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Das sich so mancher Cineast gerade an deutscher Filmware nicht so recht erfreuen kann, hat durchaus seine Gründe. Holzhammergags, unglaubwürdig überzogene Charakterisierungen, sowie die immer wieder gern genommene Betroffenheit der Deutschen, ist zwar für viele "normale" Kinogänger nicht so das Problem, für die absoluten Filmfreaks aber, gerade im internationalen Vergleich, doch des öfteren der Stein des Anstoßes, warum dieser oder jener deutsche Streifen bei ihnen durchfällt. Doch nun kommt mit "Hardcover" erneut ein deutscher Film in die Kinos, der den gängigen deutschen Filmklischees mal ordentlich zeigt, dass es auch ohne sie geht, wenn auch unterm Strich hier und da noch ne Ecke mehr Pfeffer nicht geschadet hätte!

"Hardcover" erzählt die Geschichte des unglücklichen Möchtegern-Schreiberlings Christoph, welcher sich, neben seinem Job als Angestellter einer Mietwagenfirma, immer wieder, vor allem für eine Groschenband-Krimi-Reihe, als Autor versucht. Wirkliches Glück hat er dabei nicht, bis er eines Tages auf den Kleingangster Dominik trifft, welcher ihm anbietet, ihm bei den Recherchen für einen richtigen Roman zu helfen, in dem Christoph ihn bei seinem Alltag begleitet. Nur ist dieser alles in allem eher langweilig und nicht wirklich brauchbar, für eine gute Story. Bis Christoph eines Tages Chico, den "Boss" von Dominik, dabei erwischt, wie dieser einen anderen Ganoven zusammenschlägt und damit der ideale Stoff zum Greifen nah ist... Sicher, auf den ersten Blick sieht die Filmstory nach der üblichen "Möchtegern-Intellektueller trifft auf Möchtegern-Bösewicht"-Masche aus, doch schon bald merkt man, dass dem nicht so ist. Denn nicht nur das hier auf irgendwelche Männerfreundschaften, die über alles hinaus gehen, verzichtet wird, auch der ganze Handlungsstrang als solcher bleibt stets auf einem lockeren Niveau, ohne das irgendwelche großen, unglaubwürdigen Wendungen oder Charakteränderungen aufgegriffen werden. Tiefgängig ist das Ganze zwar auch nicht, aber Moralkeule, Betroffenheitskino oder dramatisches Hin- und Hergewechsle bleibt genauso außen vor.

Und weil viele der üblichen filmischen Kniffe nicht eintreten, die jeder erfahrene Filmegucker hier und da erwarten würde, bleibt das Ganze auf einem recht glaubwürdigem Niveau. Dicke Freundschaft kommt nicht so von heute auf morgen, Gangster wird man auch nicht im Handumdrehen und erst recht kein begnadeter Autor. All das will der Film dem Zuschauer aufzeigen, ohne das er ihn dabei mit irgend etwas erschlägt. Stets und ständig bleibt die Handlung locker und ist durchaus als Abziehbild des Lebens einiger Deutscher aufzugreifen, ohne das dies weder irgendwie in Frage gestellt-, noch hochgejubelt wird. Es ist halt einfach so und es bedarf nicht immer irgendwelchen deftigen Umkremplungen, um am Ende das eigene Vorhaben vielleicht doch zum Ziel zu bringen. Wer die Charaktere am Anfang des Films und zum Ende mal miteinander vergleicht, der wird locker feststellen, dass eine wirkliche Wandlung hier einfach nicht stattgefunden hat, obwohl die Figuren trotzdem nicht mehr in dem Grad "loserisch" veranlagt sind, wie vielleicht noch zu Beginn. Es geht halt auch mal ohne den dicken Dreh, um am Ende wenigstens ein wenig besser dar zu stehen, eben wie im wirklichen Leben!

