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Ewan McGregor spielt den Heroin-Junkie Mark Renton, der den Alltag im schottischen Edinburgh im Vollrausch an sich vorbeiziehen lässt. Er spielt zwar ab und an mit dem Gedanken, clean zu werden, findet sich dann aber meist neben seinen halbkomatösen Freunden mit einer Nadel im Arm wieder. Diesen „Lebensstil“ finanziert sich die Gruppe mit Gelegenheitsdiebstählen.

Basierend auf dem gleichnamigen Roman von Irvine Welsh legte der Brite Danny Boyle mit dem schottischen Drogen-Drama „Trainspotting“ den Grundstein für eine große Hollywood-Karriere, die er mit seinem Oscar-Gewinn für „Slumdog Millionär“ krönte. Nachdem der Film bereits 1996 mit allerhand britischen Filmpreisen ausgezeichnet wurde und an den Kinokassen ein glänzendes Ergebnis einfuhr, genießt er heute den Kultstatus, wie kaum ein anderer Film von der Insel. Das alles kann freilich nicht über einige offensichtliche Mängel hinwegtäuschen.

Danny Boyle und sein Drehbuchautor John Hodge legen „Transpotting“ zwar als eine, vor allem in der Figurenzeichnung offenkundig von Tarantino inspirierte, Groteske an, vermitteln aber doch einen Einblick in die portraitierte Junkie-Szene, der etwas Authentisches an sich hat. Boyle zeigt, wie die Clique um Mark Renton tagelang im Rausch versinkt, wie sie sich mit Diebstählen über Wasser halten. Am liebsten würden sich die Freunde wohl im pausenlosen Vollrausch verlieren, unbehelligt von den Zwängen des Alltags, von äußeren Einflüssen, dem Jobcenter, der Polizei, den besorgten Eltern. Boyle erzeugt dabei kaum künstliche Betroffenheit, er moralisiert nicht, schafft es aber mit abstoßenden Bildern und einigen drastischen Szenen bzw. Wendungen, den Drogenkonsum nicht zu verharmlosen. Der Grundton wird dabei von einer gewissen Bitterkeit, aber auch einem rabenschwarzen Humor gesetzt, der „Trainspotting“ insgesamt kurzweilig gestaltet.

Danny Boyles unverkennbare Inszenierung macht „Trainspotting“ dabei zu einem regelrechten filmischen Unikat. Boyle, der wie später auch bei „Sunshine“ oder „127 Hours“ viele inszenatorische Register zieht, seinen Film mit klangvoller Pop- und Rockmusik unterlegt, wilde Kameraperspektiven verwendet und auch surreale, alptraumhafte Szenen einbaut, lässt seinen gesamten Film wie einen Drogenrausch erscheinen. Dabei kommen unvergessliche Sequenzen zustande, wie etwa die, in der Renton in das widerlichste Klosett Schottlands abtaucht und sich plötzlich in einem glasklaren Ozean wiederfindet, von dessen Grund er zwei soeben ausgeschiedene Opium-Zäpfchen zutage fördert. Stellenweise erscheint „Trainspotting“ dabei allerdings wie eine etwas überstilisierte inszenatorische Fingerübung, die das auf der Stelle treten der Handlung übertünchen soll und dabei mitunter auch etwas anstrengend geraten ist. In manchen Szenen übertreibt es der britische Regisseur zudem ein wenig, etwa dann, wenn der Hauptfigur beim kalten Entzug ein verstorbenes Baby in einem Alptraum erscheint.

Inhaltlich passt dabei leider nicht alles zusammen. „Transpotting“ wirkt wie seine Protagonisten: Etwas unschlüssig und ziellos. Boyle erzählt viel in einzelnen Episoden und Anekdoten, sodass sich eine echte Rahmenhandlung nicht wirklich herausschält. Dafür sind die kauzigen, aber doch sehr coolen Figuren gelungen konstruiert. Das gilt vor allem für die von McGregor verkörperte Hauptfigur, die ihr Leben zwar vor die Wand fährt, dabei aber gleichermaßen faszinierend und sympathisch rüberkommt. Dass die Karriere von Ewan McGregor, der bereits in „Kleine Morde unter Freunden“ mit Boyle gearbeitet hatte, nach „Trainspotting“ erst richtig durchstartete, ist angesichts seiner fesselnden Vorstellung nicht überraschend. Ebenfalls überzeugend sind vor allem auch Ewen Bremner in der Rolle des Chaoten Spud und Robert Carlyle als tickende Zeitbombe Begbie.

Fazit:
„Trainspotting“ ist eine kurzweilige und schwarzhumorige Groteske, die zugleich einen knallharten aber durchaus authentischen Einblick in das Leben einiger Junkies liefert. Die Handlung ist jedoch so wirr und ziellos, dass auch Boyles regelrecht entfesselte, mitunter aber auch anstrengende Inszenierung nicht darüber hinwegtäuschen kann.

62 %

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