Obwohl das Thema bereits zu genüge seine filmische Verwertung fand, kann man Ken Sanzels „Scar City“ seinen kurzweiligen Unterhaltungswert nicht absprechen. Von Dirty Harrys „Magnum Force“ bis hin zu der gelungenen B-Movie-Alternative „Renegade Force“ nahmen schon genügend Cop das Gesetz in die eigene Hand und vollstreckten ohne ordentliche Gerichtsverhandlung, weil der unfähige Justizapparat zu viele Schuldige wieder auf freien Fuß ließ.
Ken Sanzel kann als Autor und Regisseur dem nichts Neues abgewinnen, liefert dabei allerdings einen für diese Zeit ungewöhnlich gelungenen Film für Millennium Films ab. War deren Devise damals doch meist „Viele bekannte Gesichter und nichts dahinter“.
Die optische Einfalt des etwas zu blass und farblos ausschauenden B-Actionthrillers ist das einzige wirkliche Manko, das man dem „The Replacement Killers“ – Autor ankreiden kann, konzentriert er sich doch ansonsten auf das Wesentliche und erzählt seinen Film in gerade einmal 80 Minuten kurz und knackig. Keine Subplots, die das Geschehen aufhalten und auch kein unkonzentriertes Abschweifen vom eigentlichen Plot. Die Geradlinigkeit erweist sich als Schlüssel zum Erfolg. Übrigens auch einer der positiven Aspekte von „The Replacement Killers“.
Ausgerechnet Stephen Baldwin („The Usual Suspects”, „Fled”), dessen Karriere sich seit zig Jahren tendenziell abwärts bewegt, darf hier in noch brauchbarer Verfassung den schießwütigen Cop John Trace geben. Die Abteilung für interne Ermittlungen hat ihn ohnehin längst auf dem Kieker, aber dann erschießt er auch noch in dem Glauben, dass der Mann eine Waffe ziehen würde, einen flüchtenden Drogendealer, und stellt fest, dass er unbewaffnet war.
Lieutenant Laine Devon (Chazz Palminteri, sonst ja doch eher der geborene Mafioso) hilft ihm aus der Patsche, indem er am Tatort eine Waffe platziert und rekrutiert ihn sogleich für seine SCAR – Einheit. Von höchster Stelle gedeckt, schießt und killt er sich zusammen mit seinen Auserwählten im Dienste der guten Sache ohne Rechenschaft ablegen zu müssen. Dort wo das Gesetz nicht greift, sind er und seine Truppe zur Stelle ohne Gefangene zu machen. Gehen dabei Unschuldige drauf, wird das als Kollateralschaden verbucht. Diese Vorgehensweise spart vor allem Handschellen und zeitraubenden Papierkram.
Soweit also das ultrarechte Thema und viel Aufhebens wird darum nicht gemacht. Dass alle SCARler ziemlich überzeigt von dem sind, was sie da machen und jedes zweifelnde Glied unter ihnen genauso bedenkenlos aus dem Weg schaffen wie die Verbrecher, befremdet zwar, sorgt aber für reichlich harte Action. Von der Vereitelung eines Raubüberfalls bis hin zu der Erstürmung einer Villa gibt es jede Menge gut gemachter, blutiger Shootouts mit einigen herben Hinrichtungen, so dass man sich über die Nichtindizierung schon ein wenig wundert.
Baldwin spielt ein wenig ausdruckslos, darf aber von Beginn an mit seinem Gewissen kämpfen, das diese rigorose Vorgehensweise unter dem Deckmantel des Gesetzes nicht gutheißen kann. Seine forsche Integrierung in das Team hinterlässt auch eher einen fragwürdigen Eindruck, weil Devon ziemlich misstrauisch ist und ihm nicht über den Weg traut.
Die beiläufige Mitexekution von unschuldigen Zeugen, sorgt schließlich dafür, dass Trace die verängstigte Stripperin Candy (Tia Carrere, erfüllt nach „Hollow Point“ und „Top of the World“ ihren 3-Filme-Kontrakt bei Nu Image) während einer laufenden Operation heimlich in Sicherheit bringt. Leider plaudert die Gute und über diverse Kanäle bekommt Devon gesteckt, dass es eine Zeugin ihrer letzten Aktion gibt. Tja, wer könnte da Mist gebaut haben...
Um sich auszumalen, wie sich das Szenario in Folge gestaltet, braucht man nicht viel Phantasie. Trace und Candy schmeißen sich zusammen, kommen sich auch näher und flüchten beziehungsweise nehmen den Kampf gegen die SCAR-Truppe auf, die ihnen schnell im Nacken sitzt, ein ganzes Haus zu Kleinholz schießt und sich wenig verhandlungsbereit zeigt. Die knuffigen, humorigen Dialoge zwischen dem in der Bredouille steckenden Duo werten die temporeiche Handlung dabei positiv auf.
Chazz Palminteri, der offenbar sichtlich Bock hatte mal nicht der Mafia anzugehören und vom Drehbuch einige herrlich reaktionäre Aussagen in den Mund gelegt bekommt, hebt sich insofern positiv aus der schauspielernden Riege heraus, dass er richtig gut schauspielert, aber einen unwürdigen Abgang spendiert bekommt. Denn vor allem Tia Carrere sieht mal wieder nur gut aus und zeigt sich zickig bis aufgebracht. Das kann sie dafür aber gut.
Abgerundet wird der Film durch eine rasante Autoverfolgungsjagd, die für einen beteiligten recht spektakulär in einem leeren Swimmingpool endet, und handelsüblichen Locations wie den gern besuchten Striplokalen.
Das erstaunlich unspektakuläre Ende, das den Film leider ein wenig herunterzieht, weil auch keine Überraschung oder ein Höhepunkt mehr folgen, enttäuscht leider abschließend ein wenig, weshalb der Film lediglich einen soliden Eindruck hinterlässt.
Fazit:
Das Thema mag nicht neu sein, doch die Umsetzung und ordentliche Darsteller überzeugen den Genrefan. Denn die Actionanteile können sich sehen lassen, die bisweilen erstaunlich harte Inszenierung gibt sich ebenfalls keine Blöße und weil der Film darüber hinaus keinen unnötigen Ballast mit sich schleppt, kann man damit ruhigen Gewissens zufrieden sein. Eine Prise Humor erledigt den Rest. Für Freunde besserer B-Movies kann „Scar City“ damit allemal empfohlen werden.