Lee Tamahori wurde dem breiten Kino-Publikum erst im Jahre 2002 ein Begriff, als er das James Bond-Abenteuer „STIRB AN EINEM ANDEREN TAG" inszenieren sollte. Sein eigentliches Meisterwerk lieferte er aber bereits 1994 mit dem Leinwand-Debüt „DIE LETZTE KRIEGERIN" ab.
In der knallharten und erschütternden Familien-Tragödie schildert er das Leben und Leiden der Maori-stämmigen Familie Heke am Rande des Existenzminimums. Jake und Beth leben mit ihren fünf Kindern in den Slums von Wellington - ihr Leben ist gezeichnet von Hoffnungslosigkeit und dem verzweifelten Kampf, mit den Widrigkeiten des Alltags fertig zu werden. Flucht in Alkoholismus und Drogenkonsum sind ständiger Begleiter der sozial unterprivilegierten Vorstadt-Familie. Jake ist ein gutherziger Familienvater. Die Situation eskaliert jedoch, wenn er von seinen allabendlichen Besuchen der örtlichen Trinkhalle nach Hause kommt und in den eigenen vier Wänden Saufgelage abhält. Er liebt es, den Fausthelden zu spielen, was seine Frau am eigenen Leib zu spüren bekommt, indem sie krankenhausreif verprügelt wird. Als seine große Tochter auch noch von einem der vertrauten Saufkumpanen vergewaltigt wird, eskaliert die Situation...
Dem Regisseur gelang mit „ONCE WERE WARRIORS" (Originaltitel) ein realistischer Einblick in eine vollkommen destruktive Gesellschaft, die es nicht schafft, aus dem Teufelskreis von Arbeitslosigkeit, Gewalt, Drogen und Alkohol auszubrechen.
Mit schonungslosen Bildern und einem brillant agierendem, unbekannten Schauspieler-Ensemble erzeugt Lee Tamahori eine Atmosphäre, die selbst den härtesten Zuschauer mitten uns Gesicht trifft und gleichermaßen fasziniert nicht mehr loslässt. Der bedrückenden Sozial-Studie gelingt es, deutlich aufzeigen, wie schwer es sein muss, in einem sozial benachteiligtem Umfeld zu existieren, zu überleben und trotzdem ein starker Mensch zu sein.
Die cholerischen Gewaltausbrüche des Familienvaters werden nicht nur für Beth zu einer zersetzenden Belastungsprobe - die authentische Inszenierung trifft den Zuschauer mitten ins Gesicht! Der beste Beweis für einen herausragenden Film, der ziemlich realistisch die weniger bekannte Lebensweise der Maoris widerspiegelt - wenn auch in diesem Fall sehr extrem.
Die Tatsache, dass man bewusst auf bekannte Schauspieler (auch aufgrund eines erheblich geringeren Budgets als in US-Produktionen) verzichtet hat, gewinnt der Geschichte einen zusätzlichen halb-dokumentarischen Flair ab. Die semi-professionellen Schauspieler spielen ihre Rollen beklemmend realistisch und nachvollziehbar.
Die Ausstattung des Films strotzt vor Trostlosigkeit - trist und karg ist das Elend allgegenwärtig sichtbar. Die Menschen leben im Dreck, Betontempel wo man nur hinsieht, die Wohnblocks liegen direkt neben der Autobahn - eine Umgebung in der man nicht unbedingt leben möchte!
Eingerahmt von einer bemerkenswerten Kameraarbeit, die den Zuschauer jederzeit fest im Geschehen lässt, und einem niemals übertriebenem, dezenten Soundtrack avanciert Lee Tamahori's Inszenierung zu einem modernen Klassiker.
Selten habe ich einen Film gesehen, der gleichermaßen schockiert und zu Herzen geht!
Leider ist die Ausstattung der deutschen DVD genauso karg gehalten wie die Wohngegend der Heke's. Schade um den hervorragenden Film, von dem es auch noch eine Fortsetzung gibt, welche das weitere Schicksal des Familienvaters beleuchtet - leider ist dieser in Deutschland noch nicht erschienen.
Welch ein Armutszeugnis, wenn man bedenkt, mit welchem Müll man täglich in den einheimischen Videotheken zugeschüttet wird!
(9 / 10)