Review

Dass nach all dem Gerangel um eine Fortsetzung zu "Indiana Jones" tatsächlich noch ein weiteres Archäologen-Abenteuer entstehen würde, dürften nach ewigem Hin und Her irgendwann wohl nur noch die optimistischsten Fans geglaubt haben. Aber tatsächlich kam es so. Ob diese Fortsetzung nun wirklich nötig war, steht auf einem anderen Blatt.

Wir schreiben das Jahr 1957: Henry "Indy" Jones jr. (einigermaßen souverän: Harrison Ford) wird zusammen mit seinem Kumpel Mac (Ray Winstone) von den Sowjets gekidnappt, die von der linientreuen Irina Spalko (dürfte die Meinungen spalten: Cate Blanchett) angeführt werden. Sie will offenbar ein außerirdisches Artefakt an sich bringen, wofür sie die Hilfe des Professors und Hobbyarchäologen benötigt. Indy gelingt es zwar mittels eines Tricks, das Objekt inmitten unzähliger anderer Kisten auszumachen. Doch da ihm bewusst ist, dass ihn die Russen töten werden, sobald sie ihn nicht mehr benötigen, unternimmt Indy einen erfolgreichen Fluchtversuch. Zurück am College haben die Probleme jedoch nicht aufgehört. Der Dekan (netter Support: Jim Broadbent) informiert Indy darüber, dass seine Anstellung gefährdet ist, da die Regierung ihm gegenüber starke Vorbehalte hegt. Daraufhin will der Professor die Stadt verlassen, trifft dabei jedoch auf den jungen Draufgänger Mutt Williams (gar nicht mal so übel: Shia LaBeouf). Als dieser ihm erzählt, dass eine gewisse Marion Ravenwood (Karen Allen aus "Jäger des verlorenen Schatzes") bei einer Expedition im Amazonasgebiet von Irina und ihren Männern gekidnappt wurde, ist Indys Interesse mehr als nur geweckt. Ein neues, aufregendes Abenteuer hat soeben begonnen...

Keine Frage: "Indiana Jones und das Königreich des Kristallschädels" gibt sich (zumindest oberflächlich gesehen) sichtlich Mühe, den Vorgängern nachzueifern. Mit Steven Spielberg befindet sich wieder der gleiche Regisseur im Boot und dass Harrison Ford erneut in seine Paraderolle (neben Han Solo aus den "Star Wars"-Filmen) schlüpft, dürfte die Herzen der Fans ebenfalls höher schlagen lassen. Wer könnte Ford auch ersetzen? Zudem wurde mit Karen Allen ein bekanntes (Frauen-)Gesicht engagiert und somit ihr Charakter Marion aus Teil 1 zurückgebracht. Auch der Rest der Besetzung liest sich mit Namen wie Cate Blanchett oder John Hurt viel versprechend. Wenn dann noch Janusz Kaminski (u.a. Kameramann von "Schindlers Liste" und Regisseur des zu Unrecht verrissenen Okkult-Horrors "Lost Souls" mit Winona Ryder) hinter der Kamera steht und sich John Williams ("Der weiße Hai") einmal mehr für den Score eines Spielberg-Films verantwortlich zeichnet, dürften doch nahezu sämtliche Zeichen auf Sieg stehen. Oder etwa nicht?

Tja, sollte man meinen. Aber wieso oft, ist die Theorie nunmal nicht mit der Praxis gleichzusetzen. Weshalb "Indiana Jones 4" die Klasse der ersten drei Teile auch kaum erreicht. Dafür gibt es so einige Gründe und der dafür gewichtigste heißt: David Koepp! Jener hat nämlich das Drehbuch zu verantworten. Und soviel vorweg: der Mann bekleckert sich nicht gerade mit Ruhm! Das hat er schon nicht bei Spielbergs Version vom "Krieg der Welten", weshalb es doch recht überraschend ist, dass er nun Indys neuestes Abenteuer niederschreiben durfte. Andererseits behaupten böse Zungen ja schon seit einer Weile, dass Steven Spielberg ein gutes Skript nicht einmal dann erkennen könnte, wenn es ihn in die Nase beißen würde. Angesichts dieses Films eine gar nicht mal so abwegige Behauptung. Man darf jedoch nicht vergessen, dass der Regisseur von "E.T." und "Jurassic Park" sich hier auch nicht unbedingt von seiner besten Seite zeigt. Sicher, seine Inszenierung ist reich an Tempo und Action, doch zugleich auch arg uninspiriert, sodass eine eigene Handschrift hier schmerzlich vermisst wird. Tatsächlich wirkt der Film mitunter derart seelenlos und glatt, dass ihn genauso gut Michael Bay, Tony Scott, Stephen Sommers (sofern er sich wieder von seinem "Van Helsing"-Debakel erholt hat) oder Rob Cohen hätten inszenieren können. Und wenn das sogenannte "Drehbuch" dann auch noch eine Schwachsinnigkeit an die andere reiht, kann man schon nachvollziehen, dass die Zuschauer nicht nur lobende Worte für "Indy 4" haben.

