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So, der Klump geht in die zweite Runde. Und was hat Regisseur Frank Henenlotter in den acht Jahren seit dem Original dazugelernt? Leider so gut wie nichts. Vergessen hat er aber auch nix.

Mit der Geschichte um Duane und seinen verunstalteten Zwillingsbruder Belial hält sich also alles in der Waage, jedoch ist erfreulicherweise das Terrain gewechselt worden. Henenlotter besitzt so viel Kreativität, dass er sich nicht einfach um eine Fortführung des Psycho-Dramas zwischen den beiden geistig verbundenen Zwillingen bemüht, sondern dass er mit der Freak-Familie wieder einen vollkommen neuen Aspekt hinzuzieht. Das war so beinahe zu erwarten, wurden doch schon im Original zwei relativ unterschiedliche Ansätze verfolgt.

Diese sind nun als abgeschlossen zu betrachten, und man konzentriert sich im Kontrast zum vorher bestehenden psychologischen Anspruch auf eine Gesellschaftstheorie mit dem Fokus auf das Entstehen von Normen. Zumindest in Ansätzen an “Freaks” angelehnt, wird eine Familie von körperlich Verunstalteten ins Spiel gebracht, innerhalb derer Grenzen die “Normalen” zu den Außenseitern werden. Diesmal wird also die Soziologie bemüht, wenn gefragt wird, nach welchen Maßstäben sich Normen entwickeln, und nach welchen Kriterien entschieden wird, was “normal” ist. Die Botschaft? Es ist alles eine Frage der Gesellschaft, in der man lebt; die Merkmale, die am häufigsten vorkommen, gelten als normal, und niemand hat das Recht, einen “Anormalen” zu diskriminieren.

Besetzung und Örtlichkeiten des Films haben sich komplett geändert, mit Ausnahme des Regisseurs und des Hauptdarstellers Kevin VanHentenryck, der acht Jahre später seine Figur unmittelbar nach dem Sturz vom Hochhaus wieder aufnimmt. Gerade nach dem Wechseln der Lockenmatratze gegen einen pfiffigen Kurzhaarschnitt sieht man ihm die vergangenen Jahre an, was jedoch halb so tragisch ist, wo es doch genug Elemente gibt, die von Duanes älterem Erscheinungsbild ablenken.
Gemeint sind natürlich die Freaks, die in ihrer Designvielfalt wirklich das Ziel erreichen, den Belial-Klump normal und unscheinbar wirken zu lassen; insofern ist das erste Teilziel erreicht. Obwohl auch hier wieder die Gummimasken und Gesichtsprothesen ganz klar als solche zu erkennen sind, lässt sich die Kreativität der Macher hübsch ansehen. Die “Monster” glänzen mit bemerkenswerter Individualität und unterstreichen damit die Aussage, die getätigt werden soll bezüglich einer Gesellschaft, die Individualität und Selbstentfaltung erlaubt und dennoch ein Zusammengehörigkeitsgefühl entfaltet.

Das erste Problem liegt jedoch, wie schon damals bei Belial, in der biologischen Absurdität der Designs, die schon im Ansatz jegliche ernsthaften Ansprüche zunichte macht. Da hätten wir einen riesigen Klops, der praktisch nur aus einem Maul besteht und natürlich mit engelshafter Stimme Opern singt; oder auch ein Exemplar, bei der von Überbiß zu sprechen reinste Schmeichelei wäre. Bei allem Sehwert, den Monsterdesigns kann man geradezu von der Nase ablesen, wie gerade ein Zeichner über seinem Brett sitzt und mit Deformierungen der Gesichts- und Körperzüge experimentiert, bis er etwas gefunden hat, das “witzig” oder “cool” aussieht. Aber die Monster-Community besteht durchweg aus zwar optisch interessanten, jedoch auch unfreiwillig komisch erscheinenden Witzfiguren, die niemandem ernsthaft weismachen könnten, dass sie in der Form real existieren können.

