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Modernes Märchen von Prinzessin und weißem Ritter

Entscheidungen werden nicht unbedingt ach Vernunft, sondern nach Gefühl gefällt; und männliche Ratio ist weiblicher Emotion immer unterlegen. Wie sonst ist es zu erklären, daß ein Blick der Liebsten genügt, begleitet von dem verhängnisvollen Satz „Du, auf RTL ist heute Pretty Woman dran“ – und schon vergißt man alles, was man zu diesem Film an Fakten weiß, vergißt, daß man derartige Filme aus tiefster Seele verabscheut, vergißt, daß man Julia Roberts so was von unattraktiv findet, vergißt alle Argumente, die eigentlich für einen ganz anderen Film aus der hauseigenen Sammlung sprechen, setzt sich statt dessen zur Liebsten auf die Couch und guckt tatsächlich Pretty Woman. Und dann findet man den Film auch nicht zum Erbrechen schlecht, sondern zum Teil sogar ganz nett...ja, das ist Manipulation vom allerfeinsten, zumal auch seitens der Damenwelt keinerlei Belohnung für angepaßtes Tun in Aussicht gestellt wird. Man hat uns im Griff, und wer das leugnet, hat unrecht.

Und wenn man mal ehrlich ist, dann gibt es schlimmere Filme als diesen. Die Story ist unglaublich seicht: ein Investmentmanager, von Geburt an reich, mietet sich eine Prostituierte für eine ganze Woche. Diese erobert mit ihrer kindlichen und dennoch sympathischen Art sein Herz, wenngleich auch seine Kreditkarte eine kleinere Rolle spielt. Durch die Tage mit der Dame findet bei dem reichen Mann, einem an sich knallharten Geschäftsmann, eine seelische und moralische Wandlung statt, an deren Ende er sich entschließt, keine Firmen mehr in Heuschreckenart zu verkaufen und zu zerlegen, sondern von nun an Schiffe zu bauen. Klar, daß die Ursache dieser unglaublichen Wandlung nicht vom Haken gelassen werden darf, und so findet sich, was sich finden mußte, Taschentücher werden gezückt, und seitdem träumen alle Frauen vom weißen Ritter, der da kommt, sie aus ihrem Elend zu erlösen. Das hat man uns Normalmännern schön eingebrockt...

Es wäre jetzt sehr leicht, mit Anlauf auf den Film draufzuhauen, denn er ist von einer rein objektiven Sichtweise her reichlich schlecht. Abziehbilder statt Charakter, eine Handlung, die fern jedweder Realität ist, keinerlei Spannung, die Geschichte vorhersehbar, selbst Nebenfiguren tun genau das, was man von Ihnen erwartet, es gibt die liebenswerte Hure mit dem Herz am ganz rechten Fleck, äh, das alles ist widerliches zähes Klebzeugs, welches man unter dem Schuh findet, wenn man abends aus der Kneipe kommt. Aber dennoch ist alles in einen süßlichen Rahmen eingebettet, die Filmmusik ist nett, die Farben satt und der ganze Schmarrn solide in Szene gesetzt. Es ist einfach einer dieser Filme, so wie „E-Mail für Dich“ und wie sie alle heißen, die für die Damenwelt gemacht sind und sich dort auch verkaufen wie sonst nix. Uns bleibt nichts anderes, als die Schulter zu liefern, an die sich die Holde anlehnen kann, und seien wir mal ehrlich, das ist doch auch schon was. Der Film ist solides Handwerk, nicht mehr, nicht weniger, ein netter Zeitvertreib ohne unvorhersehbare Wendungen, von Anfang bis Ende klar durchschaubar, ein Massenprodukt halt – 6/10.

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