Review

38 Jahre mußten ins Land ziehen, bis die Jungfräulichkeit flöten ging - zumindest was "Filme" von Albert Pyun beim Rezensenzen anging - der Mann ist im B-, C-, D- und Z-Actionsektor ja bekanntermaßen der größte Resteverwerter und Grubenschwein in einer Person, der so ziemlich auf alles verzichtet, was Sinn und Verstand macht, außer man kann es im Anschluß erschießen oder in die Luft sprengen.
Pyun hat eine mehr als beachtliche Fangemeinde, allerdings nicht wegen ausgesucht positiver Qualitäten, sondern weil er aus den schwelenden Überresten seiner (und anderer) Filme gern ganz neue zusammenmontiert und das dann irgendwie auf normale Filmlänge streckt, was seine Drehobjekte zu einer Fundgrube für Vergleichsfans macht.
Der Output enorm, halbwegs schmerzfrei kann man sich aber eigentlich nur zwei seiner Filme ansehen und das sind das Van-Damme-Vehikel "Cyborg" und der Halbfettkäse "Nemesis", in dem Olivier Gruner das Marmorgesicht mit dem Abzugsfinger mimte.

Um den solls hier auch gehen und das "halbwegs" beim "schmerzfrei" ist auch noch sehr großzügig ausgelegt, denn was schlußendlich dabei herauskommt, ist auch nur zusammengeschmiedeter Schrott, den aber für Actionfans recht heiß aufgebrüht.

Es gibt so schöne Texte über diesen Film, die ihn Szene für Szene auseinandernehmen und jede noch so beliebige Blödheit groß rausstellen, aber dafür ist er mir einfach nicht sympathisch genug, denn richtig Trashspaß muß dabei sein und dafür ist "Nemesis" einfach zu ernst gedreht, außerdem warum wiederkäuen, was schon verdaut wurde.

Also nur Waschzettelarbeit: der Reiz der Chose liegt im lustigen "Cyborg"-Thema, von den mit Fleisch überzogenen Kunstmenschen sind eine Menge unterwegs im 21.Jahrhundert, daß sich vor allem durch enorme Rot- und Gelbfilter und ziemlich kaputte Zivilisationsstätten auszeichnet und wer noch organisch unterwegs ist, der läßt sich halt Stück für Stück upgraden. Dazu trägt man gern lange Mäntel, damit die Wummen nicht sofort sichtbar sind, mächtig coole Sache.
Der Plot, der sich ständig widerspricht und in sich zurückläuft, ist eigentlich für die Tonne, Gruner spielt einen zunehmend mechanisierten Bulle Marke "Großer Schweiger", den die Polizei immer neu verpflichten möchte, aber in Wirklichkeit verfolgen alle private Interessen und hetzen ihn auf eine revolutionäre Ostblockgruppe, nachdem man erst ihn zerballert und dann seinen Hund erschossen hat. Irgendwann kriegt er das derbe spitz, auch wenn nie ganz klar, was jetzt wer will und wieso und wer nun eigentlich wer wirklich ist - das sind halt die Überraschungen des Drehbuchs, daß ein Käsebrötchen namens Rebecca Charles aus den schwelenden Überresten von "Robocop" und "Terminator 2" zusammengepattext hat, verpflichtet hat man sowieso alle möglichen Leute, die cool mit Sonnenbrille aussehen.

Darunter sind eben die französische Kampfsportblendgranate Olivier Gruner, der es als Hauptaufgabe ansieht, im Nichtverziehen jeglicher Gesichtsmuskeln sogar Arnie im ersten Terminator zu toppen und kriegt das sogar hin. Daß er hier eigentlich einen der Menschen spielt (während die Cyborgs übrigens extrem emotional agieren), hat ihm wohl keiner mitgeteilt. Sein Gegenspieler ist der allseits beliebte Tim Thomerson, der in ungefähr zwei Dezillionen Billigrollen das Charaktergesicht gab und mit "Trancers" unsterblich wurde, unterstützt von dem leider zu früh verstorbenen Brion James, der immer so prima fies und dämlich zugleich aussehen konnte.
Auf der Damenseite räkelt sich Marjorie Monaghan erst fröhlich nackt und nach ihrem Ableben darf dann ein Mägdelein in Beistellgröße, das auf den Namen "Max Impact" (wuhaha...) hört, mit Olivier durch den Dschungel hetzen.

Apropos: Dschungelhetze macht dann übrigens die ganze zweite Hälfte des Films aus, soll irgendwo in Asien sein, ist aber weithin als Hawaii erkennbar, was aber egal ist, hauptsache man kann da hübsche Benzinexplosionen in seliger Cannon-Manier in Reihe auslösen.
Wie sich überhaupt die einzigen Qualitäten des Films anhand der Action definieren, denn wenn Pyun ausnahmsweise mal was Gutes geleistet hat, dann sind es die exorbitanten Baller- und Sprengszenen in Abbruchhäuser und auf Müllhalden, die wirklich gut ausschauen und auch erfrischend brutal sind - einige Tricks, wie das aufklappende Gesicht eines Killers, das eine Waffe enthüllt, sind sogar recht solide gemacht.

Gruner darf also ordentlich schießen, auf die Fresse geben und sonst im Schneidersitz rumhocken, bis dann das große Stop-Motion-Finale eingeläutet wird, das man sich wiederum bei "T2" und "Aliens" ausgeliehen hat, das aber angesichts der übrigen Produktionsschwächen (Inhalt, Sinn, Nachvollziehbarkeit) eigentlich recht ordentlich ausgefallen ist, ein wenig ruckhaft, aber nicht schlecht. Im Anschluß sieht Gruner aus wie Inspektor Gadget, was die organischen Teile angeht, aber immerhin ist die Welt mal wieder gerettet oder auch nicht, ganz so sicher will man sich da nicht sein, aber es gab ja dann noch drei Teile, an denen Gruner dann aber lieber doch nicht teilnahm, was auch besser so war.

Wer also auf einen hübsch brutalen Actionoverkill kann, der setze sich bitte recht aufrecht zu "Nemesis", sobald aber irgendwer den Mund aufmacht, sollte vorgespult werden, außer man sucht die Vorlage, bei der man hier fröhlich entliehen hat - als kleines Mahnmal über das "Herunterkommen" des Actionfilms in den 90ern kann man diesen Streifen aber durchaus sehen, denn wenn offensichtlich handwerkliche Qualitäten in so einer Dillettantenproduktion herausgestellt werden, dann sollte man sich nicht wundern, wenn die Stars von damals sich heute nur noch als Retro-Schnellschußtruppe über Wasser halten. Im Grunde sehr schade. (3/10)

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