Angesichts der genannten Mängel, können auch die Darsteller nicht allzuviel reißen. Harrison Ford wirkt zwar souverän, zugleich aber auch sichtlich gealtert, was vom Film immerhin nicht unter den Teppich gekehrt, sondern ansatzweise thematisiert wird. Cate Blanchetts Leistung ist arg grenzwertig und von der Gunst des Zuschauers abhängig, da es im Auge des Betrachters liegt, ob ihr Charakter nun ein wandelndes Klischee, oder vielmehr purer Comic-Relief ist. Karen Allen dagegen hat zwar ihre alte Rolle wiederaufgenommen, hinterlässt aber kaum Eindruck, da Koepp und Spielberg mit ihrer Figur nur wenig anzufangen wissen. Ray Winstone zieht sich einigermaßen gekonnt aus der Affäre, da er recht viel aus seinem eher flachen Part herausholt. Der gute John Hurt scheint inzwischen immer mehr auf klischeebeladene Nebenrollen abonniert zu sein, wobei er hier den verwirrten Zausel geben darf, der für die Handlung aber noch enorm wichtig werden wird. Über Shia LaBeouf wiederum gab es ja im Vorfeld so einige Unkenrufe (angesichts seiner mäßigen Leistung in "Transformers" auch kein Wunder), doch letztendlich schlägt er sich durchaus wacker. Für die leichte Überzeichnung seines Charakters (das ewige Haareglätten fällt einem da ein), kann er ja nichts.

Das klingt nun alles nach einem ausgewachsenen Fiasko- und für Fans, die nichts akzeptieren, was qualitätsmäßig unter ihrer Lieblingstrilogie rangiert, dürfte der Streifen das wohl auch sein. Doch wer seine Erwartungen nicht ganz so hoch geschraubt hat, der dürfte diesem filmischen "Jump ´n run" bestimmt etwas abgewinnen können. Denn immerhin sieht man, wohin die 125 Mio. Dollar geflossen sind (auch wenn man ruhig noch etwas mehr für ein besseres Skript hätte ausgeben dürfen). Der Film ist recht abwechslungsreich und hält Längen gering, die ohnehin nur dann auftauchen, wenn allzuviel gequatscht wird (was glücklicherweise nur selten der Fall ist). Produktionstechnisch ist das alles definitiv im grünen Bereich.

Abstruse Ideen und ein gehöriges Maß an unfreiwilliger Komik, dürften zudem bei einem aufgeschlossenen Publikum für jede Menge Fun sorgen. Das gilt vor allem für die Verfolgung durch den Dschungel, bei dem ein hanebüchener Einfall den nächsten jagt (im wahsten Sinne des Wortes). Hier erreicht der Film fast das überdrehte Niveau von "Drei Engel für Charlie: Volle Power". Der eigentliche Showdown ist ähnlich abgehoben, reicht aber nicht wirklich an das kunterbunte Kasperletheater zuvor heran. Der Charme der alten Filme blitzt zumindest ansatzweise durch (wie z.B. in der Diner-Szene oder der Treibsand-Sequenz, bei der wunderbar auf Indys Schlangenphobie angespielt wird), auch wenn David Koepp in Sachen Wortwitz und Situationskomik (es sei denn, sie ist unfreiwillig), vom Zuschauer kaum mehr als ein dürftiges Schmunzeln erntet. Ach so: dass Logik hier eine eher untergeordnete Rolle spielt, dürfte den meisten wohl spätestens bei der Szene mit dem Kühlschrank bewusst werden(Sie werden wissen, was gemeint ist, wenn sie es sehen).

Fazit: Wer keine Probleme hat, dass eine ehemals hochwertige Abenteuer-Reihe zur Lachnummer verkommt, sollte ruhig einen Blick wagen. Auch wenn man nie so richtig um die Charaktere bangt, wie noch in den Vorgängern (dafür wirkt hier nämlich alles zu comichaft und zu stark auf familientauglich getrimmt), und sich die Spannung in Grenzen hält, ist Kurzweil garantiert. Zwar steht "Indiana Jones 4" nun dem "Vermächtnis der Tempelritter" und den "Tomb Raider"-Filmen näher, als den vorherigen Teilen. Aber allein schon das Wiedersehen mit Harrison Ford dürfte wohl so manchen über die Schwachpunkte hinwegsehen lassen. Letztendlich wäre der Streifen mit dem ursprünglich von Frank Darabont (Regisseur von "Die Verurteilten" und "Der Nebel") verfassten Drehbuch wohl besser geworden, doch George Lucas lehnte es ab (im Gegensatz zu Spielberg und Ford), weshalb nun diese anscheinend im Eltempo heruntergeschriebene Version von David Koepp realisiert wurde. Ford hatte ja mit dem Ausstieg aus dem Projekt gedroht, sollte dieses nicht in absehbarer Zeit verwirklicht werden. Das Ergebnis ist anspruchsloser Edel-Trash mit Potential für weitere Teile. Weitgehend überraschungsarm (tatsächlich wurden die wenigen Wendungen diesmal schon allesamt vorm Kinostart von der Presse zusammengereimt) und wohl am Ehesten mit "Star Wars-Episode 1" vergleichbar, der ja auch bessere Fortsetzungen erfuhr. Bleibt zu hoffen, dass es hier ähnlich sein wird!
6/10 Punkten

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