Eröffnet im August 1952 hat das chinesische August First Film Studio bisher über 2000 Spiel-, Dokumentar- und Kurzfilme produziert; nicht gänzlich, aber zumeist Werke, die sich mehr oder minder mit dem Militär bzw. ihrer Verknüpfung in gesellschaftlicher, sozialer und natürlich auch politischer Weise beschäftigen. Angesichts der Tatsache, dass es das einzige Studio ist, dass direkt von der Armee geführt und finanziert wird, verwundert weder dieser Schwerpunkt, dass man sich in der Verantwortung für Bildung sieht noch die entsprechenden Produkte wie neuerdings On the Mountain of Tai Hang [ 2005 ], My Long March [ 2006 ] oder Night Attack [ 2006 ]. Auch nicht, dass neben The First of August, der wie der Firmenname dem Gründungstag der chinesischen Volksarmee huldigt, allein in dem Jahr fünf weitere Kriegsfilme aus dem Hause an den Start gingen. Bei dem Hintergrund als opportunistisches, staatlich gelenktes Instrument sind Spielräume für Differenzierungen oder gar Experimente anderweitiger Natur logischerweise begrenzt.
Staatspolitisch besonders wertvoll lässt sich dabei auch die vorliegende Arbeit aus dem Vortragssaal kennzeichnen, obwohl man als Zuschauer mehr einen dokumentierten Hintergrundbericht erwarten könnte als einem auf die Dauer reichlich theaterhaftem Wortspiel. Die Lehrstunde landesweiter Kampagne bekommt trotz vieler Kämpfernaturen zuweilen selbst Probleme mit der eigenen trockenen Dramaturgie und hat so auch einige Schwierigkeiten, den Plot voll Verwirrung und Desinformation überhaupt in einen geeigneten Rahmen zu fassen und dann noch entsprechende Wirkungsmomente daraus zu dosieren. Ein Angebot der rein oberflächlichen, weitestgehend unverdächtigen Identifizierung in zeitgemäß dekorativer Lesart wird zwar schon durch viel Säbelrasseln, Fahnenschwingen und dem mehrfachen Anklingen der Internationale versucht – paradoxerweise mit dem neuen Text "Stand up, all victims of oppression. For the tyrants fear your might..." von Billy Bragg. Aber die Geschichte bleibt trotzdem und vor allem auch für Diejenigen, die sich durch Ausbleiben des staatlichen Pflichtunterrichts weniger mit dem historischen Zusammenhang auskennen und erst noch vom umwobenden Geist der Solidarität überzeugt werden müssen, reichlich uneben zerschrammt:
12. April 1927.
Das von Chiang Kai-Shek im Auftrag der Imperialisten eingeleitete Blutbad unter den kommunistischen Arbeitern und Bauern von Shanghai führte zum Bruch der Zusammenarbeit zwischen der Kuomintang und der Kommunistischen Partei und beendete den Ersten Revolutionären Bürgerkrieg.
Im Juli des Jahres beschloss das Zentralkomitee der Kommunistischen Partei einen bewaffneten Putsch in Nanchang; mit dem Wissen der Wuhaner Kuomintang-Fraktion unter dem verfolgten, aber zwielichtigen Wang Jingwei [ Waise Lee ]. Dafür wurde ein Frontkomitee mit Zhou Enlai [ Liu Jin, der die Rolle bereits 2005 in der 20teiligen Fernsehserie Xian Xing Hai gespielt hat ] an der Führungsspitze gebildet, die sich sowohl des von General Ye Ting [ Ray Lui ] geleiteten Selbständigen Regiments als auch der Unterstützung von division leader He Long [ Hou Yong ], des aus der UDSSR zurückgekehrten Radikalen Parteisekretärs Zhu De [ Wu Weidong ] und des Strategen Liu Bocheng [ Zhang Zaixin ] versichern kann.
Statt einer vehement vollständigen Rekapitulierung gestriger Ereignisse wird in knappen 95min mit gewisser Zurückhaltung, aber prägnanter emotionaler Steigerung der nationale Gedanken erfasst und dies mit der Erhaltung der Wehrfähigkeit, der Wichtigkeit einer militanten Offensive und dem Durchhaltewillen gekoppelt. Ein Rückschlag, aus dem der Sieg folgt.
