Steven Spielbergs persönliche „Hollywood-Holocaust-Bewältigung“ „Schindlers Liste“ gilt als das unumstrittene Opus Magnum des Regisseurs.
Überhaupt stellt der Holocaust wohl das heikelste Thema dar, welchem man sich filmisch annehmen kann. Um so größer die Gefahr missverstanden zu werden, übt man ausgerechnet Kritik an Spielbergs mehrfach oskarprämierten und gefeiertem Großprojekt „Schindlers Liste“. Es gibt ein schönes altes Sprichwort, das da lautet :
"Weißt Du nichts gutes zu sagen, schweig!"
Ich werde mir erlauben, diese Weisheit einmal außer Acht zu lassen...
Zum Inhalt von "Schindlers Liste":
Der gewiefte Industrielle Oskar Schindler (Liam Nesson) erwirbt im Zuge der „NS-Arisierungspolitik“ (= Entjudung der Wirtschaft) in Krakau zwei jüdische Fabriken zur Produktion von Emaillewaren zu Spottpreisen. Darunter wirbt er beim SS-Wirtschafts- und Verwaltungshauptamt billige jüdische Arbeitskräfte an, darunter als Geschäftsführer den jüdischen Buchhalter Itzhak Stern (Ben Kingsley).
Die Geschäfte des in gesellschaftlichen Kreisen hoch angesehenen Unternehmers laufen gut.
Als die SS im Februar 1943 bei Krakau-Plaszow ein Arbeitslager einrichtet, gelingt es aufgrund Schindlers guter Beziehungen zur SS, insbesondere zum Lagerkommandanten von Krakau-Plaszow SS-Untersturmführer Amon Leopold Goeth (Ralph Fiennes) den Bau eines Außenlagers auf seinem Firmengelände durchzusetzen und damit seine Produktionskräfte einzubehalten.
Allmählich jedoch vollzieht sich bei Oskar Schindler eine innere geistige Wende :
Unter dem Eindruck der Liquidierung des Krakauer Ghettos beginnt er gemeinsam mit seinem jüdischen Buchhalters Stern jüdische Arbeitskräfte aus humanitären Gründen bei der SS für seine Betriebe anzufordern, um sie der Judenverfolgung zu entziehen.
Zuvor nur rein profitorientiert, geht Schindler schließlich selbstlos dazu über, sein gesamtes privates Vermögen für die Anmietung der Lagerinsassen zu verwenden.
Bei Kriegsende weist Schindlers Liste 1100 Namen auf, welche dem Unternehmer ihr Leben verdanken.
„Schindler Liste“ erweist sich als ausgesprochen problematischer Film, wie so oft, wenn sich Stephen Spielberg geschichtlicher Themen annimmt (z.B. „Saving Private Ryan“)
Sicher ist, dass Spielberg durchaus anstrebte, dem Zuschauer um die Person Oskar Schindlers und den Holocaust einen Rahmen historischer Authenzität zu bieten. Dabei war Spielberg bemüht, den Eindruck einer sachlichen Dokumentation nach eigenem Bekunden noch dadurch steigern, indem der Film in Schwarz/Weiß gedreht wurde. In einigen besonderen Szenen fehlen auch Texteinblendungen nicht, welche dem Zuschauer das Gesehene geschichtlich kontextualisiert.
Ist dieser dokumentarische Anspruch des Films aber auch gerechtfertigt?
In einem Interview wurde Steven Spielberg darauf aufmerksam gemacht, dass der Kommandant des Arbeitslagers Krakau-Plaszow Amon Göth überhaupt nicht zum „Frühsport“ vom Balkon seiner Dienstresidenz auf Insassen geschossen haben kann, da vorliegende historische Photographien zum tatsächlichen Lager beweisen, dass besagtes Landhaus nicht auf jener dargestellten Anhöhe oberhalb der Lagerbaracken situiert war, sondern am Fuß des Hügels lag.
Auf diese kleine historische Unstimmigkeit unter vielen hingewiesen, machte dies auf den Regisseur auch nicht nur den geringsten Eindruck.
Nämlich, weil es dem Regisseur auch gar nicht auf derartige Spitzfindigkeiten ankam.
Was soll es ferner an Film, wie geschichtlicher Thematik überhaupt ändern, ob es den Fabrikarbeiter, welcher nicht ausreichend Scharniere produziert hatte und den allein der Defekt einer Handfeuerwaffe rettete, gegeben hat oder nicht? Allein diese – wahrscheinlich ebenfalls fiktive - Szene stellt sich somit als rein selbstzweckhaft heraus.
Es ist offensichtlich, dass Spielberg eindeutig die Emotion des Zuschauers sucht und dabei in seiner Darstellung bewusst gewaltig überzieht, viele unhistorische Elemente zur „Ausschmückung“ und Steigerung der emotionellen Wirkungsweise des Films eingeflochten hat und sich vielfach zu plakativ, beinahe schon tiradenartig in Schockeffekten und Klischeevorstellungen ergeht.
Gleiches gilt für die Frage, ob der im Film so breit und sehr emotionsgeladen dargebotene „Gesinnungswandel“ des Industriellen Oskar Schindler vom rein gewinnorientierten Opportunisten zum aufrechten Moralistischen just gegen Kriegsende so ganz den Tatsachen entsprochen haben mag –
ich lasse dies ich mal besser dahingestellt. ;-)
Zugute gehalten werden muss dem Film in Bezug auf seine Hauptfigur, dass zumindest auch den menschlichen Schwächen Schindlers Raum gegeben wurde.
Aber wenn die unglückliche Liebesbeziehung zwischen Göth und seiner jüdischen Haushälterin eingeflochten wird, hat der Film wieder nicht nur vollends den Boden der Realität verlassen, sondern rutscht in ein verkitschtes melodramatisches Schmierentheater ab, wie es nur aus Hollywood stammen kann.
Wobei handelt es sich also nun um „Schindlers Liste“?
„Hollywood-Spektakel“ oder filmische Dokumentation zum „Holocaust“?
Kurz und bündig : Um ein diffuses Gemisch aus beidem!
Und genau darum musste „Schindlers Liste“ scheitern.
3/10