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Es gibt Filme, die ausschließlich aus bestürzend dümmlichen Ideen zu bestehen scheinen, deren Drehbuch vermutlich auf einem Bierdeckel bequem Platz hatte und die so offensichtlich schnell heruntergekurbelt wurden, dass man den Eindruck gewinnt, Crew und Darsteller hätten am Nachmittag wohl noch etwas Wichtigeres vorgehabt. Huasca - Wie tödliche Geier ist ein solcher Film. Und zwar in einem solchen Ausmaß, dass das Schlunz-Barometer bis zum Anschlag steigt.

 Aus diesem Filmwerk aus der Spätphase des Sandalenfilms spricht eine gewisse Verzweiflung: Das Genre "pseudoantike Muskelmänner in kurzen Röckchen" zeigte gewisse Abnutzungserscheinungen und schwächelte in der Publikumsgunst mittlerweile erheblich. Doch so leicht wollten sich die italienischen Filmstudios von ihrem Butter-und-Brot-Produkt nicht trennen. Immerhin war die geradezu fließbandartige Produktion dieser farbenfrohen, anspruchslosen Streifen im Breitwandformat mühelose Routine, und einen Großteil der Außenaufnahmen konnte man schönerweise preisgünstig in der weiteren Umgebung von Rom abdrehen, wo sich für praktisch jede Gegend der antiken Welt ein mehr oder minder überzeugendes Double fand. Also mussten neue Ideen her, um das Genre am Leben zu erhalten. Dabei kam man bisweilen auf aberwitzige Einfälle. Etwa den, Herkules an der Küste Südamerikas Schiffbruch erleiden zu lassen, wo er dann nach dem Willen des Drehbuchautors auf die Inkas zu treffen hatte.


 Somit steht bereits am Anfang eine ausgesprochene Schnaps- bzw. Chianti-Idee. Die Inkas waren an der Westküste Südamerikas ansässig. Kein antikes griechisches Schiff hätte je dorthin gelangen können. Außerdem traten die Inkas erst nach dem 12. Jahrhundert in die Geschichte, so dass der gestrandete hellenische Halbgott wohl ziemlich lange auf den Meeren umhergeirrt sein muss. Aber Herkules wäre nicht Herkules, wenn er nicht auch hier in der Fremde, weit entfernt von seiner Heimat und jeglicher historischen Plausibilität, eine Aufgabe finden würde, die seiner würdig ist. Und das bedeutet, dass wir eine Standard-Handlung vorgesetzt bekommen, die mit anderen Kostümen und Namen versehen wohl schon für Dutzende vorangegangener italienischen Sandalenstreifen herhalten musste. Das Inka-Reich ist nämlich durch Lügen und Verrat in die Hände eines fiesen Thronräubers gefallen, und Herkules (den die deutsche Synchronfassung zu einem bedeutungslosen "Erco" herabstuft) hilft dem unfassbar edlen rechtmäßigen Thronfolger, die Herrschaft zurückzuerlangen. Und das ist ihm möglich, weil er weiß, was ein Rad ist, die Inkas hingegen nicht. Ja, wirklich. Das ist schon alles. Kleine historische Randbemerkung (als ob sich dieser Film auch nur eine Sekunde um geschichtliche Fakten scheren würde, aber was soll's): Die Inkas kannten das Rad. Sie verwendeten es aber nur für Spielzeug, nicht für Gefährte, weil die Geographie ihres Landes der Nutzung von Fuhrwerken entgegenstand und weil sie keinerlei Zugtiere besaßen. Doch wer wollte mit derartigen Kleinigkeiten an den Großtaten eines halbnackten Halbgotts herumnörgeln.

 Die Handlung ist banal und so flach, dass man sie unter einem 100-Lire-Schein (der vermutlich auch die Gesamtkosten der Filmproduktion abgedeckt hätte) verstecken könnte. Die Figuren haben die charakterliche Tiefe einer Schale Frühstücksflocken. Und die Kulissen sind unfassbar billig: Der Genrekenner erkennt reichlich Innen- und Außensets wieder, die man bereits in manchen anderen Sandalenepen bewunden durfte und die einmal mehr flink neu verblendet wurden, um lustlos eine andere Weltgegend anzudeuten. Alles sieht noch mehr nach Pappe und Gips aus, als man es ohnehin von den preisgünstigeren Vertretern dieser Filmsparte gewohnt ist. Und vollends peinlich wird es, wenn man sich die Hütten der Landbevölkerung anschaut: Die sind nicht nur derart wackelig, dass jeder Windhauch für sie existenzbedrohend wäre, sondern nehmen auch eine so winzige Grundfläche ein, dass man darin bestenfalls stehen kann, aber liegen scheidet aus, wenn man nicht die Beine aus der Tür hinausstrecken möchte. Angesichts all dieser Billigkeit grenzt es an ein unerklärliches Wunder, dass die Verursacher des Films tatsächlich einige Lamas aufgetrieben haben, um sie dekorativ in einem Pferch herumstehen zu lassen. Aber vielleicht war ja die Verfügbarkeit der Lamas überhaupt nur der Anlass, eilig einen Film drumherum zu stricken.

 Das deutsche Publikum bekam dieses cineastische Ausnahmewerk erst mit vier Jahren Verspätung vorgesetzt (was sicher zu verschmerzen war), und dann auch nur in einer um 10 Minuten gekürzten Fassung, in der hauptsächlich Tanzszenen der Schere zum Opfer gefallen waren. Betrüblicherweise gehören die Choreographien zu den wenigen eher unpeinlichen Elementen des Films, so dass ihr Verlust den deutschen Kinozuschauer eines Großteils der spärlichen Schauwerte beraubte.

 Mein Fazit: Wer die Gelegenheit hat, Huasca - Wie tödliche Geier zu sehen, sollte die Chance unbedingt nutzen. So viel lustlos dahingepfuschte Einfallslosigkeit, gepaart mit hirnzerfressend dummen Ideen, sieht man nicht alle Tage. Und wenn man hoffnungslose Totalkatastrophen unterhaltsam findet (so wie ich), dann kann man von dieser Sandalen-Fehlzündung glänzend unterhalten werden.

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