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Knapp zwei Jahrzehnte hat es gedauert, bis der Mann mit dem Hut und der Peitsche aus dem Sonnenuntergang zurück kehrte, was man einerseits so deuten kann, daß hier nach gebotener Zeit endlich mal wieder mit einer alten Franchise ein seliges Cash-In gemacht werden soll oder andererseits dem „tongue-in-cheek“-Humor von ein paar angejahrten Kumpels zuschieben kann, die andere an dem Fun und den heutigen Möglichkeiten noch einmal teilhaben lassen wollen.

Die Geschichte von einer weiteren Fortsetzung des „Indiana Jones“-Mythos ist so lang und kompliziert, daß man sie kaum noch wahrheitsgemäß nachvollziehen kann, letztendlich wären alle Beteiligten jederzeit bereit gewesen neue Filme zu drehen, doch während Spielberg den Regiestuhl besetzt, hat auch Onkel George Lucas die Produzentenfäden in der Hand und der segnete Ewigkeiten lang kein Skript mehr ab, so daß alle langsam aber sicher in die Jahre kamen.

Das führte dazu, daß man jetzt unseren Helden so bewundern kann, wie die Umstände in Hollywood selbst inzwischen geraten sind: die Whizkids Lucas und Spielberg sind gestandene Männer, ebenso reich wie angesehen, die sich eigentlich nichts mehr beweisen müssen, außer vielleicht, daß sie es immer noch drauf haben, den jungen Wilden mal zu zeigen, wo Bartel den Boxoffice schubkarrenweise einfährt. Das gilt auch für den „most valuable player“ der 80er, Harrison Ford, der nicht nur an den Schläfen grau geworden ist und vielleicht auch mal wieder irgendwo anschaffen möchte, wo man ihn im Anschluß daran auch noch für anlächelt.

Ergo rückt die neue Jones-Story in die Zeit des kalten Krieges, Mitte der Fünfziger, in denen Ford seine Krähenfüße mit Würde und Ironie tragen kann und die Standardnazis gegen ebenso klischeehafte Russen eingetauscht werden können. Darüber sollte man erst gar nicht mosern, denn der Serialcharakter der Filme ist auf solche Grobzeichnungen nun mal abgestimmt.

Von Anfang an atmet der Film eigentlich nostalgischen Wiedersehensatem, Rekapitulation mit einem netten Augenzwinkern und der Möglichkeit zu einer neuen Form der Staffelübergabe. Dazu hat man alles aufgeboten, was Fans an der ersten Trilogie lieben, einen mythisch-übernatürlichen McGuffin, Marion Ravenwood als alten Love Interest (aus „Raiders“), einen Jungspund namens Mud, der sich als Teenagerversion an die Jüngeren verkaufen läßt und sich als Sohnemann entpuppt, schön grobschlächtige Feinde und jede Menge Krabbelgetier rund um Gräber, Relikte und Gelehrte.

Schon die Startsequenz in dem Geheimlager der Regierung läßt das Fanherz höherschlagen, denn seit der Einlagerung der Bundeslade in der Schlußszene von „Raiders“ wollte man mehr davon sehen, was hier so unter Verschluß gehalten wird – und prompt hat die goldene Tupperdose für die zehn Gebote auch einen Gastauftritt, während die Russen eher an einem magnetischen Kristallschädel interessiert sind, den man sich frechweg aus dem Roswell-Absturz entliehen hat und natürlich ungeheure Macht ermöglicht.

Neben den üblichen Uni-Kontrasten geht’s dann auch bald in die Vollen, die Schatzsuche nimmt ihren Lauf, die Russen sind überall, das Jüngelchen hats voll drauf und kann doch vom alten Mann noch einiges lernen, ein Kollege wird vermißt und der Zweite ist zumindest zwiespältig in seinen Absichten. Im Wesentlichen setzt Lucas aber auf Drive und Action, das Meiste davon nicht komplett unwahrscheinlich, aber immer das entscheidende Quentchen over the top. Das Überleben einer Atomexplosion in einem bleigefütterten Kühlschrank, der kanonenkugelhaft durch die Wüste poltert, ohne 250 Knochenbrüche zählt sicher nicht dazu, einige Albernheiten der unwahrscheinlichen Art hatte man ähnlich aber schon im „Temple of Doom“ (siehe: Fall aus einem Flugzeug im Gummiboot).

