Review

Dr. Jones, sie sind alt geworden. Zeit für die Rente!

ACHTUNG: Das Review enthält einige Spoiler zur Story.

Schon vor langer Zeit wurde ein weiterer Indiana Jones Film angekündigt, wieder verworfen, erneut aus der Versenkung gezogen, verschoben... ich wollte an eine Fortsetzung nur noch glauben wenn sie auch wirklich im Kino spielt. Nun hat es Indy tatsächlich nochmal auf die Leinwand geschafft. Was habe ich mich gefreut doch noch einen Indiana Jones im Kino sehen zu dürfen.
Da saß ich nun im Kino, die Werbung ist vorbei und der Hauptfilm beginnt. Doch was ist das? Da erscheint der Titel des Films in schwarzer Schrift. Wo ist das alte Logo hin? Gibt es heute keine rote und gelben Farben mehr? Allein hier verspielt die Fortsetzung bereits seinen Bonus. In welchem Film sitze ich hier? Indiana Jones? Sieht aber irgendwie anders aus. Und das sollte sich auch in den folgenenden Minuten kaum verändern, denn der fulminante Beginn mag zwar einerseits mitreißend sein, ist aber ebenso unpassend.

Nun gut, der Beginn ist vorbei, der Erkennungswert der alten Charaktere gegeben. Der Soundtrack ist noch genauso stimmig wie früher, so langsam strukturiert sich auch die Story und es wird ein wenig actionreicher. Schauplätze verändern sich, ein Handy einer Zuschauerin klingelt, welche tatsächlich auch noch dran geht, was zwar eine äußerst gelungene aber auch sehr störende Abwechslung darstellt, ein paar neue (alte) Charaktere kommen hinzu, Familienverhältnisse klären sich, die Bösen werden durch ein paar Special-Effects Ameisen dezimiert, das Finale erfolgt, alles wird gut, Abspann.

So unspannend sich obriger Absatz liest, verhält sich auch die Spannungskurve des vierten Indys. Am Anfang steigt sie ein wenig an und bleibt darauf hin durchgehend auf einer Linie. Woran liegt das?
Die Suche nach dem Kristallschädel und der Stadt aus Gold erfolgt zu eintönig. Es ist gut alte Elemente wieder zu verwenden, aber um eine Steigerung zu bewirken muss man sich auch mal neuen Elementen (die auch passen) zuwenden. Dies ist in absolut keinem Fall gelungen. Eine Verfolgungsjagd im Dschungel hatten wir auf diese Art schon einmal (Jäger des verlorenen Schatzes), riesige Ameisen zwar nicht, aber in der Mumie wurden so gesehen genau die gleichen (Ekel-) Effekte mit Käfern benutzt. Eine Atombombe oder Aliens in einem Indy Film... unpassend.
Wo sind die Fallen und altertümliche Mechanismen geblieben? Bis auf eine nix zu sehen.
Indy benutzt ein einziges mal seine Peitsche, stattdessen übt er sich des öfteren im Faustkampf. Schießereien mit einer Pistole gibt es nicht. Als Ersatz wird zur Panzerfaust oder einer MG gegriffen. Ganz nett aber kein wirklich guter Ersatz.

Der trockene Humor ist erhalten geblieben, die meisten Sprüche verpuffen allerdings im Nichts. Statt den Zuschauer mit zu häufigen Kommentaren zu nerven wäre Qualität eine bessere Wahl gewesen. Auch die Belehrung zum Schluss kommt nicht an.
Natürlich werden die Actionszenen wieder überzogen dargestellt, dieses mal wird es allerdings auf die Spitze getrieben. Ein Junge der plötzlich mit einem Rapier umgehen kann, oder von Liane zu Liane schwingt ist genauso unglaubwürdig wie jemand der in der Nähe einer Atombombenexplosion aus dem Kühlschrank steigt und keine Folgeschäden mit sich trägt.
Die Effekte befinden sich im Bereich phänomenal bis durchschnittlich. Von Industrial Light und Magic sollte eigentlich ausschließlich ersteres geleistet werden können. Die finanziellen waren auch vorhanden, gabs da zu viele Betriebsausflüge?

Die Schauspieler machen ihre Sache ordentlich, man hat aber schon besseres von ihnen gesehen. Schön ist das wiedersehen mit Karen Allen als Marion Ravenwood aus dem ersten Teil, Shia LaBeouf als Indys Sohn Mutt Williams ist weniger nervig als befürchtet, Galadriel und Gandalf... äh Cate Blanchett und John Hurt sind ebenfalls passabel, genauso wie Harrison Ford in seiner zweiten Vorzeigerolle. Hin und wieder hätte es aber doch etwas mehr sein dürfen.

Nunja, ich hätte nicht gedacht, dass man einen Indiana Jones vergeigen kann.
Sehr geehrter Herr Lucas, bitte kümmern sie sich um Star Wars. Einige Fans erwarten noch etwas ordentliches.
Lieber Herr Spielberg, wie wärs mit etwas innovativem Neuen statt Verwurstung alter Reihen oder plumpem Mainstreamkino?
Wir sehen uns dann zum angedrohten Indy 5. Aber nur wenn der Untertitel "Das Schicksal von Atlantis" lautet (wie schön wäre eine Verfilmung des damaligen Spieles gewesen *seufz*). Zu "Die neuen Abenteuer des Henry dem dritten" werde ich fernbleiben. Setzen, 6... nein...

5 / 10

Nachtrag:
Mit erschrecken musste ich feststellen, dass bereits seit Teil 3 das typische Indy Logo nicht in den Film integriert wurde. Nunja, wäre trotzdem schön gewesen es wieder direkt zu Anfang sehen zu dürfen.
Die 5 Punkte bleiben. Und die gibt es nur durch den Fortsetzungsbonus. Unter einem anderen Namen hätte es meinerseits nur 3 oder 4 Punkte gegeben.

Details
Ähnliche Filme