In der Nazi-Zeit war jeder anatomisch gesehen ein Mensch. Doch es gab Leute, die zeigten keine Menschlichkeit, indem sie andere Menschen nicht als Glaubensgemeinschaft akzeptierten, sondern sie als eine andere Rasse ansahen. Wenige besaßen ein wahres Herz - wie Oskar Schindler. Er rettete mindestens 1200 Juden vor dem vermeintlich sicheren Tod. Dieser kleine, aber bedeutende Teil seines gesamten Lebenswerkes wurde nun von Hollywood verfilmt und ausgerechnet Steven Spielberg, dessen Name ein Synonym für spektakuläre Unterhaltung und blanken Kommerz darstellt, sollte auf dem Regiestuhl Platz nehmen. Und so wurde "Schindlers Liste" dann auch ein dokumentarisches, erschütterndes Werk mit seinen typischen Hollywoodelementen, dessen mehrfacher Oscargewinn vorprogrammiert war.
Hat man sich mit den wahren historischen Begebenheiten auseinander gesetzt, so weiß man, dass ein Bemühen um Authentizität stattgefunden hat, das sich in Spielbergs Zusammenarbeit mit den echten, noch lebenden Schindlerjuden als Zeitzeugen gezeigt hat. Und auch tatsächlich spiegelt der vollendete Film relativ genau die damalige Realität wider. So sollen sich morgendliche, fast schon hobbyähnliche Erschießungen, ausgeführt durch Lagerkommandant Amon Goeth von seinem Balkon aus, wirklich zugetragen haben. Auch Schindlers wunderbare Taten in dieser Zeit wurden in diesem Werk sehr authentisch dargestellt. Aber dennoch zeigt "Schindlers Liste" die sich damals zugetragene Wirklichkeit nicht bis ins kleinste Detail, da Hollywood sich einfach Sachen frei aus dem Kopf dazu gesponnen hat, was unter anderem die wahren Charakterzüge gewisser Personen aus des Zuschauers Sicht verfälschen könnte. Im Film gezeigte Annäherungen zwischen Goeth und seiner Haushälterin sind nur frei erfunden und bestätigen hollywoodtypische Klischees, die den Film in seinem Gesamteindruck völlig unnötig schlechter dar stehen lassen.
Des weiteren kann man bei einer amerikanischen Produktion, die sich um so ein brisantes Thema dreht, schon gar nicht von einer hier gezeigten objektiven Sichtweise sprechen. Keine groben, aber dennoch vorhandene kleine Schnitzer lassen sich nämlich in der dargestellten nationalsozialistischen Ideologie erkennen. Allerdings wurden lobenswerterweise hier her gehörende Bereiche, wie etwa der Sozialdarwinismus (oder überhaupt die ganze Rassenpolitik) und das Führerprinzip kaum verzerrt.
Wichtig für einen Film, dessen Oscars im Vorfeld reserviert sein sollten, ist natürlich die Inszenierung des Ganzen. Passenderweise wählte man als stilistisches Mittel mitunter die schwarz-weiß gehaltenen Bilder, welche eine kühle, eigentlich schon sehr kalte Atmosphäre schaffen, wodurch der gnadenlose Überlebenskampf der Juden noch ein wenig härter zur Geltung kommt, als er überhaupt schon war. Zu den bis auf den Schluss farblosen Bildern (inklusive eines Mädchens, deren rote Kleidung einmal extrem ins Auge sticht) kommen meist unblutige Gewaltszenen, die aber trotzdem sehr brutal, eiskalt und skrupellos erscheinen. Dennoch wurde, so unglaublich es vielleicht klingen mag, die von den Nazis ausgehende Gewalt hier noch verharmlost dargestellt, denn echte Schindlerjuden schildern, dass Hinrichtungen, spontane Erschießungen und dergleichen oftmals nicht so kurz und schmerzlos für die Opfer verliefen und sie somit von ihren Qualen nicht so schnell "erlöst" wurden, wie es der Film zeigt. Die Vermutung einer "sanfteren", aber nicht immer die Realität widerspiegelnden Gewaltdarstellung und einer daraus resultierenden niedrigen Freigabe in Hinblick auf die Erreichung möglichst hoher Kinobesucherzahlen soll keine Feststellung sein, bleibt aber immer im Hinterkopf.
Zu den schauspielerischen Leistungen kann aber nur Komplimente aussprechen. Die Verkörperung des Oskar Schindlers durch Liam Neeson ist eine Klasse für sich und zeigt auch für einen Nicht-Zeitzeugen, was für ein doch gutmütiger und sympathischer Mensch Schindler war, der zurecht auch sehr viel Anerkennung verdient. Auch die Nebenrollen mit Ben Kingsley als Schindlers jüdischen Buchhalter Itzhak Stern und vor allem mit Ralph Fiennes als Amon Goeth wurden erstklassig besetzt. Beim Letzteren wird absolut deutlich, dass er mehr Monster als Mensch war, obwohl der Film kleine vorhandene sanftmütigere, der Wirklichkeit gegenüber aber nicht originalgetreue Seiten (dem Drehbuch zu verdanken) von ihm zeigt.
Den Gewinn, den Ruhm und den Erfolg immer im Auge habend ist Steven Spielbergs Seriosität der Thematik gegenüber immer in Frage zu stellen. Leider färbt der Kommerzhintergedanke an einigen Stellen auf den Film ab, was wahre Begebenheiten leicht verfälscht und keine völlig objektive Sicht ermöglicht. Letztendlich ein guter Film, bei dem dann nach ausführlicher Analyse doch nicht von einem Meisterwerk die Rede sein kann. Der mehrfache Oscargewinn überbewertet "Schindlers Liste", was aber kein Wunder ist, wenn man sich daran erinnert, in welchem Lande der Oscar vergeben wird.