Review

Eine eigene Welt & trotzdem unserer weit voraus

Der große Bruder warf 1998 zwar schon seine dunklen Schatten voraus, trotzdem ist es immer wieder unglaublich zu sehen, wie weit die "Truman Show" unserer & seiner Zeit voraus war. In einer Welt, wo Promis 24/7 überwacht werden & wir im Netz mit unnötigen privaten Infos überschüttet werden, wo sich auch talentfreie Hohlbirnen berühmt schimpfen & man selbst manchmal denkt, in was für einer surrealen Showgesellschaft man sich befindet - Truman & sein gefälschtes Galaleben nahmen all das clever vorweg. Nur Truman wusste nichts von seinem Glück, ist das Gegenteil einer hohlen, unsympathischen Frittenbande wie den Kardashians & man gönnt ihm die Flucht aus seinem gläsernen Gefängnis unheimlich. Diese Möglichkeit haben wir oder bedrängte Promis nicht wirklich. Wenn ich allein das deutsche Fernsehen, geschweige denn das US-Pendant sehe, bin ich erstaunt, erschüttert & voller Fremd- & Gesellschaftsscham zugleich. In vielen Belangen & vor allem niveautechnisch hat die Realität die Fiktion locker überholt & man fragt sich, wie es so weit kommen konnte & ob dieser Verlauf überhaupt noch zu stoppen ist & in welche Abgründe er noch führt...

Genug Gesellschafts- & TV-Kritik, denn Peter Weirs visionärerer Geniestreich ist alles andere als zum Jammern. Er ist einer der besten Filme der späten 90er & für mich klarer Titelanwärter in zwei besonderen Kategorien: Jim Carreys (schauspielerisch) beste Rolle & auf den Thron der besten Satiren. Carrey spielt den Truman (schon allein das Wortspiel verdient Applaus!) wundervoll sensibel & sympathisch. Wenn er je einen Oscar hätte gewinnen sollen, dann dafür. Damals wurde er, wie der komplette Film, zwar gelobt, aber auch etwas belächelt. Heute wirkt seine Performance nur noch sensationeller, ehrlicher & besser, das Lächeln zum Film bleibt einem jedoch des Öfteren im Hals stecken. Die aufs Korn genommene 50er-Kulisse, ein ergreifender Soundtrack & die süße Lovestory - eigentlich hat der Film so viel, was für ihn als zeitloses Meisterwerk spricht, dass man nur den Hut vor Regisseur, Scriptwriter & Hauptdarsteller ziehen kann. Sowohl dramatisch wie komödiantisch glänzt es & unterbewusst werden etliche aufwühlende Gedanken angeregt, ohne einen nicht mit einem wohligen Gefühl im Magen zu entlassen, sei es auch nur für Truman persönlich, nicht für unsere Gesellschaft. Eine Ode an die Freiheit, der Gedanken & des Menschen an sich. An den Entdeckergeist, an die Privatsphäre & das freie Leben unserer westlichen Gesellschaft, welches geschützt werden sollte, vor inneren wie äußeren zerstörerischen Kräften. Also vielleicht einfach mal beim nächsten Trash-TV-Abend dran denken...

Fazit: meisterhafte Dystopie + Medienkritik + Jim Carrey in einer seiner besten Rollen = ein moderner Klassiker, der seiner Zeit erschreckend weit voraus war! Macht nachdenklich, traurig... aber auch glücklich. Wundervoll vielschichtig! Sind wir nicht alle was Truman? Zum Teil sogar freiwillig...

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