"Ef - A Tale of Memories" ist ein visuell herausragend umgesetztes romantisch-psychologisches Liebesdrama in zwei Erzählsträngen in Form einer Animeserie in zwölf Episoden.
Der inhaltlich originellere der beiden Erzählstränge ist sicher die Geschichte von Chihiro Shindo (Natsumi Yanase), einem Mädchen, das mit 12 Jahren einen Unfall hatte, der sie ihres Langzeitgedächtnisses beraubte. Ihr Erinnerungsvermögen reicht nur für 13 Stunden und alles andere muss sie mühevoll in einem Tagebuch festhalten. Doch je mehr sie sich anstrengt, möglichst vieles in Erinnerung zu behalten, desto mehr erhöht sie die Gefahr eines Zusammenbruchs. Renji Aso (Motoki Takagi) verliebt sich in Chihiro und versucht ihr zu ihrem Traumziel, dem Schreiben eines Romans, zu verhelfen.
Die andere Geschichte handelt von der Dreiecksbeziehung zwischen Hiro Hirono (Hiro Shimono), Chihiros Schwester Kei (Junko Okada) und Miyako Miyamura (Hiroko Taguchi). Die flippige Miyako umgarnt Hiro auf unstet-fröhliche Art und Weise, jedoch immer in der verborgenen Angst, in die persönliche Leere ihrer Kindheit zurückzufallen, wenn sie Hiro verliert. Verlustangst prägt jedoch auch Keis Kampf um Hiros Zuneigung, denn aus ihrer Kinderfreundschaft hat sich mehr entwickelt und sie will Miyako aus seinem Leben verdrängen.
Was ich nicht so recht überzeugend finde, ist der Versuch, diese Konflikte aufzulösen, und vielleicht ist das auch gar nicht beabsichtigt. Wenn man die Geschehnisse, die die Protagonisten teilweise zur Verzweiflung bringen, auch nur halbwegs ernst nehmen will, kann man sich nicht vorstellen, dass ihre Ängste irgendwann ausgestanden sein und ihre Probleme sich in Luft aufgelöst haben sollen. Beispielsweise werden Miyako und Kei beide als derart besitzergreifend und auf Hiro fixiert präsentiert, dass man sich ein gutes Ende hier kaum vorstellen kann. Der Schluss, über den ich hier nichts Genaueres verraten will, wirkt demzufolge nur wie eine Momentaufnahme, eine Station auf einem Weg ins Ungewisse.
Es wird darauf geachtet, auch die ältere Generation mit einzubringen, wobei besonders Yu Himura (Kôichi Tôchika) und die geheimnisvolle, in eine Art priesterliches Gewand gekleidete Yuko Amamiya (Yumiko Nakajima) hervorstechen, die immer wieder für den einen oder anderen Rat und Fingerzeit gut sind. Die Figur Yuko verleiht der Serie auch ein phantastisches Element, da ihr das Attribut des Unwirklichen anhaftet und sie wie den guten Geist des Ortes wirken lässt - einer wie eine Märchenkulisse wirkenden, durch ein Erdbeben und den Krieg zerstörten und danach im westlichen Stil wiederaufgebauten Stadt.
Der bemerkenswerteste Zug der Serie ist sicherlich die visuelle Brillanz. Der Himmel leuchtet entsprechend der emotionalen Charakteristik der Szenen häufig in den wildesten Rot- und Violetttönen, die Vereinsamung von Figuren wird durch Farbentzug oder Reduktion auf die Umrisse verdeutlicht, das Bildformat ändert sich oder es kommen diverse Aufteilungselemente wie durchs Bild führende surreale Treppen und Bilderrahmen ins Spiel. Die bewegendste Szene - Miyako versucht verzweifelt Hiro am Telefon zu erreichen - bildet einen visuellen Höhepunkt, den ich aber nicht vorwegnehmen möchte. Hier spielt aber auch die Leistung der Sprecherin Hiroko Taguchi eine entscheidende Rolle, die den Zuhörer in einer beispielhaften Intensität an Miyakos innerer Zerrissenheit teilhaben lässt.
Natürlich prägt die visuelle Kühnheit der gesamten Serie auch die Vor- und Abspannsequenzen, die wie so oft auch hier zu den optischen Glanzstücken der Produktion gehören. Ihrer emotionalen Achterbahnfahrt entsprechend werden die Protagonistinnen ins Bild geworfen, schweben hilflos umher, um sich schließlich als Silhouette in unzählige Fragmente aufzulösen. Die Lieder der Abspannsequenzen werden von den Sprecherinnen der drei weiblichen Hauptfiguren gesungen.
Selbst wenn der Ausgang dieser ersten Staffel (Fortsetzung: Ef - A Tale of Melodies) nicht ganz befriedigend ausfällt, worin vielleicht auch gerade sein tieferer Sinn liegt, die bildliche Gestaltung dieser Animeproduktion vermag durchweg zu begeistern und sich nachhaltig einzuprägen.