Der katholische Filmdienst schrieb damals zum Kinostart am 25.04.1974:
"Siebzehnjähriges Mädchen will unter Dirnen, Masochisten und Exhibitionisten ihren ersten Erfahrungen zum Trotz noch echte Gefühle entdecken, erlebt jedoch einen Foltermarkt der Triebe und Instinkte. Als Antifilm zu Sex-Report und Porno-Welle gedachter Schocker, pseudodokumentarischer Stil, geschmackliche Unsicherheit und mangelnde Distanz rücken ihn selbst in die Nähe jener Produktionen, die er angreift."
Die damals 19-jährige Theaterschauspielerin Anna Henkel wurde durch diesen Film schlagartig international bekannt und agierte in einer sehr lockeren und freizügig-neugierigen und niveauvollen Art, indem sie eine 17-jährige Gymnasiastin spielt, die im Rotlicht-Milieu voll guten Glaubens noch echte Gefühle entdecken will.
Als attraktive Schülerin eines Gymnasiums wird sie gleichzeitig von ihrem etwas weltfremdem Lehrer hofiert, der ihr in der Form selbstverfasster Prosa seine Liebe gesteht, doch schließlich den Freitod wählt, da sie ihn abweist.
Nun sucht Dorothea im Rotlichtmilieu nach echten, wahren
und ehrlichen Gefühlen. Unter anderem schaut sie einer Domina zu, die in einem Kellerraum ihre Freier in Käfigen, und an Kreuzen festgebunden - hält und gibt sich in einem Hotelzimmer mehreren reifen Männern, alle im Alter ihres Vaters, gleichzeitig hin.
Das ganze erinnert natürlich an einen klassischen Sex- bzw. Pornofilm, doch die Inszenierung ist weit davon entfernt! Das hat offensichtlich auch die Juristenkommission der Filmwirtschaft erkannt, die diesen
Film zum Kinostart begutachten musste, aber er wurde schließlich für die Vorführung freigegeben.
Der Film ist unglaublich witzig, erotisch frech und herausfordernd und sehr provozierend. Bspw. in der Eingangssequenz stellt sich Dorothea kurz vor, steigt auf einen Stuhl und präsentiert frech, indem sie ihre Bluse hochzieht, ihre nackten Brüste und, die Hose herunterziehend, ihren Po.
Diese Szenen sind weder vulgär noch billig, sie haben einfach Stil und wirken nicht plump.
Es ist gerade das Niveau der Hauptdarstellerin und die kritsche Distanz der Inszenierung, die diesen authentischen "Anti-Sex-Report" der 70'er Jahre zum heimlichen Kult-Klassiker avancieren lässt.
Es bleibt zu hoffen, daß dieses von den Filmanbietern offensichtlich vergessene Juwel bald in einer ungeschnittenen Fassung als DVD oder VHS-Cassette auf den Markt kommt - denn die gebrauchte VMP-Glasbox ist nur schwer zu bekommen, und weist zahlreiche Schnitte auf.
Abschließend ein Auszug aus meinem Web-Link: Zum Tod von Anna Henkel (Dorothea):
"Dorotheas Rache' wird eines dieser typischen Underground-Werke der 70er Jahre. Die Geschichte eines Mädchens , das auf den Hamburger Kiez kommt, um zu erfahren, was die Liebe ist, anarchisch haltlos und sexuell provozierend inszeniert. 'Anna spielte diese Rolle mit einer großen inneren Sicherheit, so, als ob sie die Verletzungen und die Enttäuschungen der Liebessuche selbst kennen würde', erinnert sich der Fotograf Günter Zint. In Frankreich und Italien wird der Film als Paradestück des neuen deutschen Kinos gefeiert. Anna fährt zu den Premieren, Regisseure wie Chabrol und Bertolucci verehren sie."