So vermischt sich in intermezzohaft eingestreuten Entwicklungsstufen das Ideal des uneigennützigen Leben in der Pflicht von Gemeinschaft und Land mit der Sehnsucht des auch in höherer Aufgabe bodenständig gebliebenen Bürgers nach einem besseren Leben. Sowie die Aufforderung zur Vernichtung der alten Herrschaft und ihrer Gewohnheiten. Plus dem Ansprechen heroischen Ehrgefühls, dass mit dem auf Befehl und Gehorsam beruhenden Denken durch die Ablehnung der einseitigen Betonung des Rechts des Stärkeren in Einklang gebracht wird. Keine blinde, strikt hierarchische Folgsamkeit durch autoritäre Ordnungsformen, sondern der Dienst an der Waffe aus eigener Überzeugung, die Einem manchmal nur erst von dem Vorgesetzten dargebracht werden muss. Das Gewehr in der Hand eines Soldaten wird dem Broterwerb gleichgesetzt; eine Betätigung, die man sich [und besonders als Frau] zu verdienen hat.
Das Bewusstwerden von Kontexten dieser immens gerafften Materialsammlung ergibt sich durch eine formal durchaus angenehm gediegene Inszenierung glamouröser Ästhetik, die sich auf aneinander anpassende Artikulationsformen verlässt und zudem relativ ruhig auf eine noch soweit verständliche Prämisse statt einer zu überwältigenden nationalen Emphase bezieht. Und den Grad zwischen präzise ablenkender Unterhaltung im Blaustich und polemisch missionarischer Indoktrination nicht zu offensichtlich auf die reine Dominanz unverhüllter Propaganda lenken möchte.
Ein episodisch abgekürzter Leitartikel voll praktischer Regeln für Erziehung und Ethik, der in aller Langsamkeit und gleichzeitig gröbster Zusammenfassung bittet, wirbt, lehrt und warnt, ohne gleich in die strenge Verklärung oder Verzerrung zu verfallen.
Einem eben nicht fanatischen, aber trotzdem direkten Gedächtnisprotokoll in Zeitraffer gleich.
Die systematisch durchgeführte Erregung ergibt sich allein durch das Hinauszögern des Konflikts, die großteils Beschränkung auf einen überdachten Plan statt dem Aufruhr selber und so dem Fokus auf die verbale Anschaulichkeit und Einwirkung auf den Willen anstelle der Aufklärung von der bloßen Deutlichkeit her. Einen Vorgeschmack auf die zu erwartende gewaltsame Umgestaltung stellt zwar der kriegerische Prolog dar, bei dem Schlamm, Kugeln und Körper auf freiem Schußfeld durch die Gegend bersten. Des Weiteren werden aber erst gegen Ende die formalen und wohl auch kommerzielleren Reflexe plakativer Schlachtbeschreibung mit emsig Granatwurf und Bombenhagel eingesetzt; eine finale Sequenz, die in gedrungen ratifizierter Weise auf die Qualitäten eines explosiven Spektakels zurückgreift und das zehnminütige Dauerfeuer mit zusätzlichem Schutzanstrich Pathos auffängt. Anscheinend hat man vor allem aus den Fehlern des reichlich dubiosen, in seiner aufputschenden Affektverstärkung schon eklatant aggressivem On the Mountain of Tai Hang gelernt, folgerichtig auf zu abrupt kühne oder gar cholerische Stimmungswechsel verzichtet und sich mehr auf den Dialog im Sinne von Binsenweisheiten, Sprichwörtern und eher harmlosen Parolen als die Allmacht der Artillerie verlassen.
Die leichte Manipulation, durch einseitig vereinnahmenden unterschwelligen Kommentar, dem Vermeiden von Gegenargumenten und Zwiegesprächen und stattdessen der Einführung eines sichtlich negativ besetzten Subjekts. Unausweichlichkeit statt Widersprüchlichkeit.
Ein vermeintliches Rückzugsgefecht. Ein unsichtbarer Aufstand mit vielen stillen Figureninstanzen als filmische Abbilder. Die je nach Sachlage und Zweck Entschlossenheit, Zuversicht, Empörung, Mahnung und Versöhnung vergewissern sollen, darüber hinaus aber noch lange nicht zum Leben erweckt werden können und außer über bloßes Aphorismusdasein nicht hinaus und schon gar nicht in den Personenkult kommen. Die rühmliche Ausnahme erhält der etwas näher in Augenschein genommene Zhou Enlai als Leiter der Politischen Abteilung, agitierendes Rückrat des Arbeiterstreiks und späteren Premierministers, dessen Privatleben ebenso, wenn auch recht kurz, aber dann natürlich gleich als Losung definiert wird: "So long as revolutionary has its generations, whether having our children or not does not matter." [Er und seine Frau, die Studentenführerin Tianjin Deng Yingchao, konnten keinen eigenen Nachwuchs bekommen und adoptierten Waisen gefallener Märtyrer.]