Review

Im Zuge der immer noch anhaltenden Folterfilm-Welle ist es angenehm, innerhalb des Sub-Genres Beiträge mit humorvollen Auflockerungen vorzufinden.
Im Fall von „Otis“ fragt man sich allerdings: Warum denn erst nach einer geschlagenen Stunde?

Das mag zum Teil an der schwachen Ausarbeitung der Hauptfigur selbst liegen.
Otis ist nach außen hin der korpulente, wortkarge Pizza-Lieferant, doch im Keller seines Hauses hat er mittlerweile die fünfte Entführte in Ketten gelegt (die vier davor sind ihm auf tödliche Weise aus der Hand geglitten).
Opfer Riley gelingt jedoch die Flucht, woraufhin ihre Familie zur Selbstjustiz schreiten will, womit der Schlamassel erst richtig losgeht.

Da der Streifen auch als schwarzhumorige Komödie gedacht ist, wundert die latent vorherrschende Harmlosigkeit in jeder Hinsicht.
Zwei Szenarien stehen dabei lange Zeit im Vordergrund: Einerseits der Keller, mit Otis im Überwachungsraum und Riley angekettet am Bett und das Haus ihrer Familie, mittlerweile von einem selbsternannten Profiler begleitet, der aufgrund seiner großspurig arroganten Art und null Einfühlungsvermögen zumindest noch ein paar kleine Schmunzler erzeugen kann.
Doch beiden Handlungssträngen mangelt es an peppigen Ideen, nur schleppend, beinahe langatmig schreitet das Geschehen voran.

Otis möchte Teile seiner Schulzeit noch einmal erleben, allerdings ohne dabei erneut gedemütigt zu werden, so dass er einen Abschlussball ebenso simuliert, wie er sich als Baseballstar von seinem Opfer anschmachten lassen will, welches er im übrigen immer Kim nennt (Name seiner Schwägerin).
Riley spielt dieses Spiel, sicher auch aus Angst vor Foltermaßnahmen mit, was jedoch für den Zuschauer ohne Witz und Spannung abläuft.
Den Dialogen mangelt es an Pointen und viele Situationen werden schlicht zu ernst dargestellt, um überhaupt Raum für Auflockerungen zu lassen.
Dass währenddessen wohlbekannte Songs wie „I Ran“ von A Flock Of Seagulls oder „Venus“ (das Original von Shocking Blue) im Hintergrund laufen, tröstet nur schwach.

Ins angenehm Makabere schwenkt der Streifen erst um, als sich die Familie (Vater, Mutter, jüngerer Bruder) entschließt, Selbstjustiz zu verüben.
Allein die Streitereien über moralische Für und Wieder, die Wahl einiger Folterinstrumente und eben der Ablauf jener Überlegungen zeigen, wie viel Potential die Story eigentlich birgt.
Da ergänzen sich turbulente Szenen mit kleinen Splatter-Andeutungen, die Dialoge bringen plötzlich die erforderlichen Spitzfindigkeiten hervor und selbst die zuvor auf Sparflamme agierenden Darsteller laufen zu Hochformen auf.
Man hat fast den Eindruck, als hätte für das letzte Drittel ein Wechsel auf dem Regiestuhl stattgefunden.

Also sollte man ein wenig Geduld mitbringen, denn wenn die Entführte Riley an elektrisch geladene Gitter packt und meterweit zurückgeschleudert wird, ist das leider nur eine von wenigen Szenen, die einen kurz aus der Lethargie reißen können.
Im der letzten Hälfte steht hingegen eine durchgeknallte Familie im Vordergrund, deren makaberes Treiben auf alle Fälle eine Sichtung rechtfertigt.
Und wem das Finale ein wenig zu kurz gekommen scheint, - das alternative Ende „Birthday Party“ stellt gewiss eine zufriedenstellende Option dar.
Noch
6 von 10

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