Aber natürlich liegt der Hauptpunkt bei einer Komödie bei den Gags und diese kommen ebenfalls wunderbar anders daher, als wie bei den meisten deutschen Komödien dieser Art, und sind irgendwie trotzdem ziemlich deutsch. Vieles kommt hier aus dem Bauch heraus, z. Bsp. wenn Christoph auch beim x-ten Versuch alles falsch macht um einer Frau zu imponieren, wenn er sich für Sachen entschuldigt die eigentlich nicht auf seine Kappe gehen oder wenn er immer wieder merkt, dass die Wahl seines Partners für seine Recherchen nicht unbedingt die Cleverste war obwohl sie eigentlich nicht besser hätte sein können. Der Holzhammer bleibt hier stecken, man lacht nicht über die Charaktere sondern maximal über deren Situationen, welche zwar witzig aber nie überzogen sind. Auch wenn ich mir so manchen Gag hier und da dennoch etwas spritziger gewünscht hätte und der ein oder andere Gag etwas bemüht wirkt, so ist das Lachen mal außerhalb von Fäkalhumor und Blödelklamauk mehr als angenehm.

Und neben den Lachern ist auch für Spannung gesorgt. Vor allem wenn es darum geht, den Zuschauer in seinen Erwartungen genauso zu enttäuschen wie zu erfreuen. Denn, wie schon erwähnt, man erwartet hier von Anfang so viel und wird doch immer wieder an der Nase herumgeführt, was aber nicht an irgendwelchen Wendungen liegt sondern eher darin, dass das Erwartete eben einfach nicht eintritt und einen somit ziemlich erfreut, da das gerade Erwartete eben eher in negativer Richtung gelegen hat. Auch das Ende ist im Grunde ganz anders als man am Anfang denken würde, weil der erwartete Knacker auch hier spürbar ausbleibt und es einen irgendwie dennoch, oder gerade deshalb, erfreut. Selten hat ein deutscher Film jedenfalls so sehr mit den eigenen Erwartungen gespielt wie dieser, wobei diese bei jedem sicher anders stark ausgeprägt sind, je nachdem wie sehr man sich in der Filmwelt und dessen Klischees so auskennt.

Dazu kommt dann auch noch eine ganze Riege von sehr guten Darstellern, die allerdings größtenteils weniger bekannt sind. Hauptdarsteller Lukas Gregorowicz dürfte z. Bsp. kaum jemanden kennen, wenngleich er wirklich wunderbar talentiert zu sein scheint und seine Figur exzellent zur Schau stellt. Etwas besser bekannt ist Wotan Wilke Möhring, der hier vielleicht das einzige (aber durchaus positive) Klischee darstellt, weil er wirklich zu 100% die Art von Figur spielt die er immer darstellt: Den Möchtegern-Proll mit dem Herzen auf dem rechten Fleck. Auch er stellt eine gar köstliche Spielerei zur Schau. Und Justus von Dohnanyi kennt und mag man ebenfalls. Alle anderen sind dagegen, vielleicht noch abgesehen von Filip Peeters, Sybille J. Schedwill und Charly Hübner, aber wirklich unbekannt wenn auch auch genauso gut.

Fazit: Lockerluftige Komödie aus deutschen Landen, welche beweist, dass man auch einmal ohne all die typischen Klischees zum Ziel kommen kann. Die Handlung ist zwar nicht sonderlich tiefgängig, bleibt aber stets locker und hält sich nicht mit irgendwelchen dramatischen Filmkniff-Schnörkeleien auf, sondern erzählt seine Geschichte immer gerade aus, ohne dabei in die üblichen Klischeefettnäpfchen zu treten. Zudem eine angenehme Witzedichte, der es hier und da zwar etwas an Pfiff fehlt, dafür aber ohne Holzhammer-, Blödel oder Fäkalgags daherkommt. Abgerundet von gut aufgelegten Darstellern, dürfte somit diese genauso typische wie untypische deutsche Komödie eigentlich kaum jemanden merklich missfallen, egal ob er im Endeffekt etwas für deutsche Streifen übrig hat oder nicht!

Wertung: 7,5/10 Punkte

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