Hätten die Inquisitoren ihrerzeit „Omega Doom“ oder „Ticker“ zur Verfügung gestanden, wäre es mit Sicherheit ein Leichtes gewesen, den angeblichen Ketzern ihre Geständnisse zu entlocken. Trash-Ikone Albert Pyun hat in den letzten 20 Jahren so einiges Grauen verbreitet, schaffte es seltsamerweise zwischendurch jedoch echte Perlen aus dem Boden zu stampfen. Neben „Cyborg“ gehört „Nemesis“ mit Sicherheit zu einer der wenigen Höhepunkte seiner Filmografie.
Er vereint in seinem Szenario sämtliche Stärken seines Regisseur, ohne sich zu sehr mit seinen Schwächen abkämpfen zu müssen. Einmal mehr ist das trostlose Szenario postapokalyptisch, Cyborgs bevölkern die Erde und allzu zivilisiert wird miteinander auch nicht mehr umgegangen. Alex (Olivier Gruner, „Savate“, „Velocity Trap“), ein durch etliche mechanische Upgrades selbst kaum noch menschlicher Cop, ist einer wenigen Gesetzeshüter, die Ordnung in das Chaos zu bringen versuchen. Als er eine Terroristin zu stoppen versucht, wird er selbst schwer verletzt und mit noch mehr Hardware aufgerüstet. Als Spielball seiner Auftraggeber wird der unwissende Alex in seinen vermeintlich letzten Auftrag geschickt.
„Nemesis“ klaut sich seine Ideen hemmungslos bei Genreklassikern zusammen und legt trotzdem keinen größeren Wert auf eine einigermaßen plausible und nachvollziehbare Handlung. Doch das war ja noch die Stärke von Albert Pyun. Seine Filme sind nun mal Trash, in diesem Fall aber Trash der gehobenen Sorte. Schier unglaublich, was der Schöpfer zahlloser, verbrecherischer Zeitverschwendungen hier zu leisten im Stande ist. In seinen kurzen 80 Minuten vermag der Streifen den geneigten Fan problemlos zu unterhalten.
Man muss mit eigenen Augen sehen, was Pyun hier, ohne lang zu fackeln, gleich zu Beginn vom Stapel lässt. Der Eliminierung der Terroristin folgt ein minutenlanger, mit Effekten und Explosionen vollgestopfter, Shootout, der mit hervorragenden Stunts zu überzeugt und in seiner Kameraperspektivenauswahl auch noch das Gefühl für das richtige Motiv hat. Pyun kann wirklich straighte Hammer-Action abliefern! Nur warum will ihm das so selten gelingen?
Seinen Charme bezieht „Nemesis“ vorwiegend aus seiner Optik. Pyun hält auch wieder an seinen Lieblingselementen fest. Zerfallende Bauten symbolisieren die maroden Gesellschaftsstrukturen, der rote Farbfilter, als Kennzeichen seiner „Nemesis“ – Reihe, sticht sofort hervor. Die antiquierte Tricktechnik Stop-Motion kommt ein ums andere Mal zum Einsatz und erweist sich als wesentlich liebvoller als die heutigen Bombasteffekte.
Nur gut, dass Sue Price nicht am Start ist...
Als anstrengend erweisen sich alsbald die von Pyun mal wieder in lange schwarze Gewänder und mit Sonnenbrillen (mit denen hat er es hier sowieso) ausgestatteten Frauenbilder, die Alex zu seinem letzten Auftrag überreden. Eingewiesen wird er in ihn von seinem letzten Auftraggeber Farnsworth (Tim Thomerson) und dessen Handlanger Maritz (Brion James). Die spielen ein doppeltes Spiel mit ihm. Diese Einführung ist, vor allem dank dem befremdlichen Verhalten der Charaktere, Pyun-typisch schwer verdaulich und wenig realitätsnah – wohl eine Stilmacke von ihm.
Warum, weshalb, wieso das Ganze? Das wird zwar kurz und knapp erklärt, interessiert jedoch bald eh keinen mehr. Denn am Zielort angekommen, muss sich Alex so einigen Individuen erwehren – soll heißen es bekommen Wegelagerer ordentlich welche auf’s Maul und Killer viele Kugeln verpasst. Pyun dreht die Gewaltschraube zwar nie in unappetitliche Höhen, beglückt jedoch mit harten, an das Hongkong-Kino angelehnten, Shootouts (beidhändiges Ballern, Slowmotion, Flug der Kugel verfolgen, etc.), zerfetzten Cyborgs und, während Alex Flucht, den B-Fan wieder mit schicken Explosionen und Stunts.
Schauspielerisch wird sich, wie erwartet, nicht mit Ruhm bekleckert. B-Prügelexperte Olivier Gruner schlägt sich in seiner zweiten Filmrolle erstaunlich solide und gibt als von Gewissensbissen geplagter Cop eine ordentliche Vorstellung. Zum Glück gibt Pyun auch irgendwann auf ihm seine so geliebten tiefsinnigen, pseudo-intelligenten Sätze auf die Zunge zu legen. Neben einigen bekannteren Gesichtern wie Cary-Hiroyuki Tagawa und den damals noch extrem jungen Thomas Jane („Deep Blue Sea“, „The Punisher“) findet sich in Nebenrollen Pyuns Stammgarde - bestehend aus Leuten wie Tim Thomerson oder Nicholas Guest an. Ein bisschen strange, wie eigentlich alle Filme des exzentrischen Regisseurs ausfallen, verhalten sich ihre Charaktere zwar ab und an mal, wirklich auf die Nerven geht hier aber keiner.
Auch wenn Pyun so einige Sperenzchen, wie der unpassend auftretende Humor, lieber sein hätte lassen sollen, gelang ihm hier die wohl beste Regieleistung seiner Karriere. Das Endzeitfeeling fängt er in den heruntergekommenen Locations hervorragend ein, die Action ist in ihrer Häufigkeit und ihrer Härte nun wirklich nicht von schlechten Eltern, während an den Pyrotricks und den Shootouts sich besonders die Genrefans nicht satt sehen können.
Fazit:
„Nemesis“ stellt sich als extrem kurzweiliger Endzeitactioner mit massig Shootouts und zerbimsten Cyborgs heraus. Dass Albert Pyun sich dafür ausführlich die Ideen diverser Klassiker auslieh und kaum einen vernünftigen Plot auf die Beine zu stellen vermochte, ist da, auch angesichts der überraschend guten, einfallsreichen und professionellen Regie, nicht mehr so wichtig. B-Movie-Fan, was willst du mehr?