haben - einen guten Nachfolger eines der erfolgreichsten Filmabenteuers aller Zeiten.
Es ist mittlerweile 1957, die bösen Nazis gibt es nicht mehr und somit muss ein anderer Gegenspieler her, der ein sagenumwobenes Artefakt - in diesem Falle den Kristallschädel des Königreiches - für seine Zwecken nutzen und damit Profit schlagen will. Und wer eignet sich, als waschechter Amerikaner, dafür besser als der böse Russe, jahrelanger Intimfeind des selbst ernannten mächtigsten Landes der Welt, in Form einer russischen Agentin, gespielt von Cate Blanchet. Was diese allerdings an schauspielerischen Leistungen zeigt, hat mich doch ein wenig enttäuscht, da sie sich zwar Mühe gibt, die russische Agentin glaubwürdig zu verkörpern, dabei aber oftmals ins klischeehafte Abrutscht und an manchen Stellen übertrieben wirkt. Ganz anders dagegen bei Harisson Ford, über den vorher ja ausgiebig diskutiert wurde, ob er überhaupt in der Lage sei, seine Paraderolle als Doktor Jones mit seinen 65 Jahren noch überzeugend und nicht altbacken zu spielen - und das gelingt ihm mit Bravour. Zudem nimmt er sich gelegentlich selber aufs Korn und macht Andeutungen und Sprüche, die auf sein Alter zielen. Das macht ihn nur sympathisch und passt insgesamt gut zum vierten Indiana Jones.
Ebenso Shia LeBeoff, der mich auch schon in Transformers überzeugte, und auch hier eine passable Leistung abliefert, auch wenn er an Harisson Ford nicht heran reicht. Was vor allem aber wichtig ist, ist die Tatsache, dass er nicht versucht, den großen Indy mit seinen jugendlichen Sprüchen, viel Klamauk, Albernheit oder Aufmüpfigkeit zu übertrumpfen, sondern sich stets geschlossen hält und eher zurückhaltend agiert und in einigen Szenen sogar noch etwas von dem Altmeister lernen kann (z.B. in der Szene in den Ruinen).
Einzig Karen Allen wirkt insgesamt etwas deplaziert und passte nicht so recht ins Bild. Zu unglaubwürdig spielt sie ihre Rolle, wirkt in einer Liebesszene inmitten der Gefangenschaft auf einem Laster der Russen sogar leicht lächerlich, sodass man hier wohl besser auf ihre Reaktivierung hätte verzichten, das Drehbuch umschreiben oder die Rolle einfach andersweitig hätte vergeben sollen. Eine unbekannte Jugendliebe, aus der Indys Sohn hervorgeht wäre vielleicht eine bessere Alternative gewesen.
Das Tempo des Film ist straff und gut erzählt, zu keinem Zeitpunkt hat sich bei mir Langeweile aufgetan oder mich das Gefühl beschlichen, dass ich enttäuscht bin vom neuen Indiana Jones Teil. Trotz seiner Laufzeit von über 120 Minuten hatte ich auch gegen Ende des Films nicht das Gefühl, dass er so lange dauert, da immer etwas passiert und selten bis nie Leerlauf entsteht. Auch die Musik ist wieder hervorragend und reiht sich gut ins Gesamtbild ein, wobei das Indy Theme meiner Meinung nach sowieso eine der besten (Titel)Melodien aller Zeiten ist.
Der Humor ist ebenso gut in Szene gesetzt, auch wenn ich von einigen Leuten gehört habe, dass es teilweise zuviel des Guten war und leicht ins Klamauk abrutschte, so finde ich dennoch, dass Spielberg hier einfach auf das Erfolgsrezept der Vorgänger zurückgegriffen hat, die sich ebenfalls diesem Element bedienten und damit Erfolg hatten. Sei es nun die Diskussionen und Wortgefechte zwischen Indy und seinem (Achtung Spoiler) Sohn, der Szene mit den Russen im Lokal oder den Lachern, die zwischendurch immer gezielt aber nie übertrieben eingeworfen werden - es passt. Klasse war auch die Anfangsszene, bei dem Hut nur schattenhaft dargestellt, natürlich untermalt von der klassischen Indiana Jones Melodie und man sofort wusste, dass gleich der große Auftritt von H. Ford stattfindet, was, zumindest bei mir, Gänsehaut erzeugte.
Wie es sich für einen Indiana Jones gehört, ist natürlich auch Action vorhanden und kommt auch hier nicht zu Kurz. In regelmäßigen Abständen gibt es Handgemenge, kleinere Kämpfe, wilde Verfolgungsjagden und all das, was den Reiz dieser Abenteuerreihe ausmachte. Gerade die Motorrad vs. Auto Szene pder die Flucht vor den Russen mag hier zu gefallen.
Leider gibt es hier aber auch ein wenig Kritik, denn die vorher von Spielberg getätigte Aussage, dass man kaum auf CGI Effekte zurückgreift und vieles lieber handgemacht erstellt, trifft nicht immer auf den Film zu. Zudem sind die Effekte dann auch nicht unbedingt sonderlich überragend, sondern eher guter Durchschnitt, wenn man sich die Verfolgungsjagd im Dschungel, die Ameisen oder den Klippensprung des Autos in den Baum anschaut. Hier wäre weniger mehr gewesen und hätte den Flair alter Indy Teile womöglich besser herstellen können.
Ebenso übertrieben wie unnütz war die Szene mit dem Atomgelände und dem Kühlschrank, auch wenn ich, zugegebenermaßen, mich unterhalten gefühlt habe und schmunzeln musste, als Indy aus dem Kühlschrank ausstieg und in unnachahmlicher Manier seinen Hut nahm.
Das Ende hingegen deutet sich zwar im Verlaufe des Films an, doch hier wäre weniger wahrscheinlich mehr gewesen, da ich die Endszene mit dem Ufo doch als recht übertrieben empfand und man hier mit Sicherheit auf subtilere Art und Weise ein besseres Ergebnis hätte erzielen können. Mystische Elemente gehörte zwar schon von jeher zur Indy Reihe, aber waren bei den anderen 3 Teilen nicht so pompös und überladen dargestellt worden. Wenn dieser Film eine wirkliche Schwachstelle hat, ist es für mich diese.
Alles in allem war ich jedoch sehr zufrieden mit dem, was Lucas/Spielberg/Ford mir präsentiert haben - einen guten Nachfolger, der sich nahtlos in die Reihe einreiht und mit allen Erfolgselementen der Vorgänger aufwartet, auch wenn Ford/Lebouff nicht an das Duo Ford/Connery aus Teil 3 heranreicht. Sicher nicht der beste Indiana Jones Teil, aber eben auch nicht der schlechteste - wobei man von "schlecht" bei dieser Reihe eigentlich garnicht sprechen kann, da jeder Teil für sich eine kleine cineastische Perle ist.