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„Der bewegte Mann“ war 1994 ein weiterer großer Hit für Bernd Eichinger, bekräftigte den Ruf von Regisseur Sönke Wortmann und machte Til Schweiger endgültig zum Star. Und das Schöne dabei: Es ist außerdem ein richtig spaßiger Film.
Der besagte, bewegte Mann ist der Hallodri Axel Feldheim (Til Schweiger), der es mit der Treue nicht so genau hat und deshalb von Freundin Doro (Katja Riemann) vor die Tür gesetzt wird. Beim Durchtelefonieren seiner Bekanntenliste wird schnell klar, dass Axel vor allem Affären und Liebeleien, aber dafür wenig Freunde hat. Auch bei einem Kumpel kann Axel nur für eine Nacht bleiben, trifft aber dessen Männergruppe, eine Horde verunsicherter Typen, die – nach dem zunehmenden Wegbrechen des Starker-Mann-Bildes der 1980er – versuchen eine Rolle als neue Männer zu finden und dabei zum einen sensibel, aber auch keine Waschlappen sein wollen, was für urkomische Momente der Selbstfindung sorgt, ohne dass die Mitglieder Truppe zu überzeichnet erscheinen.
Als Gast kommt der schwule Walter (Rufus Beck) beratend zu der Truppe und ist gleich angetan von Axel, der nach einer neuen Bleibe sucht. Walter nimmt Axel mit auf eine Szeneparty, zu der auch Walters Kumpel Nobert Brommer (Joachim Król). Während ein Großteil des Partyvolks aus schrillen Travestiekünstlern besteht, wirkt Norbert immer eher wie ein Spießer, was den Obermacho Axel wesentlich weniger verunsichert als der Rest der Truppe, weshalb er sich bei Norbert einquartiert. Vortragender Sänger auf der Feier ist de Comedian Monty Arnold, das Lied ein Schlager – wie eigentlich alle Stücke des Soundtracks, die teilweise herrlich kommentierend („Kein Schwein ruft mich an“) eingesetzt werden.

Nachdem Axel bei Norbert unterkommt, kehrt nicht wirklich Ruhe ein: Während der insgeheim hofft den Hetero-Macho ins Bett zu kriegen, lebt dieser ohne großes Gespür für seine Umwelt in den Tag hinein. Doro stellt derweil fest, dass sie von Axel schwanger ist…
„Der bewegte Mann“ mag als Film zahmer als die Comicvorlage Ralf Königs sein, einen besonders erfrischenden Aspekt behält die Adaption allerdings bei: Sie idealisiert niemanden. Homos wie Heteros bekommen ihr Fett weg, jeder ist hier durchaus egoistisch. Selbst der vergleichsweise nette Norbert ist darauf bedacht Axel in die Kiste zu bekommen, die betrogene Doro reißt auch direkt wieder einen Typen auf um über die Trennung wegzukommen und Axel als bewegter Mann ist eh ein gnadenloser Allesficker, dessen lockeres Verhältnis zur Treue im Finale zu absurden wie urkomischen Verstrickungen führt. Gerade das macht den lockeren, unverkrampften Ton von Sönke Wortmanns Film aus.

Außerdem ist Til Schweiger gelungen in der Hauptrolle besetzt, auch wenn er als Schauspieler etwas limitiert sein mag. Doch in die Rolle des manchmal etwas tumben, gut aussehenden Machos auf dem Egotrip passt er wie die Faust aufs Auge, während Joachim Król als leicht spießiger, manchmal sehr pingeliger WG-Partner das perfekte Gegenstück darstellt. Rufus Beck als Walter alias Waltraud klaut dem Rest regelrecht die Szenen, während Armin Rohde als, der wohl heterosexuellste Schwule aller Zeiten, ebenfalls famos gecastet ist. Katja Riemann schlägt sich gut in der etwas undankbaren weiblichen Hauptrolle, da das Buch sie immer etwas zickig daherkommen lässt, während in Nebenrollen unter anderem Martina Gedeck und Kai Wiesinger auftreten. Und Ralf König selbst hat auch einen Gastauftritt.
Der bunte Reigen um Liebe und Triebe verbindet zwei von Königs Comics, nämlich „Der bewegte Mann“ und „Pretty Baby“, zu einer Geschichte, was man dem Film an einem kleinen Bruch in der Mitte durchaus anmerkt. Doch daraus zaubert Wortmann einen pointenreichen Reigen mit zahllosen zitierbaren Einzelszenen, vom Spezialtrick des Vogels Schewardnase über einen Kinobesuch, bei dem sich drei prollige Stallonefans in jenen Saal verirren, in dem „Tod in Venedig“ läuft, bis zum abgedrehten Finale, in dem unter anderem Feromonspray für Tierzucht eine Rolle spielt. Dialoge über die Einordnung von Tofuwurst (richtige Wurst oder nicht?) sind zitierfähig, die gelegenlichen Slapstickeinlagen wunderbar getimt und wenn der Metzger zum Entsetzen des Vegetariers Norbert einen Horrorschinken namens „Der Frikadellenmörder von London“, dann zeugt das vom Gespür des Drehbuchs für komödiantische Konfrontationen.

Dann ist es dann auch egal, dass am Ende vor allem Einzelszenen hängen bleiben und die Geschichte um Streit, Versöhnung und das Ausleben von Trieben zwar funktioniert, aber eher in den Hintergrund tritt. Eine gelungene Komödie mit lauter einprägsamen, aber nie zu überzeichneten Figuren, in Slapstick, Situationskomik und Wortwitz sehr gelungen und toll besetzt.

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