„Bad Cops"
Guter Cop - böser Cop. Die klassische Konstellation unzähliger Polizeithriller wird in Street Kings bereits nach wenigen Minuten zu den Akten gelegt. Hier gibt es lediglich böse Cops und noch bösere Cops. Diese zutiefst pessimistische Sicht auf den amerikanischen (Großstadt-)Polizeiapparat überrascht kaum. Schließlich inszenierte Regisseur David Ayer ein Script des amerikanischen Kult-Krimiautors James Ellroy. Optimismus, Harmonie und Gutmenschentum findet man eher weniger in ihren Werken. So schrieb Ayer u.a. die Drehbücher zu den rabenschwarzen Copfilmen Training Day und Dark Blue. Ellroy wiederum zeichnet beispielsweise für die zynische Romanvorlage des Neo-Noir Klassikers L.A. Confidential verantwortlich. Das Szenario ist immer das Gleiche: durch und durch korrupte Polizisten waten knietief in einem Morast aus Bestechung, manipulierten Beweisen, gedeckten (Auftrags-)Morden und politischen Seilschaften. Der amoralische Sumpf reicht dabei stets bis in die obersten Kreise. Einzig ihre Dienstmarke unterscheidet die "Bad Cops" von den Mördern, Drogendealern und Gangsterbanden denen sie permanent hinterher jagen.
Tom Ludlow ist ein solch gefallener Gesetzeshüter. In einer ohnehin wenig zimperlichen Einheit des LAPD ist er der Mann fürs Grobe. Zuerst schießen, dann Fragen ist seine bevorzugte Devise. Sein Mentor und Boss Captain Jack Wander (Forest Whitaker) räumt den Dreck hinter ihm zusammen. Da verschwindet schon einmal das ein oder andere Beweismittel. The show must go on.
Als sein ehemaliger Partner mit der Dienstaufsicht redet und kurz darauf bei einem Raubüberfall von zwei maskierten Gangstern hingerichtet wird, scheint Ludlow zum Abschuss freigegeben. Nicht nur, dass er während der Tat anwesend war. Bei der Obduktion findet der Pathologe auch noch drei unterschiedliche Projektile. Wanders Intimfeind Captain James Biggs (Hugh Laurie) glaubt seine große Stunde gekommen. Das Ziel, den verhassten Konkurrenten um den Posten des Polizeichefs endgültig auf Eis zu legen, scheint zum greifen nahe. Während Wander seine „Speerspitze" mit allen Mitteln der Kunst aus der Schusslinie bugsiert, versucht Biggs den angeschlagenen Cop in die Rolle des Königsmörders zu drängen. Der unberechenbare Ludlow wiederum düpiert beide und ermittelt auf eigene Faust. Zwar war er stets wenig zimperlich in seinen Methoden und äußerst großzügig bei der Auslegung des Gesetztes, als Copkiller will er aber nicht abtreten.
Street Kings präsentiert eine extrem düstere Sicht auf den Großstadtmoloch Los Angeles. Der Film zeigt eine Welt voller Hass, Gewalt, Korruption und Manipulation. Jedes Mittel ist recht, um zum Erfolg zu gelangen. Auch auf Seiten des Gesetzes hat jeder Dreck am Stecken. Die Grenzen zwischen Gut und Böse verschwimmen und scheinen beinahe aufgelöst. Diese zutiefst pessimistische Grundhaltung wird durch das Protagonistentrio besonders deutlich. Der seelisch kaputte und alkoholabhängige Ludlow bringt seine Gegner eiskalt und brutal nach alter Law-and-order-Manier zur Strecke. Captain Walker sorgt im Nachhinein dafür, dass Ludlows Einsätze den Anschein von Legalität und Gesetzmäßigkeit erhalten. Die Vorgehensweise ist dabei zweitrangig. Schließlich ist da noch Captain Biggs von der Dienstaufsicht. Auch er schreckt keineswegs vor illegalen Machenschaften zurück, um seine Kollegen zu überführen.
Natürlich ist dieses Szenario keineswegs neu oder originell. Auch wirkt es in seiner penetranten Düsternis überzogen und teilweise aufgesetzt. Ayer präsentiert L.A. als undurchdringlichen Sumpf aus Unmoral und Hoffnungslosigkeit. Alles ist grau, dreckig und marode. Es entsteht ein auf die Spitze getriebenes Zerrbild, das in seiner Ausschließlichkeit und seinem extremen Pessimismus an der Realität vorbei geht. Laut Ayer besteht Los Angeles vornehmlich aus Verbrechern und korrupten Polizisten. Vieles erinnert hier an den ebenfalls völlig überzeichneten und massiv überschätzen Training Day sowie an Ayers unausgegorenes und ebenfalls nachtschwarzes Regiedebüt Harsh Times.
Ein weiteres Problem ist die Besetzung der Hauptrolle. Keanu Reeves besitzt weder die schauspielerische Klasse noch das nötige Charisma um den desillusionierten und von inneren Dämonen malträtierten Killercop glaubhaft darzustellen. Auch strahlt er keinerlei Brutalität, Unberechenbarkeit oder gar Gefährlichkeit aus. Christian Bale oder Daniel Craig könnte man sich für eine solche Figur weit besser vorstellen.
Die anderen beiden Hauptfiguren sind dagegen optimal besetzt. Während Hugh Laurie trotz relativ wenig Screentime überzeugend einen schmierig-undurchsichtigen internen Ermittler auf die Leinwand knallt, ist es wieder einmal Forest Whitaker, der für die mimischen Glanzlichter sorgt. Der Oscarpreisträger ist das halbe Eintrittsgeld wert. Mit enormer Leinwandpräsenz und Spielfreude verleiht er seiner schillernden Figur eine faszinierende Aura aus eiskalter Berechnung, liebevoller Fürsorge und bedingungsloser Härte. Vor allem seine Rededuelle mit Reeves und Laurie sprühen vor Energie und unterstreichen sein Ausnahmekönnen.
Insgesamt ist David Ayers Street Kings spannend erzählt und rasant geschnitten. Die Actionszenen sind zwar eher spärlich, dafür aber von enormer Wucht und Härte. Aufgrund der altbekannten Geschichte, deren diverse Wendungen den Genrekenner auch kaum überraschen dürften, kann der Film storytechnisch allerdings nur bedingt überzeugen. Das größte Manko dieses kompromisslosen Copthrillers liegt aber in seiner penetrant vorgetragenen Düsternis und gewollt wirkenden pessimistischen Weltsicht. Letztlich zwar unterhaltsame, aber wenig innovative und realitätsfern anmutende Genrekost.
(6/10 Punkten)