Review
von Cineast18
Auch zehn Jahre nach dem Welterfolg von „Blair Witch Project" konnte das Found Footage-Genre immer noch mit ähnlichem Konzept überzeugen: simple Handlung, effektive Inszenierung, naturalistische Darstellung und fesselnde Schock- und Gruselsequenzen. Im selbst zum kleinen Klassiker gewordenen „Paranormal Activity" legt sich ein Pärchen eine Kamera zu, um zu dokumentieren, wie sie nächtlich von einem mysteriösen Geisterwesen terrorisiert werden. So wird der Zuschauer hilfloser Zeuge, wie sich die gruseligen Aktivitäten immer mehr ins Bedrohliche steigern.
Die Idee ist ebenso einfach wie effektiv: Das gesamte Filmmaterial besteht aus den scheinbar laienhaften Aufnahmen des Pärchens, deren Kamera sie des Nachts im Schlaf überwacht. Im verwackelten Stil, der das Alltagsleben eines durchschnittlichen Paares imitiert, entsteht so eine enorm authentische Atmosphäre. Clever sind die nächtlichen Aufnahmen: Die beiden liegen im Bett und schlafen und bemerken so gar nicht, dass die Tür herum schwingt oder hinten im Flur das Licht angeht. Durch solche zahlreichen Details entwickelt der Film eine bedrohliche Intensität, die im Zuschauer Urängste weckt - die Hilflosigkeit des Schlafenden wird hier jedem selbst vor Augen geführt.
Auch die Tonspur ist grandios eingesetzt, gruselt immer wieder mit knarrenden Schritten, unheimlichen Stöhngeräuschen oder Poltern aus der Dunkelheit. Auch wird vieles nicht gezeigt, wenn etwa die beiden im Kampf mit dem unsichtbaren Wesen in den dunklen Flur gezerrt werden und man nur noch Schreie und Kampfgeräusche hört. Auch die Idee selbst, den Geist oder Dämon nicht näher zu charakterisieren, ihn nicht einmal mit Schatten oder Umrissen zu zeigen, sondern konsequent unsichtbar zu lassen, wirkt enorm verstörend: Wie soll man gegen etwas ankommen, das man nicht einmal sieht?
Mit einem auf gerade einmal vier Darsteller beschränkten Cast, die ihre Figuren überzeugend und lebensecht vermitteln, entsteht so ein intensives Kammerspiel, dessen sich subtil, aber immer heftiger steigernde Eskalationsstufen immer wieder für extrem spannende und unheimliche Szenen sorgen - wenn etwa die Kamera mit Scheinwerfer durchs dunkle Haus hetzt oder wie aus dem Nichts bedrohliche Geräusche hereinbrechen. Die behauptete Authentizität wird dabei bis auf wenige Schnitte und Details nicht durchbrochen, was für ein durchdachtes Drehbuch und eine clevere Regie spricht. Auch die Fake-Danksagung am Anfang des Films, in der den Familien der beiden Hauptfiguren und der Polizei für die Freigabe des Materials gedankt wird, sowie der konsequente Verzicht auf Credits erhöhen diesen Anspruch.
„Paranormal Activity" ist ein Paradebeispiel dafür, wie man mit begrenzten Mitteln und brillanten Spezialeffekten (brillant eben deshalb, weil es nicht nach Spezialeffekten aussieht, wenn die Bettdecke von etwas Unsichtbarem heruntergezogen wird) auch trotz hauchdünner Story einen enorm spannenden, fesselnden und lange nachwirkenden Grusel-Schocker - inklusive heftigem Schockfinale - inszenieren kann. Dass sich dieser auch an den Kassen große Erfolg zu einem ganzen Franchise entwickelte, kann daher kaum verwundern, auch wenn - wie so oft - das Original der beste und gruseligste Beitrag bleibt.