Indiana Jones reitet wieder. Und diesmal ist heißt das Abenteuer "Der letzte Kreuzzug". Fünf Jahre nach dem eher enttäuschenden "Tempel des Todes" besannen sich Steven Spielberg und George Lucas die kreativen Väter Indiana Jones' auf die Wurzeln dessen zurück, was Anfang der Achtziger auskonzeptioniert wurde. Back to the Beginning. Und so kehren viele Motive, viele Darsteller aus dem Erstling "Jäger des verlorenen Schatzes" und auch der vorherrschende Dialogwitz wieder zurück - ganz so, als ob der übermütige "Tempel des Todes" nie gewesen wäre.
Natürlich ist "Der letzte Kreuzzug" dadurch ein traditionelles Sequel, keine so originäre Fortsetzung mehr, wie noch "Tempel des Todes". Die Erfolgsformel aus "Jäger des verlorenen Schatzes" wird eher wiederholt, als ausgeweitet und variiert. So hat es Indiana Jones hier wieder mit gemeinen Nazis zu tun, und muss deren Zugriff auf ein biblisch verbürgtes Relikt aus Jesu Christi Zeit verhindern. Auch kehren Marcus Brody alias Denholm Elliott und Sallah alias John Rhys-Davies wieder zurück, die bereits im Original Publikumslieblinge waren. Auf eine starke, vordergründige weibliche Hauptfigur á la Karen Allen wird leider verzichtet, glücklicherweise aber auch auf ein Nervenbündel wie Kate Capshaw im "Tempel des Todes". Ex-Bondine Alison Doody spielt die österreichische Nazi-Spionin Elsa Schneider zwar solide, hat aber viel zu wenig Screentime, um wirklich eine überzeugende, starke Vorstellung zu geben.
Der größte Clou des dritten "Indiana Jones"-Abenteuers ist wohl die Mitaufnahme einer neuen Hauptfigur ins Boot: Indiana Jones' Vater Henry Jones. Der etwas klassischere Archäologe, der seit dem Tod seiner Frau kaum ein Wort mit seinem Sohn, den trivialen Abenteurer, dessen traditionslosen Methoden ihm nie gefallen haben, gewechselt hat. Dank der Verpflichtung Sean Connerys als Henry Jones Sr. ist diese Figur jedoch kein verbohrter, altmodischer Archäologe, sondern das echte Highlight des Films. Bei der humorvollen, scharfzüngigen Präsenz Connerys wird selbst Harrison Ford zum schlichten Stichwortgeber für seinen Filmvater.
Das Vater-Sohn-Verhältnis ist bei "Der letzte Kreuzzug" das wahre Highlight. Die Action ist im Vergleich zu den ersten beiden Filmen dünner und weniger präsent, dafür haben wir hier die wundervollen Situationen und Dialoge zweier Abenteurer-Generationen. Connery als Henry Jones ist dabei immer eine Mischung aus unfreiwilliger Selbstsabotage aus Ungeschicktheit und cleveren Einfällen. Connery schafft es sowohl, bei dem Versuch, seine und Indys Fesseln loszubrennen, ein halbes Nazi-Schloß in Brand zu stecken, und sich und seinen Sohn dabei selber in Gefahr zu bringen, aber auch, eine heranrasende Messerschmitt zur Bruchlandung zu bringen, indem er mittels seines Regenschirmes Seemöwen in die Richtung des Kampffliegers aufscheucht.
Konträr zu der geographischen Konstanz in "Tempel des Todes" darf Indy in "Der letzte Kreuzzug" endlich wieder ausgiebig reisen. Von Amerika nach Venedig, von da nach Salzburg, nach Berlin und schließlich in das Gebiet des früheren Alexandrettas. Zu Fuß, per Motorrad, im Zeppelin, oder auf dem Rücken eines Kamels oder eines Pferdes. Einige Kilometer bewältigt Indiana, wie üblich verwickelt in verschiedene Kampfhandlungen, sogar per Panzer. Man sieht, für Verfolgungsjagden und halsbrecherische Action ist gesorgt, nur wirkt keine einzige jener Szenen so billig vorskizziert wie die Geisterbahnfahrt-artige Lorensequenz in "Tempel des Todes".
Der Showdown ist dann eine Sequenz voller Dramatik und mysteriöser Atmosphäre, besonders wenn Spielberg wieder Spannung durch uralte Fallensysteme, die Indy innerhalb eines Tempels überwinden muss, aufbaut. Letzten Endes steht Indiana Jones vor dem "Heiligen Gral", jener Kelch, aus dem Jesus Christus' Blut bei der Kreuzigung aufgefangen worden sein soll. Wer daraus einen Schluck Wasser nimmt, dem soll ewige Jugend verbürgt sein. Ein nicht uninteressantes Artefakt, sowohl für den Abenteurer Indiana Jones, als auch für Adolf Hitler, der diesmal durch den amerikanischen Hobby-Archäologen Walter Donovan (Julian Glover) vertreten wird.
Der Showdown ist dann völlig anders, als jene haarsträubenden Actionspektakel aus den beiden Vorgängern. Keine zusammenfallende Hängebrücke, kein Effektelärm mit Engeln und zerfließenden NS-Offizieren. Nein, ein menschliches Ende, eine persönlichere Auflösung, als jede Verfolgungsjagd, als jeder Effekt hätte sein können. Indiana findet den Heiligen Gral, verliert ihn zwar, gewinnt aber seine Beziehung zu seinem Vater zurück. Das ist die Auflösung der Filmreihe "Indiana Jones". Predigten die drei Filme über ihre gesamte Laufzeit von dem aufregenden Leben, einer irren Jagd nach alten Schätzen, so ist die Quintessenz am Ende jener Jagden doch, dass Dinge wie Freundschaft und Liebe über jegliche archäologischen Bestrebungen gehen.
Und so endet die Trilogie. Indiana Jones und seine Freunde reiten in Western-Manier dem Sonnenuntergang entgegen. Geheiligt durch das Wasser des Heiligen Grals, sind beide Jones' unsterblich, und wir wissen, dass Beide noch viele Abenteuer, auch ohne uns als Zuschauer erleben werden. "Der letzte Kreuzzug" ist technisch und filmisch ebenso glatt und perfekt wie seine beiden Vorgänger, inhaltlich jedoch dem "Tempel des Todes" um einiges überlegen. Ein schöner Abschluss einer Filmikone, einer Legende. Lang lebe Indy!