Eng damit in Verbindung steht die alberne Darstellung der Freaks, die mit ihrer kindgerechten Präsentation seit Pixar unweigerlich an die “Monster AG” erinnern. Zuvor war sicherlich der ein oder andere Gedanke an die “Muppet Show” oder die “Sesamstrasse” da, denn ganz genau so wirken die Figuren: wie fremdartige, brummige Fantasiemonster mit gutem Herzen und Aufklärungsarbeit bei den Bösen. Man denke nur an Ruths Villa, wo die Freaks umherlaufen wie Statisten. Und gerade in einer prinzipiell sehr ansprechenden Szene, dem Treffen in der Bar, wird das Mißverhältnis deutlich: da wird demonstrativ ein Zusammengehörigkeitsgefühl demonstriert, dem “Bösen” eine Moral auf die Nase gebunden und ein Rollentausch vollzogen, bei dem der “Normale” zum Freak wird und umgekehrt. Da haben wir’s doch ganz deutlich: das sind die Schemata einer Kinderserie. Die Schlümpfe, die Gummibärenbande, Ghostbusters, MASK... was auch immer, die Prinzipien sind immer dieselben, und sie finden auch hier Verwendung, in einer Szene, die ansonsten mit düsterer Atmosphäre, guter Beleuchtung und sogar ein paar treffenden, wenn auch etwas abgenutzten Witzen (“Wie ist noch gleich Ihr Name, Sir?” “Was...was zum Teufel geht hier vor?” “Also, ich und Mr. Waszumteufelgehthiervor haben eine Wette abgeschlossen.”) punktet.
Und nun der Anti-Clou: “Basket Case 2" soll ein Horrorfilm sein! Der Anspruch ist da, und das liegt in der Tradition der Serie (Teil 1 hatte auch ein paar Splatterszenen zu bieten). Auch hier lassen einige Szenen immer wieder vermuten, dass Horroratmosphäre aufgebaut werden soll, wenn etwa der Fotograf auf den Dachboden gerät, wenn die Reporterin in ihrer Wohnung von den Freaks bedroht wird oder wenn Duanes Freundin (piieeep - Spoiler!).
Und da fragt sich dann doch: wer ist nun das Zielpublikum? Die Horrorfans werden sich über kindische Szenen aufregen, tja, und was die Kinder betrifft, ist zu sagen, dass “Basket Case 2" sogar in so mancher FSK18-Fassung noch geschnitten ist. Jedoch könnte man den Film durch noch ein paar weitere Schnitte auf Sonntagnachmittagsformat zuschneiden und ihn direkt neben dem kleinen Vampir und dem Monster im Schrank einordnen.

Und hier ist die Lächerlichkeit noch nicht vorbei: Ruths Führung der Freaks mutet an wie eine verquere Sekte, die ihre Ziele ins Absurde hat abdriften lassen. Das wird beispielsweise deutlich bei der Überreaktion gegenüber dem Betrüger, der eine Freakshow mit Plastikmonstern führt, um seinen Lebensunterhalt zu verdienen, weshalb er nach einer Begegnung mit Belial stattdessen sein Leben verliert. Gleiches gilt natürlich für die Reporter, deren Bestrafung (trotz der unsympathischen Charakterisierung) ein klitzekleines bisschen zu hart ist. Man kann das so machen, aber dann sollte man die Monster auch wirklich als Psycho-Familie im Stil von “TCM 2" darstellen, anstatt sie nach Kinder-Art eine aufrichtige Moral verbreiten zu lassen. Psycho-Sekte und Kindergarten - das passt nicht zusammen.

Strukturell geht der Film in Ordnung, wenngleich “Basket Case” doch kurzweiliger geschnitten war, während sich hier die ein oder andere Länge einschleicht. Die Rückblenden, die auch schon im Vorgänger Verwendung fanden, hätten sicherlich nicht in aller Ausführlichkeit noch einmal gezeigt werden müssen. Die Schauspieler sind trotz eines geradezu zwanghaften Overactings gerade der Reporterin etwas besser als im Original, gelangen aber nicht so nahe an den Zuschauer heran wie dort, was vielleicht auch an der dominierenden Freak-Familie liegen mag. Das Finale ist weitaus spektakulärer als im ersten Teil, wenn auch nicht jeder unbedingt Monster-Sex sehen muss. Dafür gibt sich Duane als Psycho Deluxe, womit ein Kreis zum Vorgängerfinale geschlossen wird.

Insgesamt aber bleibt alles zu unausgegoren und damit beim Alten: Frank Henenlotter lässt durchaus die Bereitschaft erkennen, eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema Missgestaltung und soziale Ausgrenzung zu führen, jedoch versaut er den vielversprechenden Ansatz einmal mehr durch die unprofessionellen Stimmungsschwankungen, die es schwer machen, zwischen Kinderfilm und Horrorfilm zu unterscheiden. Dazu tragen auch die Masken bei, die zwar schön anzusehen sind und in ihrer Individualität auch die Botschaft mittragen, allerdings zu sehr den Trash heraufbeschwören, der für ungewollte Komik sorgt. Selbst der Vorgänger war in seinem Vorhaben, Duane und Belial als eine psychisch gestörte Persönlichkeit zu zeigen, noch einen Tick besser organisiert. Schön dagegen ist der Mehrwert gegenüber dem Original durch eine thematische Neuorientierung. Im Gesamteindruck gibt’s dennoch nur
4/10

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