Review

Eine bemerkenswerte Filmphantasie mit durchaus vergnüglichen wie wahrheitsgemäßen Seitenhieben auf die heute Mediengesellschaft, meisterlich aufbereitet für ein Massenpublikum, was die Schärfe leider etwas mindert, die Wirkung jedoch aufrecht erhält.

Peter Weir ließ das Originalkonzept von einer düsteren Filmversion (eine ähnliche Ausarbeitung des Themas gab es schon in "Twilight Zone") ändern und machte eine heitere Idylle aus der Szenerie, in der sich Truman Burbank seit seiner Zeugung bewegt und die in einer gigantischen Kuppel errichtet wurde, komplett mit Stadt, Hafen, Meer und Umgebung.
Das macht das Treiben rund um Truman jedoch noch greller, beinahe absurder. Trotzdem bleibt es ein manipulierendes Gefängnis, denn Truman hat nur scheinbar das Recht auf freie Entscheidungen, in Wirklichkeit kann er nur mit den Möglichkeiten leben, die ihm das Konzept und dessen Schöpfer Christof ihm erlauben.

Weir macht das Aufbrechen der Idylle/des Gefängnisses, den Prozeß der freien Willensbildung zum zentralen Punkt des Geschehens. So dreht sich der Inhalt des Films auch von Anfang an permanent nur um den Verdacht Trumans, daß an seiner Welt etwas nicht stimmen könnte. Die schiere Unglaublichkeit der Wahrheit hält ihn eine Weile noch zurück, doch allmählich erschließen sich für ihn die Dimensionen dieses Spiels, in dem er der Mittelpunkt ist.
Es gibt keine direkte Kritik oder wahrhaft krasse Bilder am Überwachungsstaat oder an Mediengeilheit, das erledigt Weir mit der linken Hand nebenbei, so daß es einem gar nicht auffällt oder eben darum um so mehr. Zwischendurch wird immer wieder auf die Zuschauer der Show geblendet, die das Geschehen seit Jahren gebannt verfolgen, um dann immer mehr auf Trumans Seite zu schwenken und das Medium von dem sie abhängig sind, zu verdammen, auf das ihr Held seinem Schicksal entrinne. Daß sie dadurch für noch stärkere Einschaltquoten sorgen, fällt kaum auf, ebensowenig wie sein Entkommen das Ende der Show bedeuten würde.
Schön säuerlich auch der Triumph des Individuums Truman am Ende, der sich befreit und seine Zuschauer glücklich macht, aber niemanden weiser, denn wie der Schluß beweist, muß man sich nun wieder auf die Suche nach einer neuen Sensation machen, die das Einschalten lohnt.

Die Entscheidung zur Komödie ist ein zweischneidiges Schwert: einerseits macht sie das Geschehen zugänglicher, was ebenso manipulativ ist, andererseits entwertet sie durch die Idylle die Darstellung des "wahren Lebens" an sich, das dargestellt werden sollte.
Es gibt so viele Szenen, die auf die komische Seite der angeblich so hundertprozentigen Show abzielen, als hätte man die Situationen melken wollen, welchen Unterhaltungswert sie abgeben könnten. Das funktioniert zwar, da der Zuschauer mit Truman fiebert, mindert aber die Aussage. Die Wahl von Carrey als Hauptdarsteller ist dann auch fragwürdig. Seine Mitwirkung stellt schon mal außer Frage, ob es eventuell kein Happy-End geben könnte. Als Star hat er Breitenwirkung, auch wenn er auf die visuelle Grimassencomedy der derberen Art verzichtet, haben wir dennoch eindeutig Jim Carrey mit seinen Manierismen vor uns. Carrey erweckt zwar wirkliche Tiefe, aber wie Tom Cruise nimmt er als Person und Darsteller so starken Einfluß auf den Film, in dem er mitspielt, daß die Eigenständigkeit in Gefahr ist.
Auf der positiven Seite sind Ausstrahlung und Naivität Carreys Stärken und binden so emotional stärker an das Geschehen, das tatsächlich mal eher von der Schauspielerei Carreys lebt, als von bloßem Slapstick.

Sonst ist die Besetzung superb und es ist nicht immer vorauszusehen, was als nächstes geschehen wird, was man schon als Leistung ansehen kann. Die innere Spannung ist enorm und hält permanent bei der Stange, was bei den Absurditäten, die konstruiiert werden, um den renitenten Truman in der Kuppel zu halten, allerdings auch nicht schwer ist. Auch verzichtet der Film auf bekannte plakative Bilder, um einen größtmögichen Showdown zu produzieren und verabschiedet Truman auf stille, ironische Weise, geradezu unspektakulär.
Aber wir wissen ja, die nächste Sensation kommt früher oder später.
Eine Manipulation über die Manipulation der Medien - doch, ja, kann funktionieren. (8,5/10)

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