"Du spielst mit dem Feuer!" mahnt Alt-Nazi und Ex-SS-Mann Ian McKellen den neugierigen, Holocaust-interessierten Musterschüler Todd Bowden. Doch dieser lässt seinem Wissensdurst freien Lauf, droht mit dem Auffliegen lassen des zurückgezogen lebenden Rentners.
Als Letzterer jedoch von Todd gezwungen wird, eine alte SS-Uniform anzuziehen und im Stechschritt im Wohnzimmer zu paradieren, beginnt die Lage ganz allmählich außer Kontrolle zu geraten.
Regisseur Bryan Singer gelang mit "Der Musterschüler" ein beeindruckendes, passagenweise auf subtiler Ebene schockierendes Vorstadt-Drama, in welchem sich Ian McKellen und Brad Renfro ein absolut packendes Psychoduell liefern. In immer zunehmenderem Maße gerät der junge Todd in den Einfluss des gerissenen Alt-Nazis, gibt den aktiven Part in diesem brilliant ausgestalteten Duell ab und wird von dem plötzlich unkontrolliert erwachenden Geist der seit mehr als 50 Jahren ruhenden, düsteren Vergangenheit mehr und mehr gefangengenommen. Die selbstzerstörerische Spirale ist fortan nicht mehr aufzuhalten und der Zuschauer hält vor Spannung förmlich den Atmen an. Dabei bedarf es keiner Action, allein die drückende Atmosphäre und der gerade zu beängstigend realistisch seine Rolle verkörpende Ian McKellen sorgen beim "Musterschüler" für Spitzenunterhaltung. Wenn McKellen in Uniform die Küche betritt und im Anschluss förmlich in längst vergangen geglaubte Zeiten zurückfällt, dann dürfte es so manchem kalt den Rücken runter laufen. Wie sehr die Vergangenheit den Menschen in ihm zersört hat, zeigen weitere heftige Szenen mit Katz und Mensch. Auch Todd kann sich der nun entfesselnden Vergangenheit nicht entziehen. Zwar versucht der den Absprung, doch das Verbrennen von Fotos und Uniform kann die inneren Veränderungen nicht auslöschen. Wenn Augen in der Schlussszene töten könnten, sie täten es...
Technisch sauber in Szene gesetzt, empfehle ich Bryan Singers "Der Musterschüler" jedem Cineasten mit Sinn für anspruchsvollere, auf Effekte verzichtende Filme. Zur letzten Perfektion fehlt schließlich ein weiteres Vertiefen der Charaktere, vielleicht ein inneren Auseinandersetzen mit der Thematik. Dennoch: Eine der besten Stephen King-Verfilmungen, gut ausbalanciert und einvernehmend, zweifelsohne einen bleibenden Eindruck hinterlassend! Die Vergangenheit ruht niemals endgültig, sie zu erwecken ist ein Spiel mit dem Feuer...