Actionthriller mit leichten Politbezügen, der zudem einige Hitchcock – Themen miteinbindet, aber aus der ganzen Mischung nicht mehr als einen soliden Film herausholen kann, was nach dem eindrucksvollen Full Alert schon eher mehr eine Enttäuschung angesichts der Fähigkeiten Ringo Lam’s darstellt.
Der Film leidet vor allem daran, dass er sehr zurückhaltend inszeniert wurde, weder die Hetzjagd auf einen Unschuldigen noch die politische Instabilität des Landes kommt mit ganzer Wirkung herüber; auch die Beziehungen untereinander wirken emotional sehr kalt, obwohl man sich mit Themen wie Loyalität, Ehre, Freundschaft und Moral befasst.
Dass Lam ein eher reservierter und distanzierter Regisseur ist, hat er mit seinem manchmal recht amerikanisch erscheinenden Filmen bisher bereits aufgezeigt; dabei gelang es ihm aber vorher trotzdem, einen gewissen Grad an Aufregung und gefühlsmässigen Ausbruch zu zeichnen, was diesmal nicht klappt. Nun wäre es leicht, den für ihn durchweg unbekannten und auch sonst eher unpassenden Schauspielern die Schuld in die Schuhe zu schieben; allein an ihnen [ und den Actionszenen ] liegt es aber, dass der Film trotzdem über genügend Kontraste und Schauwerte verfügt.
Don Li [ Louis Koo ] kam 1986 als 17jähriger nach einem Mord an einen Drogenboss ins Gefängnis, nach mehreren Regierungswechseln und Amnestien wird seine Haftstrafe 1997 ausgesetzt. Vor dem Gefängnis wartet bereits eine Limousine auf ihn, im Hotel die Präsidentensuite und dort eine bestellte Prostituierte. Ein Anruf einige Stunden später dirigiert ihn ins Nebenzimmer, wo ein Raketenwerfer bereitliegt; Don soll die in dem Moment stattfindende Wahlkampfkundgebung des für die Präsidentschaft kandidierenden Velasco beschiessen. Er weigert sich, der Auftrag wird aber einige Sekunden später von seinem alten Freund Max Mak [ Julian Cheung ] ausgeführt. Don ahnt, dass er als Sündenbock herhalten muss, es gelingt ihm aus dem Hotel und in das Auto der Journalistin Annie Chung [ Ada Choi ] zu fliehen, die er als Geisel nimmt. Er kontaktiert den Leiter des NBI, Inspector Steve Wong [ Eric Mo ]; sagt ihm dass er an der Stimme seinen früheren Partner Chan Hung [ Simon Yam ] erkannt hat und sich stellen wird, sobald Wong diesen mit zum Treffpunkt bringt. Wong sagt zu, eröffnet ihm später aber, dass Chan Hung seit 8 Jahren tot ist.
Von Die 39 Stufen über Saboteure und Der falsche Mann bis zu Der Unsichtbare Dritte ist der Plot also altbekannt, da Lam kein Hitchcock ist, werden ausschweifende Actionelemente und Motive der Heroic Bloodshed – Epen ins etwas einfach gehaltene Drehbuch eingeführt und zusätzlich mit einem leicht bemüht wirkenden politischen Anstrich verziert. Das macht den Film zwar auch beim mehrmaligen Ansehen ständig unterhaltsam, vor allem, da er besser aussieht, als er ist; aber er funktioniert nur auf der Effektschiene, tiefere Bedeutungen oder gar Emotionalität hat er nicht zu bieten.
Die Möglichkeiten für politische Anspielungen werden nur aufgeworfen, aber nicht genutzt, obwohl sich der Film scheinbar massgeblich darum drehen soll, allein der Aspekt mit antichinesischer Propaganda für die Wahlkampfnutzung wird kurz angerissen.
Ausserdem verfügt das Skript über wenig Überraschungen, wirkt interessant, aber etwas zu überkonstruiert und handelt einige Parts auch eindeutig zu schnell ab; ganz einfach, weil zuviel passiert und man sich weniger auf eine Sache konzentriert, sogar die Personenvielfalt wird nicht ganz ausgereizt.
Die Reporterfigur dient nur der Lebensbeichte von Don Li, und kommt und geht ansonsten beliebig aus dem Film. Li selber wirkt relativ unaufgeregt angesichts der überhasteten Ereignisse um ihn herum, Koo spielt die Rolle weniger als Spielball sondern mehr als mitbestimmender Charakter; weil der Schauspieler es einfach nicht darzustellen vermag, dass er unsicher und gehetzt ist. Julian Cheung hat einen eher atypischen Part für ihn übernommen, und passt allein optisch gut in die Figur des zwischen „Vater“ [ Chan Hung ] und „Bruder“ [ Don Li ] gerissenen Max, der seine Handlungen rein berufsmässig sieht und sehen muss, um die ihm beauftragten Ziele erreichen zu müssen; er nutzt sogar ständig Wörter wie „Berufsrisiko“ und es war nur ein „Job“. Yam selber ist für seine Verhältnisse schwach; fraglich ob ein anderer Darsteller mit der Rolle mehr anfangen könnte.
Erfreulich waren die Parts von Eric Mo als stringenter Polizist und Ray Lui als von der Partei des getöteten Kandidaten angeheuerter Söldner, wobei der letztere auch zumeist für die grossangelegten Actionszenen verantwortlich ist.
Diese nutzen zwar zwei Mal die Möglichkeiten von CGI [ Attentat, Hubschrauberabsturz ], verbinden das aber immer mit handgemachten Effekten und verlassen sich sonst auf reine Stuntarbeit. Da augenscheinlich ausreichend Budget vorhanden war, sieht vor allem die anfängliche Verfolgungsjagd durch die Stadt und der anschliessende Beschuss der Brücke durch zwei Hubschrauber der Söldner recht aufwendig aus, das gleiche gilt für den Showdown, nachdem man Chan Hung bzw. sein alter ego endlich nach einer brachialen Jagd gestellt hat. Auch die waffengestärkte Erstürmung des NBI – Gebäudes während einer Demonstration gehört zu den aufregenderen Aktionen; die Sequenzen sind von Lam gewohnt erfreulich realistisch gehalten und überzeugen dadurch noch mehr, zudem dann endlich auch wirklich mal die Luft brennt.
Sowieso ist der Film recht schnell und besitzt trotz der gewissen Eindimensionalität weitaus genügend Spannung, um als reiner Actionthriller auch aufgrund der formal inszenatorischen Klasse Ringo Lam’s gut abzuschneiden; nur mehr unter der Fassade darf man nicht erwarten.