Review

Leichen, so hat uns der Horrorfilm gelehrt, soll man ja eigentlich ruhen lassen.
Nicht, daß so etwas irgendeinen Produzenten jemals von etwas hat abhalten können und so mußte man sich 2008, zwei Jahrzehnte nach dem Original "The Lost Boys" doch noch mit einer DTV-Fortsetzung herumschlagen.
Die Frage nach dem "Warum?" ist dabei gar nicht so leicht zu klären, denn eigentlich wäre es angesichts des Kassenerfolgs des ersten Films logisch gewesen, relativ schnell einen Nachzieher an den Start zu bringen. Doch das überstylte und gerade deswegen so erinnerungswürdige Original wurde trotz einiger Folgepläne ruhen gelassen, zwanzig lange Jahre lang.
Und als es dann soweit war, trug der fertige Film alle Makel der akuten Einfallslosigkeit und des schnellen Cash-Ins, inclusive des strengen Geruchs einer kleinen ABM-Maßnahme für den in Nerdkreisen bereits verkulteten Corey Feldman.

"Lost Boys 2 - The Tribe" ist, wenn man genau hinsieht, eine relativ leidenschaftslose Angelegenheit und eigentlich ein ausgedünntes Remake des ersten Films, der der Storyline keine sonderlich interessanten Elemente hinzuzufügen hat. Es ist kein ausgemacht schlechter Film, aber die Existenzgrundlage reicht nicht über ein Schicksal als Pizza-Beilage hinaus.

Statt der fast kompletten Familie haben wir diesmal also ein noch junges Geschwisterpaar, das nach Santa Clara zieht, statt des Opas eine Tante, statt der Blutsaugerrockerband ist es jetzt ein vampirisches Surfteam. Statt des Bruders nippelt die Schwester das Vampirblut und entwickelt starken Nachdurst und der Anverwandte muß sich erneut von dem verbliebenen Frogbrother als Vampirjäger anlernen lassen, einzige Neuerung ist die freiwillige Mitverwandlung, damit man überhaupt eine Chance hat.
Alles läuft gradlinig und ohne große Überraschungen ab, was aber enorm auffällt, ist die unbeholfene Selbstironie (die Tante schlägt doch tatsächlich einen Videoabend mit "Die Goonies" vor) und ein schwacher Cast von akuten No-Names, die niemals eine Art Profil entwickeln können: Autumn Reeser ist ein "O.C.California"-geprägtes TV-Dutzendgesicht, Tad Hilgenbrink kommt aus der erbarmungswürdigen Friedberg/Seltzer-Comedy-Schule ("Epic Movie", "Disaster Movie") und für den Vampiranführer Shane hat man sich doch tatsächlich den Gelegenheitsdarsteller Angus Sutherland geholt, weil der ein Halbbruder von Kiefer Sutherland ist und die Rolle im Original verkörpert hat. Daß dieser kaum den Gesichtsausdruck wechseln kann, braucht man wohl kaum zu erwähnen.

Ansonsten macht eigentlich nur die Nebenrolle von Corey Feldman Freude, dessen Edgar Frog ein bißchen ausgebaut wurde, der aber zur Handlung auch nur Nebensächliches beizutragen hat und neben dem Plot herspielt. Er spricht ständig von dem verlorenen Familienmitglied seinerseits, was gemäß dem Original ja nur sein Bruder sein kann, der übrigens einige Szenen drehte, die man dann aber rausschnitt, was die Zuschauer über die häufige Erwähnung ohne Erklärung wohl rätseln läßt.
Solide darüber hinaus die recht blutigen FX, die noch mit einem Frühauftritt von Tom Savini gekrönt werden, aber den Film jetzt qualitativ nicht retten können, denn es wird zuviel geredet und noch dazu über Sachen, die der Zuschauer längst besser weiß, als die Filmfiguren.

Woran es sonst noch mangelt, ist das Gefühl für die Sache, für die Location, für die Möglichkeiten. Santa Cruz als Originaldrehort fiel wohl aus, also wich man nach British Columbia aus, doch Kanada (abgesehen von einigen Malibu-Szenen) bietet nicht das nötige sonnenverbrannte Feeling, sondern sieht meistens aus wie ein abgewrackter britischer Küstenort mit grauen Dauerwolken). Daß Santa Carla herunter gekommen ist, ahnt man zwar, aber es ist kein integrer Bestandteil der Story, die sowieso nur Standards bedienen sollte, weswegen mit P.J. Pesce auch ein Regisseur ausgewählt wurde, der fast nur Sequels in seine CV hat (From Dusk till Dawn 2, Sniper 3, Smokin Aces 2) und so zwar solide, aber banale Arbeit abliefert - erneut sollen es die FX retten, was der Rest nicht liefern kann.

Wie gesagt: "The Tribe" ist kein Ärgernis, aber ein Rückschritt in fast jeder Hinsicht, nicht eklatant schlecht, aber dann doch flach und banal und ohne Eye Candy, Stil oder gesättigte Ironie, die das Original so unvergeßlich machte.
Und den Kurzauftritt des bald darauf verstorbenen Corey Haim in einer angehängten Szene hätte man sich als Teaser für weitere Teile auch sparen sollen, man verschwendet keine Mythologie so flach und unspektakulär, wenn man sie schon in der Hinterhand hat. Mäßige Regalware (4/10).

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