Am geschicktesten ist der Film, wenn er die Action beständig mit Ironie mischt und das Ikonenhafte flott betont – und weil alle mit offensichtlichem Spaß bei der Sache sind, fliegt der Film in den ersten zwei Dritteln nur so dahin, obwohl man sich etwas mehr Abwechslung bei den Locations dann doch gewünscht hätte.

Doch der Altherrenspaß geht leider im letzten Drittel dann doch noch in die Knie, als Lucas offensichtlich der Meinung war, mehr und schneller wäre auch gleichbedeutend mit besser.
Zwar ist die Hinwendung zum Thema Aliens genauso cheesy wie die übernatürlichen Bibelmotive der anderen Filme, dennoch hatten die anderen Beiträge meistens immer eine moralische Basis oder fanden ihre Rechtfertigung im kompletten Film – hier erhebt sich über dem Finale ein riesiges Fragezeichen. In einem Raum voller Alienfiguren, die relativ überraschungsarm wie die üblichen grünen Männchen aussehen, erhebt sich die Frage, was das alles denn nun soll. Weder wird die zu erringende Macht besonders genau definiert (auch wenn es offenbar um das Wissen ums Universum geht), noch führt das Finale zu einer Art der Entscheidung, die den Menschen an sich berührt.

Was wollten die Aliens, wozu waren sie hier und was bringt Jones der ganze Plot, Erkenntnisse gibt es wenig, denn Lucas klotzt, statt zu garnieren, haut den ganzen mysteriösen Aufbau auf die Schnelle effektvoll wieder zu Klump und schafft ein paar ordentliche Schauwerte, die aber leider kaum aufregend wirken und letztendlich in den Figurenkonstellationen auch ohne jede Überraschung dargeboten werden.
Die Russen sind am Ende böse, der ambivalente Ray Winstone scheitert an seiner Gier, die Liebenden finden endlich zusammen und warum sich John Hurt als durchgeknallter Archäologe durch den Film lallt (und vorher als einziger das Drehbuch lesen wollte, was nicht eben für ihn spricht, denn er nahm die Rolle trotzdem), ist ein gigantisches Rätsel.

Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, daß Lucas mehr an den nostalgischen Szenen interessiert war, den Wiedersehen mit Marion, den Enthüllungen über die Familienverhältnisse und der wirklich träntreibenden Szene, in der Jones bedrückt Abschied von Marcus Brody und seinem verstorbenen Vater nimmt und ein ernüchterndes Resume für sich zieht.

Nur einmal beweist Lucas wirklich Mut, nämlich am Schluß, als der Bund der Ehe dann doch noch geschlossen wird und die Staffelübergabe in Form des durch die Kirche wehenden Hutes nahe scheint. Aber davor schreckt der alte Jedi dann doch zurück und läßt den alten Mann seine Trophäe zurücknehmen – vielleicht geht da ja doch noch was im Königreich des Pulps und man soll nie nie sagen.
Das schafft dann einen halbwegs runden Abschluß für einen Film, der unter seiner eigenen Geschwindigkeit und einigen Albernheiten (schlecht animierte Freßameisen, eine überflüssige Tarzanhommage) fast erdrückt wäre, aber alles in allem dann doch eher der schwächste der vier Filme ist.
Aber genauso gut könnte er ein annehmbarer Auftakt zu neuen Taten sein und schlußendlich hat man schon viel Mechanischeres gesehen als diesen Sommerblockbuster. Was kann denn schöner sein, als ein Aufstand alter Männer, die es noch draufhaben? Eben! (7/10)

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