Auf Stephen Kings Geschichte "Apt Pupil" basierend erzählt dieser Thriller die Story um den Musterschüler Todd Bowden, der die Identität vom gealterten Mr. Dekker entdeckt, welcher im 3. Reich in Konzentrationslagern am Holocaust beteiligt war, bevor er in den USA untertauchte. Damit erpresst er den alten Mann, um aus erster Hand die Geschichten der Greueltaten zu hören, im Gegenzug liefert er ihn der Polizei nicht aus. Seine Faszination schlägt jedoch schnell in Albträume um, ausgemergelte KZ-Opfer bevölkern seine Tagträume und die schulischen Leistungen sinken rapide. Die Demütigungen, die der Junge den Altnazi erleiden lässt, sind von seiner voyeuristischen Neugier geprägt, während der unbelehrbare Alte noch immer Katzen in seinem Backofen vergast. Eine adäquate Auseinandersetzung am Beispiel von Kriegsverbrechen darüber, warum Menschen etwas tun, was sie tun, sollte man trotz aller Versuche des Drehbuches nicht erwarten. Macht und Unterdrückung sind in üblich simplifizierter Art verbraten, wehmütige Erinnerungen zu dem wesentlich besseren "In A Glass Cage" liegen da nahe. Die Mystifizierung des Hakenkreuzes als Signet des Bösen passiert als phantastisches Drama, wer sich in dessen Nähe begibt, hat halt gleich schlechte Noten in der Schule und wird zum mordenden Monster. Obwohl es noch recht vielversprechend beginnt, etwas konventionell weiterläuft und sich am Ende wieder etwas zu steigern weiss, wird der Zuschauer nur partiell in Unsicherheit gewogen. Erst spät, vielleicht etwas zu spät, spielt Regisseur Bryan Singer die Qualitäten aus, unter anderem die guten Performances seiner Schauspieler, neben Brad Renfro und Ian McKellen in den beiden Hauptrollen gibt sich dazu auch Elias Koteas ("Crash") als Landstreicher die abgewrackte Ehre. Insgesamt ist "Der Musterschüler" ein vergleichsweise subtiles Werk, wenn man Bryan Singers darauf folgende "X-Men" betrachtet, das sich dem Thema Faschismus nicht gerade tiefschürfend doch durchaus interessiert nähert, soweit es das Mainstreamkino zulässt.
Fazit: Annehmbarer Psychothriller, der die schroffe Vorlage von Stephen King auf Hollywoodformat glättet. 5/10 Punkten