Review

Na ja, Woody Allen kann schon froh sein, dass ihm mit "Match Point" vor wenigen Jahren ein wirklich brillanter Film gelungen ist. Seien wir ehrlich: er wäre sonst immer weiter in Richtung Bedeutungslosigkeit abgedriftet. Ok, es gibt Vielfilmer wie Alfred Hitchcock, die auch viel halbgares abliefern, aber eben auch immer wieder verlässlich einen wirklich guten Film und dann gibt es die wesentlich weniger produktiven Regisseure, die im besten Fall eine hohe Trefferquote an qualitativ hochwertigen Filmen vorweisen können, ein Beispiel für diese Gattung wäre etwa Stanley Kubrick. Im Endresultat weisen beide Sorten von Filmemachern am Ende ihres Lebens eine ähnlich hohe Anzahl an guten Filmen vor. Was mich aber für letzteren Typen Regisseur einnimmt ist die Tatsache, dass man sich als Filmliebhaber durch einen wesentlich kleineren Wust von eher mediokren Filmen wühlen muss. Überhaupt ist es wohl genau das, was die Liebe zum Film schwierig macht: das Meiste ist Schrott, Zeitverschwendung und überflüssig. Um eine Perle von Film zu entdecken, muss man eine vielfache Anzahl an Grütze sehen. Da liebe ich einfach Regisseure wie David Lynch, Roman Polanski oder Orson Welles, die meine Zeit nicht verschwenden.

Was Woody Allen angeht verorte ich seine guten Filme eigentlich eher in seinen früheren Jahren, in den letzten Jahren war der sehr wenig. Irgendwann fing Allen an sich zu wiederholen und einfach sehr langweilig zu werden. "Match Point" war ja auch ein Erfolg, weil sich Allen an einer Art von Film versucht hat, die man eigentlich nicht mit ihm assoziiert hätte. "Cassandras Traum" war der Versuch noch einmal in die selbe Kerbe zu schlagen und das Ergebnis war ernüchternd. Aber immerhin hat Woody Allen eine neue Muse entdeckt, Scarlett Johansson. Und die kriegen wir in "Vicky Christina Barcelona" wieder serviert. Was Allen an ihr gefunden hat ist eigentlich völlig schleierhaft, die Frau spielt sich permanent selbst und das ist anstrengend, weil Scarlett Johansson anstrengend ist. Was Allen eher ganz gut getan hat, ist der Umstand, dass er nun in Europa dreht.

Kommen wir endlich zum Film. Vicky und Christina kommen nach Barcelona um auszuspannen. Christina ist eher der Typ Frau, der offen für "Abenteuer" ist, Vicky eigentlich nicht, sie ist verlobt. Nun ja, dann lernen sie den Künstler Juan De Marco, äh ich meine Juan Antonio, kennen (gespielt von Javier Bardem, dem schlagendsten Argument sich das hier anzusehen). Der macht beiden erstmal auf einen Schlag ein eindeutiges Angebot. Dabei ist er selbst über seine Ex-Frau, gespielt von einer mega-anstrengenden Penelope Cruz, noch nicht ganz weg. Was soll man sagen? Erst hat Christina eine Affäre mit unserem Künstler, dann auch noch die verlobte Christina. Wahrscheinlich ist es das warme Klima Spaniens, dass auf die Hormone gewirkt hat. Schließlich kommt auch die Ex Juan Antonios wieder ins Spiel und es wird anstrengend. Mehr sei nicht verraten.

Das Urteil fällt aus wie folgt: wenn einen die Winterdepression einholt, mag dieser Film ein probates Mittel sein diese für anderthalb Stunden zu vergessen, denn Barcelona ist sonnig und schön, die Menschen in diesem Film sind alle schön, kreativ und reich und ihre Probleme möchte ich gerne haben, wenn sie meine auf sich nehmen. Javier Bardem ist der einzige der es schafft wirklich zu überzeugen und er beweist auch hier ein weiteres mal, dass er ein vielseitiger überaus talentierter Mime ist, mit dem zu rechnen ist. Der Film ist eher trivial, was ja nicht unbedingt schlecht sein muss. Immerhin vermittelt er ein ganz nettes Lebensgefühl, wenngleich eins, das sehr kinohaft ist. Positiv darf man den Soundtrack vermerken, der erheblich zur Atmosphäre des Films beiträgt

Anstrengend ist jedoch der permanente Einsatz eines Voice-Over-Kommentars, der nicht immer notwendig erscheint und einem die "Deutung" dessen was man da vorgesetzt bekommt zu oft abnimmt. Also nichts weltbewegendes erwarten, höchstens "ganz nette Unterhaltung". Wer keine Tiefenschicht erwartet und sucht und wirklich einfach nur unterhalten werden will, für den mag der Film durchaus ok sein. Es ist aber nichts zu erwarten, das man sich öfter als einmal ansieht. Wenn ich mir aber überlege, was in den großen Multiplex-Kino für ein Zeug gespielt wird, dann muss ich sagen, dass das Eintrittsgeld für diesen Film eine solide Anlage ist. Das ist meine bescheidene Meinung. Das Urteil in Punkten: 6/10. Ist ja immerhin mehr als die Hälfte, also gar nicht so schlecht.

Details
Ähnliche Filme